Töchter des Feuers: Roman (German Edition)
hinzustreben schien, weckte die Sehnsucht nach den gemütlichen, ruhigen Straßen des Westens in ihr.
Dennoch genoß sie die spektakuläre Aussicht von der O’Connell Bridge auf die an den Flußufern vertäuten Schiffe und die majestätische in der Sonne blitzende Kuppel des Obersten Gerichtshofs, des Four Courts. Es schien ihrem Fahrer zu gefallen, ziellos durch die Gegend zu gleiten oder an den Straßenrand zu fahren und zu warten, während sie sich Parks und Plätze ansehen ging.
Sie unternahm einen Schaufensterbummel entlang der eleganten Läden in der Grafton Street, wo sie eine Anstecknadel, einen schlichten, mit Granaten besetzten silbernen Halbmond, für ihre Schwester erwarb. Das Schmuckstück paßte, dachte Maggie, während sie die Schachtel in ihre Handtasche schob, zu Briannas eher konservativem Geschmack.
Für sich selbst entdeckte sie ein Paar Ohrringe, lange, verflochtene Hänger aus Kupfer, Silber und Gold, sich nach unten verjüngend und von feurigen Opalen gekrönt. Natürlich ging es nicht an, daß sie gutes Geld für derart frivolen Tand ausgab. Natürlich nicht, denn schließlich wußte sie nicht, wann das nächste Kunstwerk einen Käufer fand.
Und natürlich kaufte sie die Ohrringe, zum Teufel mit ihrem Budget.
Um den Tag abzurunden, besuchte sie Museen, wanderte am Ufer des Flusses entlang und trank Tee in einem winzigen
Café am Fitzwilliam Square. Die letzte Stunde ihres Ausflugs verbrachte sie auf der Half Penny Bridge und bannte die Reflexionen der untergehenden Sonne auf dem Blatt eines Skizzenblocks, den sie in einem Laden für Künstlerbedarf erstanden hatte.
Erst nach sieben kehrte sie zu Rogans Haus zurück, wo ihr der Hausherr direkt entgegenkam.
»Ich hatte mich schon gefragt, ob Sie Duggin angewiesen haben, Sie nach Clare zurückzufahren.«
»Ein-, zweimal habe ich daran gedacht.« Sie schob sich das ungekämmte Haar aus der Stirn. »Es ist Jahre her, seit ich das letzte Mal in Dublin war.« Sie dachte an den Jongleur, den sie damals gesehen hatte, und natürlich an ihren Vater. »Ich hatte ganz vergessen, wie laut es hier ist.«
»Ich nehme an, Sie haben gegessen?«
»Nein, habe ich nicht.« Das Plätzchen, das ihr mit dem Tee serviert worden war, zählte nicht.
»Das Abendessen ist für halb acht bestellt, aber falls Sie vorher noch einen Cocktail mit uns trinken möchten, verschiebe ich es gern auf acht.«
»Mit uns?«
»Meine Großmutter ist da. Sie ist ganz versessen darauf, Sie kennenzulernen.«
»Oh.« Maggies gute Laune schwand. Noch ein Mensch, den es kennenzulernen, mit dem es zu reden, zusammenzusitzen galt. »Nein, meinetwegen müssen Sie das Essen nicht verschieben.«
»Das wäre kein Problem. Falls Sie sich noch umziehen möchten – wir sind im Salon.«
»Umziehen? Weshalb?« Resigniert schob sie ihren Skizzenblock unter den Arm. »Ich fürchte, meine elegante Garderobe habe ich zu Hause gelassen. Aber falls Ihnen meine äußere Erscheinung unangenehm ist, schicken Sie mir doch einfach etwas zu essen rauf.«
»Legen Sie mir nichts in den Mund, was ich nicht gesagt habe, Maggie.« Er nahm ihren Arm und schob sie entschlossen durch die Tür des Salons. »Großmutter«, wandte er sich an die auf einem der hochlehnigen, brokatbezogenen Stühle sitzende Frau. »Darf ich dir Margaret Mary Concannon vorstellen? Maggie, Christine Sweeney.«
»Es ist mir ein Vergnügen.« Christine reichte Maggie eine schmalgliedrige Hand. An einem Finger steckte ein glitzernder Saphir, der das Gegenstück ihrer Ohrringe war. »Daß Sie hier sind, verdanken wir ausschließlich mir, meine Liebe, denn ich habe das erste Ihrer Kunstwerke gekauft, von dem Rogan so begeistert war.«
»Vielen Dank. Sie sind also eine Sammlerin?«
»Das liegt bei uns im Blut. Bitte nehmen Sie doch Platz. Rogan, versorg die junge Dame mit einem Drink.«
Rogan trat vor die Anrichte, auf der eine Reihe blitzender Karaffen stand. »Was möchten Sie, Maggie?«
»Was immer Sie dahaben.« Schicksalsergeben legte Maggie Skizzenblock und Handtasche neben sich.
»Es muß aufregend sein, wenn man kurz vor seiner ersten Ausstellung steht«, begann Christine. Das Mädchen ist entzückend, dachte sie. Cremig und feurig zugleich, und in dem Hemd und der Strumpfhose sah sie so hinreißend aus, wie es den meisten Frauen nur mit Diamanten und Seide gelang.
»Ehrlich gesagt, Mrs. Sweeney, kann ich es noch gar nicht richtig glauben.« Sie nahm das von Rogan hingehaltene Glas und hoffte, der Inhalt wäre stark
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