Toechter Der Suende
nehmen. Nun saß sie so wie ein Ritterfräulein mit beiden Beinen auf einer Seite und hielt sich mit ihrem rechten Arm an ihm fest. Dabei spielte in ihren Augen ein Licht, das er nicht deuten konnte. Es gefiel ihm, wie sie lächelte.
Sie war wirklich eine schöne Frau, wenn auch anders als Elisabeth, auf ihre Art sogar noch aufregender. Vor allem aber hatte sie ihm das gewährt, was die junge Äbtissin ihm versagen musste. Er hätte zu gerne gewusst, ob sie nur ein loses Ding war, das sich von jedem halbwegs gutaussehenden Mann bespringen ließ, oder ob der Schrecken über das Vorhaben des Vergewaltigers sie ihm in die Arme getrieben hatte.
Irgendwie hoffte er, das Zweite sei der Grund. In ihren Armen würde er vielleicht sogar Elisabeth vergessen können. Bei dem Gedanken erinnerte er sich daran, dass er nicht einmal ihren Namen wusste und auch sich selbst noch nicht vorgestellt hatte. Das holte er jetzt nach.
»Ich bin Falko Adler auf Kibitzstein.«
Francesca empfand die Lautfolge seines Namens als Zungenbrecher, den nur jemand aus dem Norden richtig aussprechen konnte, lächelte aber freundlich, weil der Blick seiner blauen Augen sie streichelte.
»Mein Name ist Francesca Orsini, Tochter des Conte Ercole Orsini, Nichte des Kardinals Latino Orsini und ebenso eine, wenn auch entferntere Nichte des Familienoberhaupts Giacomo Orsini, des Duca di Gravina!«
Die Fülle der Titel erschreckte Falko. Sie war also eine Gräfin. Als einfacher Reichsritter war er gegen sie ein Niemand, der kaum auf ihre Gunst und noch weniger auf ihre Hand hoffen konnte. Dann aber stieg Trotz in ihm hoch. Immerhin entstammte sein Schwager Peter von Eichenloh dem königlichen Geschlecht der Luxemburger, und sein zweiter Schwager Otto trug mit Fug und Recht den Titel eines Grafen Henneberg.
»Ich freue mich, Eure Bekanntschaft zu machen«, sagte er etwas steif und schüttelte dabei über sich selbst den Kopf. Immerhin hatte er mit Francesca bereits verkehrt wie ein Ehemann mit seiner Frau. Da waren lange Vorstellungen und geziertes Gerede an und für sich überflüssig.
»Wisst Ihr, wie schön Ihr seid?«, fuhr er fort und brachte Francesca damit zum Lachen, denn sie war andere, meisterhaft gedrechselte Komplimente gewohnt.
Sie musste an Antonio Caraciolo denken, der die meisten in dieser Kunst übertroffen hatte. Dann aber merkte sie, dass ihr die schlichte Bewunderung des Deutschen besser gefiel als all die eleganten Wendungen, in denen sich italienische Adelige ergingen. Außerdem hatte der junge Ritter sie in den Katakomben zu lustvollen Höhen geführt, die ihr Conte Antonio in seiner Hast niemals hätte bereiten können. Mit einem Mal fühlte sie den Wunsch, noch einmal von dem Deutschen geliebt zu werden, und bedauerte, dass sie mittlerweile die Grenzen der Stadt erreicht hatten und durch die ersten von Häusern gesäumten Straßen ritten.
Ihr Einzug auf dem ungewöhnlich großen Streitross des deutschen Ritters blieb nicht unbeobachtet. Die Leute starrten hinter ihnen her, und sie vernahm leises Getuschel, in dem ihr Name genannt wurde. Das hat Vater verdient, dachte sie und klammerte sich noch fester an Falko.
Als sie schließlich das väterliche Anwesen erreichte und Frieder auf Falkos Befehl hin gegen das Tor schlug, öffnete ihnen einer der Knechte. Dem guten Mann fielen fast die Augen aus dem Kopf, als er die junge Herrin und den unbekannten Ritter vor sich sah.
»Contessa, aber …«, brachte er noch hervor, dann riss er das Tor weit auf und rief einem anderen Knecht zu, den Herrn zu holen.
Dies geschah so schnell, dass Ercole Orsini bereits aus dem Haus trat, als sein ungewöhnlicher Besucher gerade seinen Hengst auf dem Hof zügelte.
Falko musterte den mehr als zehn Manneslängen hohen Turm, der der Familie als Wohnstatt diente und wie eine Festung gegen Angriffe verteidigt werden konnte. Da er bereits ähnliche Wohntürme in Rom gesehen hatte, nahm er es als Hinweis darauf, dass das Leben auch hier nicht so friedlich verlief, wie man es im Zentrum der Christenheit vermuten sollte.
Für Francescas Vater war der Anblick, der sich ihm bot, ein Schock. Er hatte erwartet, Cirio d’Specchi zu sehen, der eine beschämte Francesca heimbrachte. Stattdessen tauchte sie in Begleitung eines Fremden auf, dessen Aussehen den Deutschen verriet.
»Was ist geschehen?«, fragte er erschrocken und bestätigte damit Francescas Verdacht, dass er mit dem jungen d’Specchi im Bunde gewesen war. Sie wollte ihm schon ins Gesicht
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