Toechter Der Suende
nächsten Tag die Morgensuppe brachten, setzte Junker Bruno sich auf sein Bett und aß ohne Hilfe. Viel länger, sagte er sich, durfte er den frommen Frauen nicht zur Last fallen. Diese taten jetzt schon mehr für ihn, als es ihre Pflicht erforderte.
Sobald er wieder halbwegs auf den Beinen stehen konnte, machte er sich mit dem Segen der Schwestern, einem Beutel mit Brot, Oliven und hartem Käse sowie einer mit wässrigem Wein gefüllten Lederflasche auf den Weg. Als er das Kloster verließ und auf die Berge im Süden blickte, sagte er sich, dass nun ein langer, sehr harter Weg vor ihm lag. Er war jedoch wild entschlossen, diesen zu bewältigen und dem Fürstbischof den Beweis zu überbringen, dass er in Santiago gewesen war. Unterwegs dachte er kurz an seine verschwundenen Gefolgsleute, fühlte aber zu seiner Überraschung weniger Hass auf sie als vielmehr die Erleichterung, jeder Verpflichtung Bertschmann gegenüber ledig zu sein.
15.
I m fernen Rom traten Falko, Hilbrecht und Michel von Ziegenhain in die Kammer, in die sie ihren Gefangenen gesperrt hatten. Nachdem der Kerl sie anfangs beschimpft und mit der Rache seiner Freunde gedroht hatte, war ihm in den zwei Tagen unfreiwilligen Fastens klargeworden, dass die Tedeschi nicht mit sich spaßen ließen. Doch mehr als seinen Namen – Renzo – hatte er bislang nicht verraten.
Hilbrecht blieb neben der Tür stehen und zog sein Schwert, um jeden Fluchtversuch des Mannes zu vereiteln, während Michel diesem einen Fußtritt versetzte.
»Steh gefälligst auf, wenn Ritter mit dir sprechen.«
»Ich will nicht mit euch sprechen!« Renzo gab sich immer noch verstockt, doch als Falko eine kleine Flasche unter seinem Wams hervorholte, sie öffnete und genüsslich trank, verzerrte sich sein Gesicht.
»Ihr wollt mich wohl verhungern und verdursten lassen?«
»Dann gäbe es einen Schurken weniger auf der Welt.« Falko lächelte dabei so böse, als schiene ihm das die beste Lösung zu sein.
»Das könnt ihr nicht machen. Meine Freunde …«
»Bis jetzt haben wir keinen von denen gesehen. Vielleicht sind sie gar nicht deine Freunde. Das könnte ich ihnen nicht verdenken. So einen wie dich würde ich auch nicht Freund nennen wollen«, stichelte Falko.
»Sie werden mich retten!«, stieß der Gefangene hervor.
»Nicht, wenn wir dir vorher …« Falko beendete den Satz nicht, machte aber eine Geste, als wollte er dem anderen die Kehle durchschneiden.
»Das dürft ihr nicht!« Diesmal konnte man die Angst, die den Schurken in ihren Klauen hielt, deutlich vernehmen.
»Wir lassen mit uns reden – vielleicht«, antwortete Falko. »Allerdings solltest du uns vorher sagen, was wir wissen wollen. Wir sind sehr neugierige Leute!«
»Aber ich weiß doch selbst nichts«, presste Renzo hervor.
»Ich glaube, wir vertun unsere Zeit mit dem Kerl!« Michel griff zum Schwert, brachte die Klinge aber nur halb aus der Scheide, da sank der Gefangene vor ihm auf die Knie.
»Gnade! Ich weiß wirklich nichts. Ich bin nur ein armer Mann, der von kleinen Handreichungen lebt.«
»Wie Leute überfallen, Kardinäle umbringen und so weiter!« Falko grinste und packte den Mann bei der Schulter. »Uns ist klar, was wir von dir zu halten haben. Wenn wir dich den päpstlichen Behörden übergeben, hast du Glück, wenn du gleich hingerichtet und nicht als Sklave auf die Galeeren verkauft wirst.«
»Frag ihn nach unserem Freund Gianni«, schlug Hilbrecht vor.
Falko zwang den Gefangenen, ihm in die Augen zu sehen. »Also, was ist?«
Seine Stimme hatte jeden Anflug von Freundlichkeit verloren. Renzo schluckte mehrmals und wollte den Kopf wegdrehen, um dem kalten Blick zu entkommen, doch Falko hielt ihn unbarmherzig fest.
»Rede!«
Für einen Augenblick sah es so aus, als wolle der Gefangene weiterhin Widerstand leisten, dann aber presste er die Worte so rasch hervor, dass sie fast unverständlich waren. »Gianni ist der Anführer einer Bande von Bettlern, Dieben und Räubern. Wenn er erfährt, dass ich ihn verraten habe, wird er mich umbringen.«
»Sieh es richtig! Wenn du uns alles erzählst, was wir wissen wollen, bleibst du vorerst am Leben. In dieser Zeit kann sich einiges ereignen, das Gianni daran hindern mag, dir das Lebenslicht auszublasen.«
Renzo sog Falkos Worte förmlich in sich auf. Ihn erschreckte die berechnende Art des jungen Ritters, die sich so sehr von dem hitzigen Zorn seiner Landsleute unterschied.
»Ich werde reden, Signore. Doch Ihr müsst mir schwören, mich vor meinen
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