Toechter Der Suende
Elisabeth allein gewesen war, hatte alles in unziemlicher Eile geschehen müssen. Da er jedoch Giso nichts von dem, was zwischen ihm und den beiden jungen Frauen geschehen war, berichten wollte, zuckte er mit den Achseln. »Ich werde es überleben!«
»Das hoffe ich. Allerdings wirst du dich vor Pater Luciano rechtfertigen müssen. Er will dich so bald wie möglich in Trastevere sehen«, antwortete Giso.
Da er seinen Freund kannte, gefiel ihm die Forderung des Paters wenig. Falko war ein verständiger Mann, doch seine Langmut kannte Grenzen. Wenn zu dem Schmerz um die verlorenen Geliebten auch noch heftige Vorwürfe und gar die Androhung des Höllenfeuers kamen, mochte es sein, dass er im Zorn der gemeinsamen Sache den Rücken kehrte.
»Nimm dir das, was Pater Luciano sagen wird, nicht zu sehr zu Herzen«, riet er Falko und schenkte die Becher noch einmal voll. »Auf den König und darauf, dass wir diesem so dienen werden, wie es in unseren Kräften steht!«
»Auf den König!«, antwortete Falko und führte den Becher zum Mund. Seine Gedanken galten jedoch mehr den beiden Frauen, die er liebte, und er hoffte, das Schicksal würde es ihm vergönnen, wenigstens Francesca als die Seine heimzuführen.
8.
A ls Falko am nächsten Tag nach Trastevere aufbrach, schloss Hilbrecht sich ihm lachend an. »Das ist eine gute Gelegenheit, Mariangela wiederzusehen und von dem guten Wein zu trinken, der bei ihrem Vater im Keller steht. Der schmeckt weitaus besser als alles, was wir im Campo Santo Teutonico bekommen. Hier ist nicht nur der Wein schlecht, sondern die ganze Pilgerherberge. Sie ist wirklich arg heruntergekommen.«
»Ein Schmuckstück ist dieser Ort, der für die Pilger deutscher Zunge geschaffen wurde, wahrhaftig nicht«, stimmte Falko seinem Freund zu. »Dabei soll den Überlieferungen zufolge der große Karl selbst ihn eingerichtet haben.«
»Seitdem hat sich viel verändert. Die Sankt-Salvator-Kirche ist so baufällig geworden, dass sie abgetragen werden muss. Deshalb gehen die Mönche, die das Hospiz führen, auch alle Gäste und Besucher um Spenden für eine neue Kirche an. Dabei müssten das Hospiz selbst und die Pilgerherberge ebenfalls dringend ausgebessert werden.«
Hilbrecht zählte noch ein paar Beispiele auf, an was es im Campo Santo Teutonico alles mangelte. Doch seine Hoffnung, Friedrich III. würde eine größere Summe opfern, um die Anlage zu erneuern, verflog schnell, als sein Freund ihm erklärte, dass der König kaum in der Lage war, seine Reisekosten zu begleichen.
»Irgendwie ist das Campo Santo Teutonico wie ein Spiegelbild des Reiches – alt und derzeit nicht gerade gefestigt«, setzte Falko hinzu.
»Da hast du schon recht. Aber mit Rittern wie uns an seiner Seite wird Friedrich III. die Kaiserherrschaft wieder aufrichten und die gierigen Herzöge und Fürsten, die ihre schwächeren Nachbarn bedrängen, in die Schranken weisen.«
Gerne hätte Falko ihm zugestimmt. Doch nach allem, was er von Giso erfahren hatte, würde Friedrich III. selbst noch als Kaiser kämpfen müssen, um sich in seinen eigenen Erblanden zu behaupten. Er verfolgte diesen Gedanken jedoch nicht weiter, sondern blickte zum Himmel, der sich an diesem Tag grau über der Stadt spannte und baldigen Regen versprach. Außerdem strich vom Gianicolo ein kalter Wind herab, der ihn frösteln ließ.
»In der Heimat dürfte es bereits Winter sein«, sagte er und verriet damit seine Sehnsucht nach Franken und insbesondere nach Kibitzstein.
Hilbrecht zog eine Grimasse. »Im Schwarzwald liegt gewiss schon Schnee! Was könnten wir dort für herrliche Schneeballschlachten machen!«
»Kindskopf!«, lachte Falko. »Außerdem gibt es dort keine Mariangela! Und um die geht es dir doch.«
»Die würde ich mitnehmen!« Einen Augenblick lang stellte Hilbrecht sich vor, wie es sein würde, wenn er das Mädchen einfach vor sich in den Sattel hob und antrabte.
Falko wusste nicht, ob er seinem Freund Erfolg wünschen sollte. Als Gemahlin war die Tochter eines Tavernenwirts für einen Edelmann undenkbar. Außerdem würde es für Hilbrecht unmöglich sein, eine passende Gattin zu bekommen, solange er ein eheähnliches Verhältnis mit einem solchen Mädchen unterhielt. Allerdings musste Hilbrecht nicht die eigene Sippe weiterführen, da er genug ältere Brüder hatte. In der Hinsicht war sein Freund besser dran. Er selbst musste eine Frau aus einem alten Geschlecht heiraten, um das Ansehen Kibitzsteins zu erhöhen. Da wäre Francesca als
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