Toechter Der Suende
Schein einer Lampe auf den Reiter fiel, nickte Falko unwillkürlich, denn sein Verdacht hatte sich bestätigt. Es handelte sich um Giso, der mit einem Pferd und nicht wie sonst mit einem Maultier unterwegs war. Außerdem war er mit Hut und Umhang nicht als Geistlicher zu erkennen.
Auch der Pfarrer, der jetzt in der offenen Tür stand, schien ihn für einen fremden Reisenden zu halten, denn er sprach Giso wie einen solchen an. »Was wünschst du, mein Sohn?«
»Ich suche den frommen Pater Luciano«, antwortete Giso in lateinischer Sprache.
»Ich bin Pater Luciano«, erklärte der Pfarrer.
»Dann kennt Ihr gewiss den ehrenwerten Bischof Enea Piccolomini, der früher Seiner Majestät, König Friedrich III., als Sekretär gedient hat?«
Der Priester nickte. »Ich hatte die Ehre, ihm einmal vorgestellt zu werden.«
Falko spürte, dass die beiden um den heißen Brei herumredeten, so als wüssten sie nicht genau, ob sie einander Vertrauen schenken konnten.
Nun kramte Giso unter seinem Umhang herum und brachte ein Stück Papier zum Vorschein, das er dem anderen reichte. »Der bewundernswerte Enea Piccolomini bittet Euch, mir den Ring zu zeigen, den er Euch vor sechs Jahren geschenkt hat.«
»Ihr meint vor drei Jahren, mein Herr!« Pater Luciano sprach Giso nun um etliches höflicher an und bat ihn in sein Haus.
»Mein Sagrestano wird sich um Euer Ross kümmern«, hörte Falko ihn noch sagen, dann wurde die Tür geschlossen, und er blieb mit etlichen unbeantworteten Fragen in der beginnenden Nacht zurück.
12.
O bwohl Giso erleichtert war, den Priester von Santa Maria in Trastevere so rasch gefunden zu haben, blieb er vorsichtig und ließ sich den bewussten Ring zeigen. Dieser entsprach voll und ganz der Beschreibung, die Gottfried Schenk zu Limpurg ihm gegeben hatte.
Aufatmend reichte er Pater Luciano die Hand. »Ich freue mich, Eure Bekanntschaft zu machen, Bruder.«
»Ihr seid ein Mönch?«, fragte der Pater verwundert.
»Nein, aber ebenso wie Ihr ein geweihter Priester. Mich schickt der Fürstbischof von Würzburg in einer geheimen Mission.«
Bei diesen Worten musterte Giso den Pater neugierig. Er wusste nicht viel über ihn, aber es hieß, dass dieser von seiner Herkunft her ein weit höheres Kirchenamt als das des Pfarrherrn einer nachrangigen Kirche hätte ausüben können.
Pater Luciano machte sich ebenfalls Gedanken über seinen Gast. Der Deutsche war groß, kräftig und sichtlich gewohnt anzupacken. Allerdings fragte er sich, ob der Mann auch den Verstand und die Wendigkeit besaß, die diese Aufgabe erforderte.
»Habt Ihr mit Bischof Piccolomini selbst gesprochen? Er ist ein vorzüglicher Mann, wenn ich das so sagen darf, und auch derjenige, der zwischen Seiner Heiligkeit und dem deutschen König vermittelt. Wenn er seine Sache gut macht, kann er es vielleicht sogar selbst einmal zum Papst bringen.«
»Nein, mit dem Bischof von Siena habe ich nicht gesprochen. Aber Seine fürstbischöfliche Hoheit Gottfried Schenk zu Limpurg hat mich eingeweiht. Es geht um den geplanten Besuch des Königs sowie dessen Krönung zum Kaiser des Heiligen Römischen Reiches.«
»… die etliche Leute mit allen Mitteln verhindern wollen.« Pater Luciano verzog das Gesicht und machte dann eine Geste, als wolle er einen unangenehmen Gedanken verscheuchen.
»Es soll auch einen Mord gegeben haben«, warf Giso angespannt ein.
Der Pater nickte mit grimmigem Gesicht. »Es gibt viele Morde in Rom, Morde aus Habgier, Morde aus Leidenschaft, Morde aus Lust und Morde, um Dinge zu verhindern, die man nicht will.«
»Von einem solchen spreche ich«, begann Giso und wurde von einem Handzeichen seines Gastgebers unterbrochen.
»Wir werden belauscht«, raunte dieser ihm zu.
Dann sprach er weiter, als wäre nichts geschehen. »Mancher will durch einen Mord eine ihm missliebige Ehe verhindern, mancher sich ein Erbe sichern, mancher …« Während Pater Luciano in völlig überflüssiger Weise die Gründe aufzählte, die zu einem Mord führen konnten, wies er Giso mit den Händen an, seinen Dolch zu ziehen und sich rechts neben die Tür zu stellen. Er selbst ergriff ein massives silbernes Kruzifix und schlich nach links.
»Es gibt natürlich auch Morde, die verhindern sollen, dass jemand etwas, was er erfahren hat, ausplaudern kann«, sagte er leiser als vorher, um den Lauscher glauben zu machen, er befände sich noch tiefer im Raum. Vorsichtig berührte er die Klinke, drückte sie dann kurz entschlossen durch und riss dir Tür auf.
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