Toechter Der Suende
in die Kiste zurück und barg den Rest in einem Laken, das sie wie einen Beutel zusammenfaltete. Diesen trug sie in ihr Zimmer und teilte dort den Schmuck auf, den sie nur gelegentlich hatte tragen dürfen, weil er für Cirios Ehefrau bestimmt gewesen war. Auch von diesem nahm sie zwei Sechstel an sich. Danach suchte sie zwei schlichte Kleider heraus, fügte mehrere Unterröcke und einen Umhang hinzu und wandte sich zum Gehen. Erst jetzt bemerkte sie, dass Celestina nach oben gekommen war und ihr verblüfft zugesehen hatte.
»Was machst du da?«, fragte die Tochter.
Über Isottas Gesicht huschte ein herber Zug. »Ich teile das Geld und den Schmuck auf und nehme mit, was …«
»Das war aber mehr, als dir zusteht!« Celestina sah ganz so als, als wolle sie der Mutter das meiste wieder entreißen.
»Es ist nicht für mich allein, sondern auch für die Tochter, die ich geboren habe und die euer Vater gegen seinen Bastard von einer Geliebten ausgetauscht hat. Unser Herr im Himmel hat ihn dafür gestraft und seinen Sohn ebenfalls. Nun gehe ich und kehre niemals zurück.« Mit diesen Worten lud Isotta sich ihr Bündel auf und verließ die Kammer.
Celestina folgte ihr bis zur Haustür. »Du brauchst nicht zu glauben, dass du mehr bekommst als das, was du da mitschleppst – und dieser andere Balg auch nicht!«
Mit einer verächtlichen Handbewegung drehte Isotta sich zu ihr um. »Dieser andere Balg, wie du es nennst, ist mehr deine Schwester, als Cirio je dein Bruder hat sein können. Du aber hast ein Herz aus Stein!«
Ohne ihre Tochter weiter zu beachten oder dem Haus noch einen letzten Blick zuzuwerfen, verließ sie das Anwesen. Am Hoftor bemerkte sie eine Person, die hinter ihr das Grundstück verließ und verstohlen um die Ecke huschte. Sie erkannte Annunzia, Francescas ehemalige Zofe, und ihr Anblick erinnerte Isotta daran, dass eine Frau verletzt oder gar umgebracht worden sein sollte. Nun konnte sie sich denken, wer damit gemeint war. Daher lenkte sie ihre Schritte nicht wie geplant nach Trastevere, sondern zu Ercole Orsinis Palazzo.
Dort war Francesca bereits vermisst worden, und gerade unterzogen der Hausherr und seine Gemahlin die Magd Lina einem scharfen Verhör. Isotta d’Specchis Ankunft war daher eine unliebsame Störung.
»Lass ihr ausrichten, dass sie später wiederkommen soll«, sagte der Conte voller Groll.
Contessa Flavia hob beschwichtigend die Hand. »Das wäre äußerst unhöflich. Immerhin hat Signora Isotta uns bislang nur selten aufgesucht, und ich hatte immer den Eindruck, es sei ihr nicht recht, dass ihr Sohn unsere Tochter heiraten soll.«
»Die d’Specchis müssten uns die Füße küssen, dass wir ihnen Francesca überlassen!« Ercole Orsini war nicht bereit, Isotta zu empfangen, erhob aber keinen Einwand, als seine Gemahlin den Raum verließ, um die Besucherin zu begrüßen.
Contessa Flavia trieb nicht zuletzt die Hoffnung, Isotta d’Specchi würde ihr mitteilen, dass Francesca sich in deren Haus befände. Doch als sie das bleiche, starre Gesicht der Besucherin wahrnahm, erschrak sie. »Meine Liebe, was ist geschehen?«
»Ich bitte Euch, Euren Gemahl hinzuzuholen, bevor ich es Euch berichte, Contessa Flavia. Meine Worte sind auch für ihn bestimmt!« Isottas Stimme klang wie zerbrechendes Glas und ängstigte die Hausherrin noch mehr.
Rasch wandte Flavia sich um und rief eine Dienerin herein. »Hole den Herrn, aber auf der Stelle!«
Die Magd eilte davon, und kurz darauf trat der Conte ein. Auch er sah der Besucherin an, dass sie schlechte Nachrichten brachte. Noch während er sich fragte, ob die d’Specchis sich nun doch gegen eine Heirat entschieden hatten, begann diese zu sprechen.
»Conte, Contessa, was ich zu erzählen habe, ist entsetzlich. Mein Ehemann und dessen Sohn haben gestern Abend unser Haus verlassen und sind wie Räuber in den geschützten Bereich des Campo Santo Teutonico eingedrungen. Dort fanden sie Contessa Francesca vor, die sich vor der aufgezwungenen Ehe mit Cirio d’Specchi dorthin geflüchtet hatte. Dem Vernehmen nach hat Cirio die junge Dame erdolcht oder zumindest schwer verwundet. Er selbst, mein Gatte und die sechs Knechte, die sie mitgenommen hatten, fielen anschließend den Schwertern der deutschen Ritter zum Opfer. Wenn Ihr Euch fragt, weshalb mein Ehemann wusste, wo Contessa Francesca sich befand, kann ich es Euch sagen. Ihre Zofe Annunzia hat es ihm verraten!«
Isotta sah keinen Grund, die Orsinis zu schonen. Immerhin waren ihr Mann und
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