Toechter Der Suende
Deutschen nicht darauf geachtet hatte. Mit einer heftigen Bewegung wandte sie sich zu ihrer Zofe um.
»Wir werden warten müssen, bis der fromme Mönch zurückkommt. Allein finde ich den Weg nicht!«
»Das ist nicht nötig, Contessa. Ich kenne diese Katakomben und kann Euch und Eure Dienerin ebenso gut hinausführen wie der Mönch.« Der junge Mann, der bei Annunzia stand, machte eine einladende Geste. Als Francesca nicht sofort reagierte, schob ihre Zofe sie einfach vor sich her.
»Jetzt kommt schon. Ich will nicht Eurer Ängstlichkeit wegen noch länger in diesen grässlichen Höhlen bleiben. Gianni wird uns hinausführen.«
Auch Francesca hielt nichts mehr in den Katakomben, und so schritt sie hinter Gianni her. Annunzia folgte ihr auf dem Fuß und sah sich dabei angespannt um, ob ihnen jemand folgte. Da sie niemanden wahrnahm, atmete sie schließlich auf.
Francesca hatte den Weg anders in Erinnerung und sprach Gianni darauf an.
»Ihr täuscht Euch, Contessa, wir sind genau richtig«, antwortete der Mann mit einem Grinsen, das Francesca ganz und gar nicht gefiel.
Wollte der Kerl sie etwa entführen oder ihr noch Schlimmeres antun?, fragte sie sich. Dann aber hätte er mit Annunzia im Bunde sein müssen, und deren Treue zu ihrer Familie war über jeden Zweifel erhaben. Wahrscheinlich bin ich nur nervös, dachte sie und bog in den Seitengang ein, in dem Gianni eben verschwunden war. Da er die Lampe trug, war es für einen kurzen Augenblick um sie herum dunkel. Als sie wieder in den Lichtschein trat, sah sie Cirio d’Specchi vor sich.
Ihr Verlobter sah ihr lächelnd entgegen. » Buon giorno , meine Liebe, ich freue mich, dich zu sehen.«
»Sprecht mich so an, wie es mir zusteht. Ich bin nicht Eure Magd«, antwortete Francesca aufgebracht.
»Aber meine Verlobte und bald schon mein Weib.«
»Sobald Seine Heiligkeit Euch zum Grafen ernannt hat!«, antwortete Francesca, die keinen Zweifel daran lassen wollte, wie ernst es ihr mit dieser Forderung war.
Cirio d’Specchi lachte jedoch nur. »Das zu entscheiden liegt nicht mehr in deiner Hand. Wir beide werden nämlich gleich jetzt unseren Bund so schnüren, dass er nicht mehr auflösbar ist!«
»Wie meint Ihr das?«
D’Specchi trat einen Schritt beiseite und wies auf eine Decke, die auf dem Boden ausgebreitet war. »Hier werden wir unsere Brautnacht vorwegnehmen, meine Liebe. Danach bleibt dir nichts anderes übrig, als ungesäumt mit mir vor den Priester zu treten.«
»Niemals!« Francesca wich zurück und drehte sich hilfesuchend nach ihrer Zofe um. Doch diese war ebenso spurlos verschwunden wie ihr Führer.
Nun begriff sie das Ausmaß der Intrige, der sie zum Opfer gefallen war. Ihr Vater musste dem hier zugestimmt haben, denn sonst hätte Annunzia sie niemals verraten! Wut stieg wie eine rote Woge in ihr auf, und sie schlug nach d’Specchis zugreifenden Händen. Gleichzeitig schrie sie, so laut sie konnte, um Hilfe.
4.
F alko hatte die Messe weniger mit Ehrfurcht denn mit einem Gefühl des Grauens verfolgt. Der Gedanke, an einem Ort zu stehen, an dem einst viele tausend Christen begraben gewesen waren, zerrte an seinen Nerven. Schließlich richtete er seine Gedanken auf Elisabeth, verirrte sich dabei jedoch auf Abwege, die er nicht einmal mehr Giso beichten konnte. Warum nur musste sie eine Geweihte des Herrn sein? Es gab so viele Mädchen auf der Welt, und ausgerechnet dieses eine war für ihn unerreichbar.
Du musst von ihr loskommen!, befahl er sich tadelnd. Seine Gefühle aber verrieten ihm, dass er Elisabeth niemals vergessen würde. Im Widerstreit mit sich selbst übersah er ganz, dass sich die unterirdische Kirche leerte und er auf einmal allein im Raum stand.
Im ersten Augenblick überkam ihn Panik, dann aber sagte er sich, dass er beim Hereinkommen genau auf den Weg geachtet hatte und ihn wiederfinden würde. Außerdem vernahm er noch die Schritte der letzten Gläubigen, die vor ihm gegangen waren. Er wollte ihnen folgen, stellte aber fest, dass keine Lampe für ihn übrig geblieben war. Daher nahm er eine der Kerzen, die noch auf dem Altar brannten.
Als er den ebenso schmalen wie niedrigen Gang betrat, entdeckte er ein ganzes Stück vor sich Lichtschein, und eilte in die Richtung. Dabei kam er an einer Stelle vorbei, die ihm durch eine Malerei an der Wand aufgefallen war. Es war ein Kreuz zu sehen, dessen senkrechter Balken zu einem P geformt war. Obwohl er sicher war, dass man hier nach rechts abbiegen musste, um zum Ausgang zu
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