Toechter Der Suende
Rücken geschossen, dass er geschrien hatte wie ein kreißendes Weib.
Nun stand Siffer Bertschmann hilflos vor seinem Herrn, der sich inzwischen einen Zipfel seines Ärmels in den Mund gesteckt hatte und vor Verzweiflung darauf biss. »Was ist mit Euch?«
Die Antwort bestand aus einem Ächzen. »Mein … Rücken!«, brachte Reckendorf schließlich mühsam über die Lippen.
»Tut er wieder weh? Da werde ich wohl besser den Arzt holen!« Bertschmann eilte aus der Kammer und kehrte kurze Zeit später mit dem Leibarzt des Fürstbischofs zurück.
Dieser bedachte Bruno von Reckendorf mit einem tadelnden Blick. »Ich hatte Euch doch geraten, liegen zu bleiben! Aber Ihr wolltet nicht auf mich hören und habt Euch auf die Tribüne gesetzt. Jetzt spürt Ihr die Folgen. Wenn Gott Euch nicht sehr gnädig ist, werdet Ihr für den Rest Eures Lebens ans Bett gefesselt sein.«
»Schwatz nicht so viel, Doktor, sondern gib mir den Saft, mit dem du mir vorgestern und gestern die Schmerzen vertrieben hast!« Bruno von Reckendorf brachte die Worte nur mühsam und mit Pausen heraus.
Der Arzt wiegte unschlüssig den Kopf. »Wenn man dieses Mittel einoder zweimal verwendet, hilft es gegen die Schmerzen. Nimmt man es jedoch öfter und zuletzt regelmäßig, so wird man sein Sklave. Ich habe Menschen erlebt, die gemordet haben, um daran zu kommen.«
»Ich morde auch gleich – und zwar dich, wenn du es mir nicht gibst!«, stieß Reckendorf hervor.
»Ich glaube nicht, dass Ihr dazu in der Lage seid«, antwortete der Arzt mit leichtem Spott.
»Aber ich bin dazu in der Lage!« Bertschmann zog sein Schwert und setzte es dem Arzt auf die Brust. »Gebt ihm das Mittel, oder ich stoße zu!«
»Der Fürstbischof würde Euch dafür vierteilen lassen!« Seinen mutigen Worten zum Trotz zog der Arzt ein Fläschchen mit einer dunklen Flüssigkeit heraus, maß dem Ritter ein wenig davon in einen Becher und reichte ihm diesen.
»Ich warne Euch! Dieses Mittel vermag in einer gewissen Dosis die Schmerzen zu lindern. Nimmt man jedoch zu viel davon oder trinkt Wein dazu, ist es ein tödliches Gift.«
»Du schwatzt zu viel!« Reckendorf versuchte, den Becher an die Lippen zu führen und zu trinken, benötigte aber die Hilfe des Arztes. Danach sank er mit einem Ächzen zurück und starrte gegen die Decke.
»Schlaft jetzt! Ich werde später noch einmal kommen und Euch untersuchen. Mehr als Euch eine Salbe auf den Rücken zu schmieren kann ich zwar nicht, aber vielleicht hat unser Herrgott im Himmel ein Einsehen mit Euch und lässt Euch nicht zum Krüppel werden.«
Da Bertschmann den Arzt vom Frühstückstisch weggeholt hatte, beschloss dieser, zu seiner Biersuppe und dem Haferbrei zurückzukehren, und verließ mit einem knappen Gruß den Raum.
»Ich könnte ihn umbringen!«, keuchte Reckendorf, nachdem die Tür wieder ins Schloss gefallen war.
»Wen, den Arzt?«, fragte Bertschmann.
Sein Herr schüttelte den Kopf und ächzte, weil ihm der Schmerz gleich doppelt durch die Glieder fuhr. »Nein, Falko Adler! Der Kerl hat mich nur durch eine Hinterlist aus dem Sattel heben können. Doch das hat er so geschickt vollbracht, dass es kein anderer bemerken konnte. Jetzt ist er für alle der große Held, und ich …« Reckendorf brach ab und hieb mit der Faust auf das Bett. Zu seinem Glück wirkte der Mohnsaft bereits, und er spürte nur einen kurzen Stich im Rücken, während der quälende Schmerz allmählich verging.
Bertschmann zog einen Schemel heran und setzte sich neben das Bett. Hinter dem Hassausbruch des Junkers musste mehr stecken als nur eine Niederlage beim Lanzenstechen, hatte dieser doch Falko Adler noch vor dem Beginn des eigentlichen Turniers zum Zweikampf herausgefordert.
»Ich stehe immer noch zu meinem Wort, den Kerl zurechtzustutzen. Wenn Ihr wollt, folge ich ihm nach Rom und nehme ihn mir dort vor«, bot er an.
»Ihr seid ein treuer Freund, und ich würde mir wünschen, Ihr könntet es tun. Doch ich brauche Euch hier. Wenn ich, wie dieser verdammte Arzt meint, gelähmt bleibe, müsst Ihr mir beistehen und meinen Besitz für mich verwalten. Leider ist meine Schwester nicht die Tochter meines Vaters, sonst könnte sie Reckendorf und die anderen Herrschaften erben und Ihr mein Nachfolger werden. Aber die eine oder andere Burg kann ich ihr zukommen lassen. Ihr werdet ein wohlhabender und angesehener Herr werden, wenn Ihr sie heiratet. Im Gegensatz zu gewissen anderen entstammt Ihr einer adeligen Familie und müsst nicht einen Bierschwengel
Weitere Kostenlose Bücher