Töchter des Mondes, Band 01: Cate (German Edition)
verlieren, aber ich will auch meine Schwestern nicht verlieren.«
»Ich weiß.« Er streichelt mir den Rücken. Ich schmiege mich an seine Brust und schließe die Augen. Ich genieße das Gefühl der Geborgenheit; die Welt kann mir gerade nichts anhaben.
Da hustet Finns Mutter. »Finn? Kann ich Cate für einen Moment allein sprechen?«
Finns Hände gleiten meinen Rücken hinab. Ich frage mich, ob er sich genauso widerstrebend von mir trennt.
»Natürlich.« Er tritt einen Schritt zurück und wirft Marianne einen kurzen Blick zu. »Ich bin dann oben.«
Wir warten, bis er die Tür zur Wohnung geschlossen hat. Marianne sieht mich über ihre Brille hinweg an, und ich komme mir vor wie ein Kind, das dabei erwischt wurde, wie es etwas angestellt hat. Jetzt ist Marianne klar, dass zwischen Finn und mir etwas ist. Sie war so nett zu mir, und nun wird sie mich hassen.
»Es tut mir leid«, sage ich. Ich fühle mich angreifbar, verletzlich.
Marianne nimmt ihre Brille ab, legt sie auf den Tresen und sieht mich an. »Was tut Ihnen leid?«
»Es wäre Ihnen sicherlich lieber, wenn Ihr Sohn mit all dem nichts zu tun hätte.«
»Nun, es macht die Dinge etwas komplizierter, aber wir können uns nun mal nicht aussuchen, wen wir lieben.«
»Oh , er – das heißt – er hat nicht … «, stottere ich.
»Er hat die Worte vielleicht nicht gesagt, aber ich kenne meinen Sohn. Ich habe bemerkt, wie er Sie angesehen hat.«
»Wie denn?« Ich kann mich selbst dafür nicht ausstehen, sie danach zu fragen.
»Als wenn er für Sie töten würde.«
Ich denke an die Pistole an Finns Wade. Wie er davon gesprochen hat, alles zu tun, was nötig ist, um Clara und seine Mutter zu beschützen. Da hat es mich noch fasziniert, weil es nicht das typische Gerede eines furchtsamen Buchhändlersohnes war. Doch jetzt versetzt es mich in Angst. Männer werden zwar nicht so schwer bestraft wie Frauen, aber wer sich gegen die Bruderschaft auflehnt oder ein schwerwiegendes Verbrechen wie einen Mord begeht, wird auf jeden Fall auf die Gefängnisschiffe geschickt.
»Ich kann auf mich selbst aufpassen. Auf uns alle drei. Ich habe Fehler gemacht, ich weiß, aber meine Schwestern sind mir wichtiger als alles andere auf der Welt. Ich würde alles für sie tun.«
»Sie sind eine beeindruckende Frau, Cate.« Marianne lächelt mich an. »Sie sind stark und klug und – «
»Klug?« Ich lache, aber es ist kein freudiges Lachen. »Wohl kaum. Ich habe alles falsch gemacht, was ich nur falsch machen konnte. Ich bin so böse auf Mutter – ich weiß, das ist schrecklich, weil sie tot ist und sich nicht verteidigen kann, aber sie hat verdammt noch mal zu viele Geheimnisse gehabt!« Ich schlage mit der Faust auf den Tresen. Der Schmerz schießt mir in den Arm. »Sie hat mich gebeten, mich um meine Schwestern zu kümmern, und dann hat sie sich einfach davongemacht!«
Marianne hält meine Faust, bevor ich sie noch einmal auf den Tresen knallen kann. »Anna war meine Freundin, aber sie hat sehr viel von Ihnen verlangt, Cate. Zu viel. Das alles vor Ihrem Vater geheim zu halten – vor Ihren Schwestern – vor allen – es ist ein Wunder, dass Sie daran nicht zerbrochen sind.«
»Nein. Ich schaffe das schon. Ich muss es.« Ich gehe ein Stück zurück und schaue aus dem Schaufenster. Ich beobachte unsere Nachbarn, die die Straße entlangspazieren, ihre Besorgungen erledigen und nichts von meinem Kummer wissen.
»Aber Sie müssen es nicht allein schaffen«, sagt Marianne mit sanfter Stimme. »Es gehört zum Starksein dazu, zu wissen, wann Sie um Hilfe bitten müssen. Wann Sie Ihre Sorgen teilen müssen, anstatt sie für sich zu behalten.«
Ich atme tief ein. Ich rieche Tinte und Papier und Staub. Ich atme wieder aus.
Sie hat recht. Ich weiß nicht, was ich tun soll. Ich will kein Pfand für meine Schwestern sein. Deswegen bin ich gekommen.
»Können Sie mir helfen?«, frage ich leise. »Bitte?«
Marianne lächelt wieder. »Lieben Sie meinen Sohn, Cate? Wollen Sie ihn heiraten?«
Ich nicke.
»Dann lassen Sie uns sehen, ob wir einen Weg finden.«
Sie klopft auf den Stuhl neben sich, und ich setze mich. »Maura will unbedingt den Schwestern beitreten. Und Elena sagt, sie würden Maura, wenn es sein muss, verletzen, nur um mich zu bekommen. Also steht meine Freiheit gegen ihre – was kann ich da anderes tun? Sie haben versprochen, Maura und Tess zu beschützen, wenn ich mich ihnen füge.«
Marianne runzelt die Stirn. »Woher wollen Sie wissen, dass die Schwestern
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