Töchter des Mondes, Band 01: Cate (German Edition)
ein großer Spaß wäre, aber ich glaube, es ist einfach nur – laut. Und überlaufen.«
»Nun, du hast ja noch ein paar Jahre, um dich zu entscheiden«, versichere ich ihr, obwohl ich nicht weiß, ob das stimmt. Wenn wir die drei Schwestern sind, wird die Schwesternschaft sie dann noch so lange zu Hause bleiben lassen, bis sie siebzehn ist? »Es sind ja nur Maura und ich, um die Vater sich sorgt. Nun – hauptsächlich bin ich es.«
»Warte nur ab, bis Maura dran ist«, sagt Tess. »Du weißt ja, wie wankelmütig sie ist. Auch wenn sie sich entscheidet, zur Schwesternschaft zu gehen, kann es immer noch gut sein, dass sie, wenn sie erst einmal in New London ist, doch noch einen Matrosen heiraten will. Bei dir wissen wir wenigstens, dass du, wenn du dich einmal für etwas entschieden hast, auch dabei bleibst.«
»Ich möchte gern in Chatham bleiben, besonders wenn du hier bleibst«, gebe ich zu. »Ich muss nur herausfinden, wie ich das anstellen kann. Ich könnte versuchen, Paul zu überreden, mit mir hierzubleiben, aber – «
Tess wirft ihre Arme um meine Taille. »Denkst du, das würde er tun? Ich möchte nicht, dass du weggehst. Es wäre so einsam ohne dich, Cate.«
Ich umarme sie fest. »Ich will auch nicht weggehen.«
»Aber vielleicht musst du das.« Sie löst sich aus meiner Umarmung, ihr kleines Gesicht ist voll Kummer. »Wenn du seine Frau bist, musst du mit ihm mitgehen und mit ihm leben, wo er will.«
Tess hat recht. Ich müsste ans andere Ende der Welt ziehen, wenn mein Mann das wollte. Ich hätte nicht mehr Mitspracherecht als eine Fußbank.
»Glaubst du wirklich, Paul würde mich von hier wegzerren, wenn ich mich mit Händen und Füßen dagegen wehre? Denn das müsste er, um mich von dir fortzubekommen.«
Tess lächelt, und ihre Grübchen kommen wieder zum Vorschein. »Versprochen?«
»Versprochen.«AbermeinGewissenmachtmirsehrzuschaffen.Ichweißnicht,obichdiesesVersprechenhaltenkann.DennauchwennichPauldazubringenkönnte,mitmirinChathamzubleiben–solltendieSchwesternentdecken,dassichGedankenmagiebeherrsche,glaubeichnicht,dasssiemirerlaubenwürden,zuheiraten.Elenahatzwardavongeredet,dassdieFrauenihreUnabhängigkeitwiedererlangensollen – dochwasistmit meiner Unabhängigkeit?
Ich werde wütend. Es ist eine Sache, wenn ich mich freiwillig entscheide, der Ehe zu entsagen und den Schwestern beizutreten und für sie zu arbeiten. Das habe ich noch nicht ausgeschlossen. Aber ich mag mich nicht zu irgendetwas zwingen lassen. Ein Käfig bleibt ein Käfig, ganz gleichgültig, wie sicher und schön er ist.
Paul wartet im Wohnzimmer auf mich. Er hat immer noch seinen grauen Mantel an. Als ich eintrete, steht er auf und reicht mir einen Strauß weißer Rosen. Ich vergrabe mein Gesicht darin und atme tief ein. »Die sind wunderschön, vielen Dank.«
Er lächelt. Sein Sonnenbrand ist etwas zurückgegangen, und die grünen Augen leuchten gegen seine gebräunte Haut. »Ich weiß, es sind nicht deine Lieblingsblumen, aber Mutters Garten ist bescheiden, verglichen mit eurem.«
Kluger Junge. Blumen und Komplimente für meinen Garten sind ein sicherer Weg zu meinem Herzen, und das weiß er. »Wartest du schon lange? Ich habe gerade noch zusammen mit Tess gelernt.«
»Kein Problem. Maura hat mir ein wenig Gesellschaft geleistet.« Paul lehnt sich gegen das Klavier. »Deine Schwestern werden langsam richtige Damen, nicht wahr? Ich kann mich noch daran erinnern, als Tess so klein war, dass sie über den Boden krabbelte und wir aufpassen mussten, dass sie sich nicht alles in den Mund steckte.«
»Sie hatte auf jeden Fall eine Begabung dafür, auf allem herumzukauen, was ihren Weg kreuzte. Ich glaube, einmal hat sie sogar einen halben Wurm gegessen.« Ich muss lachen, als ich daran denke, was für ein Aufhebens Mrs O’Hare gemacht hatte, als sie sah, wie sich die andere Hälfte noch in Tess’ Hand krümmte.
Paul nickt weise. »Wahrscheinlich zu wissenschaftlichen Zwecken.«
»Wahrscheinlich. Sie war schon als Kleinkind sehr wissbegierig.«
»Ein ganzes Jahr lang hat sie nichts anderes gesagt als ›Warum?‹, und du hast dir alle möglichen lächerlichen Antworten für sie ausgedacht.« Paul legt seinen Kopf schief, auf die lustige Art, wie Tess es immer tut, und verstellt seine Stimme. Er ist ein genialer Stimmenimitator. »›Warum haben Pferde vier Beine? Warum ist der Schnee nicht blau? Warum? Warum?‹«
Ich lache und fahre dabei mit der Hand über den geschlossenen Klavierdeckel. »Woher soll ich
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