Toechter Der Suende
die Tür geöffnet wurde und eine alte Frau den Kopf herausstreckte.
»Was willst du?«, fragte sie unfreundlich.
»Hier ist eben jemand ermordet worden. Hast du etwas gesehen, vielleicht einen Mann, der eilig von hier fortgegangen ist?«, fragte Falko.
Die Alte verzog das Gesicht. »Du bist wohl ein Deutscher, was? Kannst unsere Sprache aber ganz gut sprechen. Nein, ich habe nichts gesehen. Und jetzt Gott befohlen!« Damit schlug sie die Tür zu.
»Entweder hat sie nichts gesehen, oder sie wollte nichts sehen«, warf Hilbrecht ein.
»Fragen wir den Nächsten!« Falko war nicht bereit, so rasch aufzugeben, doch er hatte kein Glück. Niemand wollte den Mord beobachtet haben. Dafür erhielt er die Beschreibung von mehreren Männern, die sich hier vor kurzem aufgehalten hatten. Doch die waren dick oder dünn gewesen, alt oder jung, und angeblich hatte kein Einziger ein besonderes Merkmal aufgewiesen.
Allein eine Magd mittleren Alters rieb sich nachdenklich die Nase und sah zu Falko auf. »Von dem Mord habe ich nichts mitbekommen«, sagte sie. »Aber vorhin ist ein Mann, der wie ein Edler gewirkt hat, in einem einfachen Umhang die Straße entlanggegangen. Ich dachte schon, was für ein hübscher Bursche! Dann habe ich seine andere Gesichtshälfte gesehen! Die sah so schrecklich aus, als hätte ihm jemand mit einem Hammer den Kopf eingeschlagen.«
Die Frau schüttelte sich und erklärte, dass sie jetzt weitermüsse, wenn sie von ihrer Herrschaft nicht Schläge erhalten wolle. Falko drückte ihr ein paar Danari in die Hand und wandte sich zu Hilbrecht um.
Der winkte kurz ab und lachte. »Glaubst du, was dieses Weib erzählt hat? Gewiss hat sie sich das aus den Fingern gesogen.«
»Nein, so etwas erfindet man nicht. Wir sollten auf alle Fälle Augen und Ohren offen halten und nach einem Mann mit eingedrücktem Gesicht fragen!« Unwillkürlich dachte Falko an den Kerl, der in den Katakomben über Francesca hergefallen war und den er mit dem Schwertknauf niedergeschlagen hatte. Nun bedauerte er es, sie nie nach dem Mann gefragt zu haben.
Da klang auf einmal eine zornige Stimme auf. »Dort liegt der Tote, und das sind seine Mörder!«
Falko schnellte herum und sah einen Kerl, der von seinem Aussehen her zu Giannis Bande passte, sowie zwei Waffenknechte mit dem päpstlichen Abzeichen auf ihren Waffenröcken, die im nächsten Moment ihre Spieße auf ihn und Hilbrecht richteten.
»Was soll der Unsinn?«, fragte Falko zornig.
»Mitkommen! Mit Mördern machen wir kurzen Prozess«, schnauzte der dickere der beiden Büttel ihn an.
»Wir sind keine Mörder, sondern forschen selbst nach den Männern, die diesen Kerl umgebracht haben«, rief Hilbrecht erbost.
»Das da sind lumpige Tedeschi, genauso wie dieser Bettlerkönig, der heute in Rom eingezogen ist und keinen einzigen Danaro unters Volk gestreut hat«, hetzte der Mann die Wachen auf, die er selbst gerufen hatte.
»Ich bin Falko Adler, Reichsritter auf Kibitzstein, und das ist mein Freund und Reisebegleiter Hilbrecht von Hettenheim«, stellte Falko sich und Hilbrecht vor.
»Maul halten! Mitkommen!«, knurrte der Büttel und stupste ihn mit der Spitze seines Spießes an.
Falko stand kurz vor dem Platzen und sah, dass es Hilbrecht nicht anders erging. Aber er wusste, dass es nichts brachte, sich mit den römischen Stadtwachen zu streiten oder gar zu prügeln, weil Anwohner und Passanten diesen sofort zu Hilfe eilen würden.
»Wir kommen mit«, sagte er daher und sah den Kerl, der die Büttel geholt hatte, noch einmal genau an.
Der Mann wich erbleichend zurück, drehte sich auf einmal um und rannte davon.
»Der Bursche hat Angst!«, raunte Falko Hilbrecht zu, während die beiden Büttel dem Mann nachriefen, er solle zurückkommen. Plötzlich schoss Falko ein Gedanke durch den Kopf. »So, jetzt ist euch der richtige Mörder durch die Lappen gegangen!«
Die Büttel drehten sich unwillkürlich um, und für einen Augenblick sah es so aus, als wollten sie hinter dem Mann herrennen.
Dann aber wandten sie sich wieder ihm und Hilbrecht zu. »Mitkommen!«
»Ihr habt doch sicher Durst!« Ein Gigliato blitzte in Falkos Fingern auf, und er sah, wie sich die beiden Männer die Lippen leckten. Einer von ihnen brummte kurz. »Aber damit könnt ihr euch nicht freikaufen!«
»Das wollen wir auch nicht. Wir wollen nur, dass einer von euch zum Campo Santo Teutonico geht und dort Ritter Michel von Ziegenhain oder dessen Bruder, Hochwürden Giso, Bescheid gibt, wo wir zu finden
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