Toechter Der Suende
noch einmal zu seiner Frau um. »Du solltest das Mädchen nicht so verwöhnen, Marioza. Schließlich ist sie keine der Noblen – und selbst die lassen auch andere Männer an sich heran, nicht nur die eigenen Ehemänner.«
Das Gesicht seiner Frau wurde bleich, und sie biss die Lippen zusammen, als müssten die Worte, die sich in ihrer Kehle ballten, ungesagt bleiben. Stattdessen stieß sie die zweizinkige Gabel, die sie dazu benutzte, das Fleisch zu wenden, in eines der Bratenstücke.
Endlich hatte sie sich wieder in der Gewalt. »Ich will meine Tochter in allen Ehren verheiraten. Dies ist ein gottgefälliges Werk, wie Pater Luciano dir bestätigen wird.«
»Der Pfaffe redet zu viel! Dabei versteht er rein gar nichts vom Leben der einfachen Leute.« Gaspare begriff, dass er bei Marioza weiterhin auf Granit beißen würde. Doch er wollte nicht nachgeben. Immerhin war Mariangela keine Heilige, sondern ein … Er brach seinen Gedankengang ab, um sich nicht noch mehr zu ärgern, und bedachte seine Frau mit einem bösen Blick.
»Du hättest noch andere Kinder bekommen sollen, und zwar von mir! Aber dein Leib ist so dürr und unfruchtbar wie die Erde nach einem heißen Sommer.« Mit dem Gefühl, seiner Frau den Ärger heimgezahlt zu haben, kehrte er auf die Terrasse zurück und wurde dort wieder zu dem jovialen Gastwirt, der sich um das Wohl seiner Gäste sorgte.
10.
N achdem die Wirtstochter sie verlassen hatte, sah Hilbrecht Falko an und stöhnte theatralisch. »Die ist aber harsch!«
»Wahrscheinlich will sie nur ihren Preis hochtreiben. Aber nicht mit mir! Es gibt in dieser Stadt genug Huren, um zehn Jahre lang jeden Tag eine andere aufs Kreuz legen zu können.« Falko winkte ärgerlich ab und überlegte, ob er den Braten noch abwarten oder gleich ein paar Münzen auf den Tisch werfen und die Taverne verlassen sollte, um anderenorts nach einer Hure zu suchen.
Im Gegensatz zu ihm machte Hilbrecht keine Anstalten aufzustehen. Er trank seinen Becher leer, füllte ihn neu und sah Mariangela zu, die geschickt die anderen Gäste bediente und dabei mit lächelnder Miene so mancher zugreifenden Hand auswich.
»Ich glaube, sie ist wirklich ein ehrsames Mädchen«, stieß er nach einer Weile hervor.
»Eine Wirtstochter und ehrsam! Hilbrecht, jetzt träumst du wirklich. Von Ritter Oskar weiß ich, dass es in Rom sogar Nonnenklöster gibt, in denen mehr gerammelt als gebetet wird. Da soll ausgerechnet dieses Mädchen sittsam sein?« Falko lachte kurz auf und schüttelte dann den Kopf, als er das Strahlen auf Hilbrechts Gesicht bemerkte.
»Sie ist wunderschön!«, hauchte sein Freund.
»Ich gebe zu, ich habe schon hässlichere Weiber gesehen, aber …«, begann Falko und sah auf einmal Hilbrechts geballte Faust vor seinem Gesicht.
»Was ist denn jetzt los?« Allmählich ärgerte er sich über Hilbrecht, der sich, seit er die Wirtstochter gesehen hatte, wie ein Narr benahm.
»Sie ist das schönste Mädchen, das ich je gesehen habe. Wehe, du sagst etwas anderes!«
»Meinetwegen ist sie das. Aber nun lass uns austrinken und weiterreiten. Ich möchte dorthin, wo die Mädchen weniger ehrsam sind.« Falko trank seinen Becher leer und schob ihn zurück. Doch sein Freund schenkte sich erneut nach und ließ dabei die letzten Tropfen aus dem Krug rinnen.
»He, Mädchen, bring neuen Wein!«, rief er Mariangela zu. Dann drehte er sich zu Falko um. »Wegen mir kannst du nach Rom hinüberreiten oder in den Vaticano zurückkehren, wenn dir danach ist. Aber ich bleibe noch etwas. Mir gefällt es hier!«
Falko seufzte, blieb aber sitzen und füllte, nachdem Mariangela einen vollen Weinkrug gebracht und mit einem schadenfrohen Blick auf den Tisch gestellt hatte, seinen Becher bis zum Rand.
»Auf dein Wohl und darauf, dass wir heil nach Rom gelangt sind! Lange will ich in dieser Stadt aber nicht bleiben. Ich sehne mich zurück zu Leuten, deren Sprache ich verstehe und die sich so benehmen, wie ich es gewohnt bin.«
»Also, ich habe nichts gegen Rom einzuwenden«, antwortete Hilbrecht grinsend und stieß mit ihm an.
»Dir sticht doch nur die Wirtstochter in die Augen. Aber wie es aussieht, will diese ihr Goldstück zu einem Preis verkaufen, der mir zu hoch ist.«
»Sie ist keine Hure!«, zischte Hilbrecht.
»Also gut! Du hast recht und ich meine Ruhe.«
Sich selbst aber sagte Falko, dass sein Freund und er so bald wie möglich nach Hause aufbrechen sollten. Er sehnte sich nach Elisabeth, und der Gedanke, bei einer anderen Frau
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