Toechter Der Suende
angestrengt nach?«, fragte Elisabeth neugierig.
Giso hörte es und lachte. »Wenn Falko denkt, ist es immer eine Anstrengung für ihn!«
»Sei froh, dass du bereits zum Priester geweiht bist, Giso! Verzeihung, ich müsste ja Hochwürden zu dir, äh … zu Euch sagen. Sonst würde ich dir eine Maulschelle geben, dass du Sterne und dazwischen alle Heiligen siehst.« Falko drohte ihm mit der Faust, fiel aber ebenso wie Elisabeth in das Lachen ein.
Nun versuchte Giso, ein ernstes Gesicht zu machen, und streckte den Arm gegen Falko aus. »Deine Worte waren eben eine blanke Blasphemie! Kraft meines Amtes als Geistlicher verurteile ich dich dazu, ein Vaterunser als Buße zu sprechen und mir in Flüelen einen Becher Wein zu bezahlen.«
»Du wirst mir das Vaterunser vorsprechen müssen. Sonst müsste ich nachdenken, um mich an die Worte zu erinnern – und du sagst selbst, dass Denken für mich eine zu große Anstrengung darstellt!« Falko versetzte Giso einen freundschaftlichen Rippenstoß und sah sich dann Elisabeth gegenüber, die mit klarer Stimme das Vaterunser anstimmte.
Als sie geendet hatte, kam der Schiffer auf sie zu. »Es ist gut, dass Ihr zu beten anfangt, ehrwürdige Mutter. Das Wetter schlägt um, und wenn der Teufel es will, wird es bald ordentlich krachen. Es kann sein, dass wir in Buochs oder Beckenried anlanden müssen, um das Gewitter abzuwarten.«
Jetzt erst wurden die Reisenden gewahr, dass der Himmel seinen strahlend blauen Glanz verloren hatte und sich vom Süden her eine dunkle Wolke über den Horizont schob. Auch war der Wind kühler geworden und blies scharf von den Bergen herab.
»Ich fürchte, Buochs oder Beckenried können wir vergessen«, sagte der Schiffer nach einer Weile und wies nach vorne. »Wir müssen es bis nach Gersau schaffen! Dafür sollten wir zwei weitere Paar Riemen ausbringen.«
Dies hieß für die vier Waffenknechte, ihre Speere abzulegen und sich auf rasch improvisierte Ruderbänke zu setzen. Während die Ruder ins Wasser stachen und das Boot schneller wurde, blickte Falko zu dem zweiten Schiffchen hinüber, das den Rest ihrer Begleitung, die Sänften und mehrere Pferde transportierte. Es hatte weniger Ruder als das ihre und war bereits ein ganzes Stück abgetrieben worden.
»Hoffentlich laufen sie nicht gegen einen Felsen, sonst bin ich das Boot los und muss wieder als armer Mann anfangen!«, rief der Schiffer erschrocken aus und eilte zum Steuer, das von einem Mann allein kaum noch gehalten werden konnte.
»Jetzt wäre wirklich Zeit für ein Vaterunser«, erklärte Giso, kniete nieder und begann zu beten. Elisabeth fiel darin ein, und auch Falko sprach das Gebet mit, ohne, wie er vorhin gespottet hatte, über den Text nachdenken zu müssen.
Der Wind wurde noch stärker und schaukelte das Wasser des Sees zu hohen Wellen auf, die quer zu ihrer Fahrtrichtung liefen und das Schiff trotz seiner Größe heftig zum Schaukeln brachten. Elisabeth hielt sich erschrocken an der Bordwand fest und flüsterte ihre Gebete mit vor Furcht dunklen Augen.
Am liebsten hätte Falko sie in die Arme genommen und getröstet, wagte es aber nicht. Stattdessen versuchte er, die beiden anderen Nonnen zu beruhigen, die vor Angst greinten wie kleine Kinder.
»Betet, auf dass unser Herr Jesus Christus uns heil ans Ufer kommen lässt«, forderte er sie auf, während der Wind die Wellen so hoch trieb, dass ihre Kämme über die Bordwand leckten. Gleichzeitig krachte der erste Donner mit der Gewalt eines explodierenden Pulverwagens und wurde als Echo von den Felswänden am Ufer zurückgeworfen.
Jetzt war es um Elisabeths Selbstbeherrschung geschehen. Sie klammerte sich zitternd an Falko und flehte die Heilige Jungfrau Maria mit stockenden Worten um Rettung an.
»Es wird alles gut werden«, flüsterte Falko ihr zu und sagte sich, dass er dafür, sie im Arm halten zu können, zehn solcher Unwetter hinnehmen würde.
Am Heck brüllte der Schiffer etwas, doch Donner und Wind waren zu laut, um den Mann verstehen zu können. Falko schlug seinen Mantel um Elisabeth, damit sie nicht weiter dem grellen Licht der Blitze ausgesetzt war, und starrte mit sinkender Hoffnung nach vorne. Obwohl die Mittagszeit noch vor ihnen lag, wurde der Himmel so dunkel wie in einer mondlosen Winternacht. Nur die Blitze spendeten Licht, doch sie wirkten wie das Feuer der Hölle. Es war, als warte Fürst Luzifer bereits auf sie.
Jemand klopfte ihm auf die Schulter. Falko blickte auf und sah Giso mit einem Eimer vor sich
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