Töchter des Mondes, Band 01: Cate (German Edition)
hier allein lassen, nur mit einer Gouvernante und einer Haushälterin, um nach ihr zu sehen?«
»Sie könnte uns so oft besuchen kommen, wie du willst.« Paul nimmt meine Hand. »Cate, ich finde es bewundernswert, wie sehr du dich deinen Schwestern verbunden fühlst, aber ist da noch etwas anderes, was dich zurückhält? Sag mir die Wahrheit.«
Ich starre auf die Rosenblätter, die der Wind über die Pflastersteine geweht hat. »Nein«, lüge ich. »Da ist nichts weiter.«
Paul versucht, die Wahrheit an meinem Gesicht abzulesen. »Bist du sicher? Es ist nicht – es ist nicht wegen Belastra, oder?«
»Was?« Ich ringe nach Luft und ziehe meine Hand weg. »Nein!«
»Ich kenne dich, Cate. Du kannst es so sehr abstreiten, wie du willst, aber so wie du ihn ansiehst – «
»Wie sehe ich ihn denn an?« Habe ich meine Gefühle etwa über die ganze Stadt hinweg ausgesendet? Wissen alle Bescheid?
»Als wärst du fasziniert von ihm.«
»Ich weiß nicht, wovon du redest!«
»Cate. Erweise mir doch bitte wenigstens den Respekt, mir nicht direkt ins Gesicht zu lügen.«
Ich drehe mich weg und bleibe mit dem Rücken zu ihm stehen. Ich wusste nicht, dass es möglich ist, sich so sehr zu schämen. Ich bin halb versucht, mich selbst verschwinden zu lassen.
Paul legt mir eine Hand auf die Schulter. »Es ist in Ordnung. Ich kann es verstehen. Es gefällt mir nicht, aber ich kann es verstehen.«
Ich sehe ihn fragend an.
»Ich hatte so etwas wie eine gescheiterte Liebesgeschichte in der Stadt«, gesteht er.
»Du hast dich in jemanden verliebt?« Ich bin mir zwar meiner eigenen Gefühle ihm gegenüber nicht ganz im Klaren, aber ich muss zugeben, dass mir der Gedanke, dass er einer anderen den Hof machen könnte, nicht besonders gefällt.
Er dreht mich wieder zu sich um. »Ich dachte es zumindest eine Weile. Sie hieß Penelope. Sie war sehr sittsam und sehr hübsch. Ich habe sie beim Abendessen bei einem Kollegen kennengelernt. Nach dem Essen hat sie Klavier gespielt und für uns gesungen. Sie hatte die Stimme eines Engels.«
Ich stelle mir diese Penelope mit Haaren wie reifer Weizen vor, mit großen, unschuldigen, blauen Augen. Die Art von Mädchen, die sich nie wegen irgendetwas anderem als Haarbändern und zerrissenen Kleidersäumen Sorgen machen müssen. Ich hasse sie.
Ich streiche mir eine Haarsträhne zurück unter die Kapuze – vielleicht etwas energischer als nötig. »Und was ist dann passiert?«
»Ich habe sie ein paarmal besucht und sie ein- oder zweimal vom Gottesdienst nach Hause begleitet. Ich hätte ihr beinahe einen Antrag gemacht. Aber dann hat sie mir mitgeteilt, dass sie beabsichtigt, einen anderen zu heiraten. Ich war am Boden zerstört. Habe mich bis zur Besinnungslosigkeit betrunken. Aber trotzdem war es das Beste, das mir passieren konnte.«
»Was? Warum?« Ich würde ihr dafür am liebsten die Augen auskratzen, dass sie ihn verletzt hat.
»Wir waren einfach zu unterschiedlich«, sagt Paul. »Wenn sie nicht gerade gesungen hat, war sie so still wie eine Maus. Sie hat nie ein Wort gesagt. Sie war bezaubernd, aber sobald ich mich an sie gewöhnt gehabt hätte, hätte sie mich zu Tode gelangweilt.«
Ich beiße mir auf die Unterlippe. »Und woher willst du wissen, dass es mit mir nicht das Gleiche wäre?«
»Weil wir uns ähnlich sind, du und ich. Wir wollen Abenteuer und keine ruhigen Abende zu Hause vor dem Kamin. Ich glaube, ich könnte dich glücklich machen, wenn du mich nur lassen würdest.« Pauls Stimme wird ganz rau, und er nimmt meine Hände. »Versprich mir nur, dass du keinen anderen heiraten wirst. Kannst du das tun? Wenigstens für deinen alten Freund?«
Ich drücke seine Hände und bin dankbar für sein Verständnis. »Ja, natürlich. Ich verspreche es.«
»Gut.« Paul zieht mich wieder zu sich heran, aber dieses Mal hält er mich einfach nur im Arm. Ich lege meinen Kopf an seine Brust. Er riecht nach Kiefern und Pferden und Leder. Es ist sehr behaglich. Ich lasse mich in seine Umarmung sinken.
Dann hören wir auf einmal ein metallenes Scheppern hinter uns und springen auseinander.
Finn. In der einen Hand hat er einen Haufen Unkraut und mit der anderen hebt er gerade seine Schaufel auf. Als unsere Augen sich begegnen, stolpert er davon. Dafür, dass er ein verstauchtes Fußgelenk hat, kann er ganz schön schnell laufen.
Für einen Augenblick bleibt mein Herz stehen, dann fängt es an zu rasen.
Ich will ihm hinterherlaufen, ganz gleichgültig, wie lächerlich ich mich
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