Toechter Der Suende
später bitter schmerzen werden.«
Nun begriff Falko, was sie meinte, und für einen Augenblick verdüsterte sich seine Miene. »Hat Giso mit Euch gesprochen?«
»Nein, Pater Luciano. Er ist ein sehr bedeutender Mann, müsst Ihr wissen. Er genießt das absolute Vertrauen des Königs und auch das Seiner Heiligkeit des Papstes. Es ist sein Verdienst, dass Nikolaus V. und Friedrich III. einen ersten Vertrag miteinander geschlossen haben, der der Kirche weitgehende Rechte im Reich einräumt. Jetzt fürchten die Feinde des Königs, Friedrich könnte bei seinem Besuch in Rom im Gegenzug dafür mehr Einfluss in Italien erlangen. Der König von Frankreich, sagt man, sei bereit, viel Geld dafür zu zahlen, dass Friedrich nicht zum Kaiser gekrönt werden kann. Noch mehr soll es ihm wert sein, wenn unser Herrscher hier in Rom stirbt. Es gibt nämlich keinen Herzog oder Landgrafen in Deutschland, der angesehen und reich genug ist, um die Kürfürsten für sich zu gewinnen. Also könnte Karl VII. von Frankreich bei der Königswahl einen Sohn oder Neffen auf den deutschen Thron bringen. Versteht Ihr jetzt, weshalb ich nicht will, dass Ihr im Hause Orsini verkehrt?«
Elisabeths Worte klangen ungewohnt dramatisch, dabei machte sie sich nichts vor. Sie wusste, dass nicht allein politisches Kalkül, sondern brennende Eifersucht auf die schöne Francesca ihr diese Worte in den Mund legte.
Im ersten Augenblick fühlte Falko sich wie mit Eiswasser übergossen. Dann ärgerte er sich, weil er sich in der letzten Zeit nicht mehr um Giso und dessen Auftrag gekümmert hatte. Kein Wunder, dachte er, dass sein Freund Angst hatte, er könne sich in Orsinis Haus bei reichlich Wein und Schmeicheleien verplappern. Gleichzeitig aber war er gekränkt, weil Giso so wenig Vertrauen zu ihm hatte.
Beschwörend sah er Elisabeth an. »Ich bin ein treuer Ritter des Königs, mein Lieb. Niemals würde ich etwas tun, was Herrn Friedrich schaden könnte.«
»Ich glaube Euch! Doch nun lasst uns den König für eine Weile vergessen und daran denken, wie sehr wir uns lieben.« Elisabeth drehte sich mit dem Rücken zu Falko und bat ihn, ihr aus dem Kleid zu helfen.
Nun wäre die beste Gelegenheit für ihn gewesen, ihr zu sagen, dass er zwar ihre Freundschaft, aber nicht mehr ihre Liebe suchte. Doch er brachte die Worte nicht über die Lippen. Im Augenblick würde es so aussehen, als hätte er sich über ihre Vorhaltungen geärgert, und er wollte nicht im Streit von ihr scheiden. Außerdem hatte er ihr bereits mehrfach beigewohnt, und da kam es auf dieses eine Mal auch nicht mehr an.
In dem Gefühl, ein Feigling zu sein und im Grunde beide Frauen, die ihn liebten, zu betrügen, entkleidete er Elisabeth, trug sie zu ihrem Bett und schlüpfte rasch aus seinem Gewand. Obwohl sie die Vorhänge zugezogen hatte und es nicht allzu hell in der Kammer war, sah er verzaubert auf ihre schlanken Formen und ihre weiß schimmernde Haut. Die Leidenschaft drohte ihn zu überwältigen.
Als er sich auf sie schieben und in sie eindringen wollte, hielt sie ihn auf. »Schwört mir, dass Ihr – gleichgültig, was immer auch geschieht – Seiner Majestät, König Friedrich, stets treu sein und ihm mit aller Kraft dienen werdet!«
Elisabeth hatte schon überlegt, ihm auch den Schwur abzuverlangen, dass er sich in Zukunft von Francesca Orsini fernhalten sollte, aber sie wollte nicht als eifersüchtiges Weib dastehen.
Falko, der inzwischen an ganz andere Dinge dachte als an den König, nickte ergeben. »Ich schwöre Euch alles, was Ihr wollt!«
Dann küsste er sie auf den Mund und erstickte so die Worte, die sie noch hatte sagen wollen.
11.
G ottfried Schenk zu Limpurg, Fürstbischof von Würzburg und oberster Richter im Hochstift, blickte verdrossen auf die im Saal versammelten Menschen. Die beiden verfeindeten Parteien hatten sich auf je einer Seite versammelt und ließen mehrere Klafter Raum zwischen sich und ihren Gegnern. Während sein Verwandter Bruno von Reckendorf bereits anwesend war, fehlten die beiden wichtigsten Personen der Gegenseite. Dem Fürstbischof lag bereits auf der Zunge, die weibliche Unpünktlichkeit zu tadeln, da wurde das Portal geöffnet, und Marie Adlerin, Burgherrin von Kibitzstein, trat mit ihrer Stieftochter Hildegard ein.
Beide knicksten und eilten zu den ihnen zugewiesenen Stühlen, ohne einen Blick an Reckendorf und dessen Begleiter zu verschwenden. Einige Verwandte, die dem Junker beistehen wollten, äußerten ihren Unmut durch Zischen.
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