Toechter Der Suende
aufsuchen können.«
Francesca erinnerte sich an den harten Hieb, den Falko ihrem aufdringlichen Verlobten versetzt hatte. Zwischenzeitlich hatte sie bereits gehofft, Cirio wäre tot und sie hätte ihre Freiheit zurückgewonnen. Zu ihrem Leidwesen hatte der Mann den Schlag überlebt.
»Wenn ich Euch so ansehe, Contessa, ist es wahrlich ein Jammer, dass uns niemand besucht. Es würde Euch auf andere Gedanken bringen. Wenn Signore Cirio verhindert ist, so hätte er doch seine Schwestern schicken können.«
»Bloß nicht!«, stieß Francesca hervor. »Diese Gänse fehlen mir gerade noch.«
»So dürft Ihr doch nicht über Eure zukünftigen Schwägerinnen reden!«, tadelte die Zofe sie entrüstet.
»Wie ich über die vier Cs rede, ist meine Sache, verstanden? Vergiss nicht, dass du nur eine Magd bist. Wenn du mich zu sehr erzürnst, befehle ich dem Kastellan, dich mit der Rute zu züchtigen.« Francesca hasste diese Frau und hatte ihr nicht vergessen, dass diese ihr Stelldichein mit Antonio Caraciolo verraten und damit den Tod des jungen Edelmanns verschuldet hatte.
Ihre Drohung brachte Annunzia für einen Augenblick zum Schweigen. Es war nicht gut, dachte die Magd, dass ihrer Herrschaft nur dieses eine Kind geboren worden war. Ein Bruder oder eine Schwester hätten verhindert, dass das Mädchen so verzogen wurde. Die Eltern hatten kein großes Problem damit, denn so kühn, diese zu erzürnen, war Francesca nur selten. Als Zofe aber musste sie sich mit dem Eigensinn des Mädchens herumschlagen und wurde, wenn es sich schlecht benahm, auch noch von dessen Mutter gerügt.
»Ihr solltet an das Kind denken, das Ihr Signore Cirio in wenigen Monaten schenken werdet«, mahnte Annunzia, weil ihr nichts anderes mehr einfiel.
Nun musste Francesca sich ein Lachen verbeißen. Cirio d’Specchi hatte nicht den geringsten Anteil an der Zeugung ihres Kindes, und sie fragte sich, ob das Kleine das blonde Haar und die blauen Augen des Vaters erben würde. Beinahe wünschte sie, es wäre so. Dann würde Cirio jeden Tag an sein Versagen erinnert. Im nächsten Moment aber entsann sie sich der fast spielerischen Art, mit der ihr Verlobter Antonio Caraciolo umgebracht hatte, und es schauderte sie. Cirio d’Specchi würde auch vor einem Kind nicht haltmachen, von dem er annahm, es sei nicht das seine.
In dem Augenblick sehnte sie Falko mehr denn je herbei und fragte sich, ob es wirklich so schrecklich wäre, mit ihm im fernen Germanien zu leben.
12.
W ie viele Meilen er bereits zurückgelegt hatte, wusste Bruno von Reckendorf nicht zu sagen. Tag um Tag war er den Zeichen gefolgt, die den Weg zum Grab des heiligen Jakobus in Spanien wiesen, hatte in Pilgerherbergen und Burgen übernachtet und kam, wie er hoffte, seinem Ziel langsam näher.
An diesem Tag aber zweifelte er daran, ob er Santiago jemals erreichen würde. Die Schwäche in seinen Gliedern, die er seit ein paar Tagen spürte, war noch schlimmer geworden, und er fiel immer wieder in einen kurzen, dumpfen Schlaf, aus dem er bald wieder hochschreckte, weil er vom Pferd zu fallen drohte. Sein Rücken war schweißnass, obwohl der Wind kühl über das flache Land blies, und als er den linken Handschuh auszog und mit den Fingern die Stirn berührte, fühlte diese sich heiß und trocken an.
»Seid Ihr krank?«, fragte Bertschmann, der direkt hinter seinem Pferd ging.
Wie gerne hätte Reckendorf mit Nein geantwortet. Doch er wollte seinen Getreuen nicht belügen, auch wenn das Verhältnis zwischen ihnen immer noch so angespannt war wie vor der Abreise.
»Ich fühle mich ein wenig schwach. Daher werden wir in der nächsten Pilgerherberge ein paar Tage bleiben, bis ich wieder auf den Beinen bin!« Da der Junker sich nicht zu seinem Gefolgsmann umsah, entging ihm dessen verächtliche Geste.
Bertschmann dachte an die vielen Meilen, die er zu Fuß durch Hitze, Regen und Wind zurückgelegt hatte, und das nur, weil sein Herr vor dem Fürstbischof von Würzburg eingeknickt war. Dabei wäre es für Reckendorf ein Leichtes gewesen, Freunde und Verwandte um sich zu scharen und Gottfried Schenk zu Limpurg dazu zu zwingen, sich ebenfalls auf seine Seite zu stellen. Nach ein paar harten Schlägen hätte die Witwe von Kibitzstein vor der Übermacht kapitulieren müssen.
Auch hatte er an der Tatsache zu kauen, dass sein Herr die Absicht, ihn mit dessen Schwester zu verheiraten und ihm eine Burg aus seinem eigenen Besitz zu überlassen, nicht mehr erwähnt hatte. Stattdessen sah es so aus,
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