Toechter Der Suende
auffällige Hast. Zunächst fühlte er sich erleichtert, weil Gianni nicht mehr in der Lage war, ihn ans Messer zu liefern, um den eigenen Hals aus der Schlinge zu ziehen. Bald aber wurde ihm klar, dass auch andere von seiner Verbindung zu diesem Banditen wussten, und die konnte er wahrlich nicht alle umbringen.
Zum ersten Mal in seinem Leben verspürte er Angst. Sowohl sein Vater wie auch er hatten im Auftrag des Herzogs von Gravina betrogen und gemordet. Doch außer einigen Beuteln Gold und der Verbindung zu unberechenbaren Banditen hatte es ihnen nichts eingebracht. Nun würden sie Rom umgehend verlassen und ins Ausland fliehen müssen. Von diesem Gedanken getrieben, erreichte er das Haus seines Vaters, öffnete die Tür und rannte die Treppe hinauf.
Dario d’Specchi erwartete seinen Sohn oben am Treppenabsatz. »Und? Ist es gelungen?«, fragte er angespannt.
»Merda!«, antwortete Cirio nur.
Dieses Schimpfwort sagte dem alten d’Specchi genug. Erregt kam er seinem Sohn entgegen und packte ihn bei der Brust. »Was ist geschehen?«
»Gianni hat versagt. Er hat einen Mann auf Friedrich angesetzt, der so dumm war, sich von dessen Schnüffelnasen erwischen zu lassen, bevor er etwas tun konnte. Bei dem darauffolgenden Tumult bin ich abgedrängt worden und konnte nicht einmal mehr in die Nähe des Königs gelangen. Ich glaube nicht, dass wir noch einmal eine Gelegenheit finden, Friedrich zu töten. Uns bleibt nur die Flucht nach Frankreich!«
»Was willst du dort?«, fragte sein Vater bissig. »Glaubst du vielleicht, der französische König belohnt Versager? De Promont wird uns stattdessen als unliebsame Mitwisser aus dem Weg räumen. Wir gehen besser nach Neapel.«
»Und werden dort von Antonio Caraciolos Verwandten umgebracht. Oder glaubst du, die Umstände seines Todes werden lange ein Geheimnis bleiben?« Noch während Cirio überlegte, welches Land ihnen überhaupt noch Sicherheit bot, glättete sich die Miene seines Vaters.
»Du hast mich eben auf den richtigen Weg geführt, mein Sohn. Es gibt noch jemanden, dem nicht daran gelegen sein dürfte, dass bekannt wird, wie und vor allem warum Caraciolo ums Leben gekommen ist, nämlich Ercole Orsini. Dessen Tochter würde ohne eine Heirat mit dir wie eine Hure dastehen. Also werden wir uns zu dem Conte begeben und darauf dringen, dass deine Ehe mit Francesca umgehend geschlossen wird. Sobald dies geschehen ist, muss der Herzog von Gravina uns als Verwandte vor unseren Feinden schützen!«
»Francesca ist eine Hure!«, erklärte Cirio mit knirschender Stimme. »Ich glaube nicht, dass ich sie damals geschwängert habe.«
»Und wenn ihr Kind vom Teufel selbst gezeugt worden wäre, wirst du sie heiraten! Eine andere Möglichkeit bleibt uns nicht. Und wage es nicht, sie schlecht zu behandeln. Oder willst du, dass ihr Vater und ihre restliche Familie auf den Gedanken kommen, sie wäre als Witwe besser dran denn als Ehefrau?«
Cirio nickte erschrocken. »Du hast recht, Vater! Francesca Orsini ist derzeit der einzige Trumpf, den wir noch in Händen halten. Oh, Herrgott im Himmel, warum tust du mir das an?«
»Du hättest nur den König töten müssen, dann sähe jetzt alles anders aus«, antwortete sein Vater kalt und rief nach seinem Leibdiener, der ihm Mantel und Schwert holen sollte. »Auch du solltest in Zukunft dein Schwert umhängen, mein Sohn. Das Schwert ist die Waffe des Edelmanns, der Dolch hingegen das Werkzeug der Meuchelmörder.«
9.
F alko sah Gianni auf dem Straßenpflaster liegen und fluchte. »Verdammt! Jemand hat den Kerl abgestochen!«
»Was sagst du?« Hilbrecht schloss keuchend zu ihm auf und verzog das Gesicht. »Ist der Schurke wirklich tot?«
»Es sieht so aus!« Verärgert beugte Falko sich über Gianni. Die geringe Hoffnung, es könnte noch Leben in ihm sein, erfüllte sich nicht.
Hilbrecht hob hilflos die Hände. »Wieso ist der Mann ausgerechnet jetzt umgebracht worden? Das ergibt doch keinen Sinn.«
»Vielleicht doch!«, sagte Falko. »Gianni war mit Rudolf von Ottmeringen im Bunde, und die beiden wollten den König ermorden. Das hier dürfte wohl die Strafe für ihr Versagen sein.«
»Du meinst, Gianni sei deswegen umgebracht worden? Aber wer hätte das tun sollen?«
»Derjenige, der ihm und Ottmeringen den Auftrag für das Attentat gegeben hat. Komm, wir fragen die Leute, die hier wohnen, ob sie etwas gesehen haben.« Ehe Hilbrecht antworten konnte, ging Falko zum nächsten Hauseingang und klopfte. Es dauerte eine Weile, bis
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