Toechter Der Suende
das Mädchen erst einmal mit dem jungen d’Specchi verheiratet, würde es rasch Demut lernen. Signore Cirio war keiner, der seiner Frau auch nur das Geringste durchgehen ließ.
In letzter Zeit hatte Francesca tatsächlich öfter an Antonio Caraciolo gedacht und sich schlecht gefühlt, weil er ihretwegen ums Leben gekommen war. Den tödlichen Dolchstich aber hatte Cirio d’Specchi dem jungen Edelmann zugefügt – und daran war in erster Linie Annunzias Verrat schuld.
Mit verächtlicher Miene blickte sie ihre Zofe an und spie vor ihr aus. »Conte Caraciolos Tod kommt allein auf dein Haupt! Du hast ihm den Mörder auf den Hals gehetzt.«
Annunzias Augen flammten empört auf. »Das musst ausgerechnet du sagen, du Hure! Wer weiß, ob dein Kind überhaupt von Signore Cirio ist. Du hast dich doch wie eine rollige Katze an jeden Mann herangemacht.«
In ihrer Erregung vergaß sie die gebotene Höflichkeit ihrer Herrin gegenüber und redete sie wie eine einfache Dienstmagd an. Zu anderen Zeiten hätte Francesca sie geohrfeigt, nun aber war sie zu schwerfällig dafür. Doch ihr Blick drohte der Zofe alle erdenklichen Strafen an.
Annunzia begriff nun selbst, dass sie sich vergessen hatte, und wich erschrocken zurück. Selbst wenn Cirio d’Specchi Francesca nur heiratete, um weiter aufzusteigen, so würde er niemals dulden, dass eine einfache Dienstmagd seine Frau schmähte. Auch lief sie Gefahr, dass Francesca die Sache ihrem Vater gegenüber aufbauschte und dieser sie für die Lügen seiner Tochter bestrafte.
»Ihr seid eine Bettmagd des Teufels!«, rief sie aus und zog sich eilig zurück.
Francesca sah ihr vor Wut kochend nach und sagte sich, dass Annunzia ihr nach ihrer Heirat nicht über die Schwelle kommen durfte. Bei dem Gedanken fragte sie sich, wen sie heiraten sollte. Früher hatte sie Cirio d’Specchi lediglich verachtet, doch seit dem Mord an Antonio Caraciolo und seinem versuchten Übergriff in den Katakomben hasste sie ihn wie die Pest. Unwillkürlich flogen ihre Gedanken zu Falko. Auch wenn sie dem Tedesco gram war, weil er bis jetzt noch nicht hier aufgetaucht war, so sehnte sie sich doch mit allen Fasern ihres Seins nach ihm.
Mit einem sinnenden Lächeln strich sie sich über den Leib und freute sich, weil sie zurück nach Rom gerufen wurde. Dort würde sie eine Gelegenheit finden, sich mit Falko in Verbindung zu setzen.
Doch was war, wenn er die Stadt enttäuscht verlassen hatte und bereits in seine Heimat zurückgekehrt war? Für einige Augenblicke krümmte sie sich vor Angst. Diese schreckliche Vorstellung verflog, als sie sich erinnerte, dass der deutsche König zurzeit in Rom weilen sollte. Bevor Friedrich III. nicht abreiste, würde auch Falko es nicht tun. Daher erschien es ihr doppelt wichtig, so rasch wie möglich in die Stadt zu gelangen.
14.
D as neue Wams engte Falko ein, und die straff sitzenden Beinlinge zwickten an seiner empfindlichsten Stelle. Doch er konnte nicht einfach nach unten greifen und die Kleidung zurechtzupfen, solange er im Blickfeld Ihrer Königlichen Hoheit, der Prinzessin Eleonore, stand. Sein einziger Trost war, dass Hilbrecht mit den gleichen Problemen zu kämpfen hatte. Ihnen war einfach zu wenig Zeit geblieben, sich die festliche Kleidung richtig anpassen zu lassen. Es hatte dem König gefallen, sie beide mit dem Schutz seiner zukünftigen Gemahlin zu betrauen, und dabei hatten sie nicht in ihren alten, bereits schäbig gewordenen Gewändern auftreten können.
Nun trug jeder von ihnen ein aus verschiedenfarbigen Stoffbahnen zusammengenähtes Wams, modisch bunt gemusterte Beinlinge und aus Golddraht geflochtene Stirnbänder. Die Haare waren von Edelgunde und Margarete kräftig durchgekämmt worden und fielen ihnen in weichen Locken bis auf die Schultern.
Da ihn Langeweile zu überkommen drohte, überlegte Falko, vor wem sie die junge Dame beschützen sollten. Zum einen waren die zierlichen Zeremonialschwerter für einen harten Kampf nicht geeignet, und zum anderen standen genug Krieger vor der Basilika, um jeden Attentäter abzuschrecken.
Doch Michel von Ziegenhain war misstrauisch wie ein alter Dachs und hätte am liebsten bis auf den Papst, dessen Ministranten und ein paar ausgesuchte Gäste keinen Menschen in die Kirche des heiligen Petrus eintreten lassen, die noch aus der Zeit des großen Kaisers Konstantin stammen sollte. Doch an der Feier, in deren Verlauf der deutsche König und zukünftige römische Kaiser Friedrich die Ehe mit einer königlichen
Weitere Kostenlose Bücher