Toechter Der Suende
geschehen, wo auch immer du dich aufhalten magst. Wenn er es jedoch nicht will, wirst du nicht nur diese Pilgerfahrt überstehen, sondern so lange leben, bis der Herr dich auf eine andere Weise von dieser Welt nimmt. Also greift zu!«
Auf diese scharfen Worte wussten die anderen nichts zu erwidern, und als sie nach einer Weile ihren Weg fortsetzten, trugen vier von ihnen eine primitive Trage, auf der Bruno von Reckendorf lag.
Am Abend erreichten sie das nächste Kloster und erhielten von den Nonnen nicht nur doppelten Segen für ihre gute Tat, sondern neben der einfachen Pilgersuppe mit Brot sogar etwas Fisch von der Tafel der Äbtissin.
Zufrieden, ein gottgefälliges Werk getan und damit die Wirkung ihrer Pilgerfahrt erhöht zu haben, reiste die Gruppe am nächsten Morgen weiter, während Bruno von Reckendorf im Hospiz des Klosters vor sich hin dämmerte.
14.
E s dauerte etliche Tage, bis der Junker wieder einen klaren Gedanken fassen konnte. Zunächst begriff er nicht, was um ihn herum geschah. Sein Körper fühlte sich wie zerschlagen an, und er vermochte vor Schwäche nicht einmal die Hand zu rühren. Noch während er über seine Situation nachdachte, schwanden ihm erneut die Sinne, und er wachte erst am Abend wieder auf.
Um ihn herum hörte er das Stöhnen anderer und öffnete mühsam die Augen. Wie es aussah, befand er sich in einem düsteren Gewölbe, dessen Grenzen er nicht zu erkennen vermochte. Er lag auf einem einfachen, schmalen Bett und war mit einer dünnen Decke zugedeckt. Um ihn herum standen weitere Betten, und auf jedem lag ein Mensch.
»Was ist geschehen?«, fragte er mit matter Stimme.
Eine Gestalt in einem weiten, dunklen Kleid und einer ausladenden Haube beugte sich über ihn und sagte ein paar Worte, die er nicht verstand. Dann griff eine kühle Hand an seinen Nacken und hob den Kopf, während ihm eine zweite Hand einen Becher an die Lippen hielt. Es war nur Wasser, versetzt mit ein wenig Wein, doch Junker Bruno erschien es, als hätte er nie etwas Köstlicheres getrunken.
»Habt Dank!«, murmelte er, als der Becher leer war.
Zwar verstand er immer noch keines der Worte, mit denen die Gestalt antwortete, begriff aber, dass es sich um eine Frau in der Nonnentracht eines ihm unbekannten Ordens handeln musste. Diese verschwand und kam bereits nach kurzer Zeit mit einem kleinen Tonbecher wieder. Sie bedeutete ihm, dass er dessen Inhalt ebenfalls trinken sollte. Als die dunkle, stechend riechende Flüssigkeit seinen Schlund hinunterrann, hatte er das Gefühl, Feuer zu schlucken.
Reckendorf hustete und beugte sich über den Rand des Bettes, um zu erbrechen. Mit fester Hand zwang ihn die Nonne wieder auf sein Lager zurück, zog die Decke hoch und ging zum nächsten Kranken.
Nun erinnerte Reckendorf sich daran, dass er sich schon in den letzten Tagen der Reise nicht gut gefühlt hatte. Wie es aussah, hatte ihn eine Krankheit erfasst, und es würde wohl eine gewisse Zeit vergehen, bis er seinen Weg fortsetzen konnte. Hoffentlich wird Bertschmann und den anderen der Aufenthalt nicht zu langweilig, dachte er und zollte dann erneut seiner Erschöpfung Tribut.
Als er wieder erwachte, war es dunkel. Nur am anderen Ende des Raumes spendete eine Öllampe Licht. Um sich herum hörte er das Husten und Stöhnen der Kranken, die selbst im Schlaf keine Linderung fanden. Ein wenig wunderte Reckendorf sich, weil er bisher noch keinen seiner Männer gesehen hatte.
»Sie werden wohl in ihrem Quartier sitzen und kommen, wenn sie erfahren haben, dass es mir bessergeht«, sagte er zu sich selbst und zog damit die Aufmerksamkeit einer Nonne auf sich, die auf einem Stuhl sitzend wachte.
Was sie sagte, verstand er nicht, dafür aber zeigte er sich auf den Mund und bedeutete ihr, Durst zu haben. Sofort brachte sie ihm einen Becher des mit Wein versetzten Wassers. Diesmal musste sie ihm nur noch beim Aufrichten helfen. Den Becher hielt er bereits selbst. Da sie die Öllampe neben sich gestellt hatte, sah er den erfreuten Zug auf ihrem Gesicht und das Lächeln, mit dem sie ihm ein Stück Brot reichte, das er ins Wasser eintunken und essen konnte.
Als sie ihn wieder verlassen hatte, lag Junker Bruno noch lange wach. Am nächsten Morgen erschien eine andere Nonne mit zwei Mägden, die ihn kurzerhand aus dem Bett holten. Erschrocken merkte er, dass er unter der Decke nackt war. Während eine der Mägde ihn festhielt, da seine Beine ihn noch nicht richtig trugen, brachte die andere einen einfachen Kittel herbei, und
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