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Töchter des Mondes, Band 01: Cate (German Edition)

Töchter des Mondes, Band 01: Cate (German Edition)

Titel: Töchter des Mondes, Band 01: Cate (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Spotswood
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mache.
    Aber ich kann nicht. Ich wäre keinen Deut besser als diese Penelope. Paul hat mir gerade einen Antrag gemacht; ich kann nicht einem anderen Mann hinterherlaufen, der mich vielleicht noch nicht einmal will.
    Paul will mich, das hat er mir unmissverständlich mitgeteilt. Er liebt mich, und er ist mein bester Freund. Ich schiebe beiseite, was ich wirklich will.
    Wir sehen Finn hinterher, bis er hinter einer Hecke verschwunden ist. Dann wende ich mich Paul zu und lächele ihn trotz des Schreckens in meinem Herzen an. »Würdest du mich bitte wieder zurück ins Haus bringen?«

Kapitel 14
    Paul und ich gehen schweigend zum Haus zurück. An der Küchentür bleibt er stehen und lehnt sich gegen die weiße Schindelwand. Mit seinem grauen Gehrock und den ordentlich geschnittenen blonden Haaren ist er das Abbild eines gut aussehenden Stadtherren. Er betrachtet die weiße Clematis am Rankgitter, dann wendet er sich mir zu und legt die Stirn in Falten.
    »Ich denke, ich habe meine Gefühle deutlich zum Ausdruck gebracht. Ich weiß nicht, was ich sonst noch tun soll.«
    Ich lege ihm zärtlich eine Hand auf den Arm. »Nichts«, murmele ich. »Du hast – du bist wunderbar. Ich brauche einfach nur Zeit zum Nachdenken.«
    Paul umschlingt meine Finger. »Ich will dir gern die Zeit geben, aber die Brüder werden es nicht tun.«
    Mein Magen zieht sich zusammen, und ich schaue Paul hinterher, wie er in Richtung der Scheune verschwindet. Ich stehe immer noch da, als er auf seinem großen, kastanienbraunen Hengst wieder auftaucht und über die Felder zu seinem Haus galoppiert. Er winkt, und ich winke zurück.
    IchsolltehineingehenundmeinenSchwesternvonseinemAntragerzählen.Michvonihnenumarmenundmirgratulierenlassen,MrsO’HarevorFreudequiekenundTessmireinenApfelkuchenbackenlassen,denwirnachdemAbendessenessenkönnen.IchsolltefüreinenTaglangsotun,alswäreicheinganznormalesMädchen,daseinengutenMannheiratenwird.Tesswäretraurig,abersiewürdemirverzeihen.UndMaurawärewahrscheinlichbegeistert,wennichmichfürdieEheentscheidenwürdeundihrausdenAugenwäre.
    Aber was würde Elena wohl tun? Würde sie mich sofort auf Gedankenmagie prüfen wollen? Wenn sie es täte, würde sie herausbekommen, dass ich es kann, und was dann? Ich nehme an, sie würde mich direkt zu den Schwestern schicken.
    Ich lege mir die Hände aufs Gesicht und versuche, die Tränen zurückzuhalten. Das ist nicht, was ich will. Ich will den Schwestern nicht beitreten. Ich will Paul nicht heiraten. Ich will –
    Finn. Ich will Finn.
    Ich zögere, aber nur für einen Moment. Dann laufe ich auch schon durch die Gärten und bete zu Gott, dass er noch da ist. Es ist nicht leicht, um die Hecken zu sehen. Ich weiß nicht, in welche Richtung er gegangen ist. Ich folge instinktiv den sich windenden Wegen, bis ich aus dem Labyrinth heraus bin.
    Er ist immer noch da. Er ist oben beim Pavillon. In den letzten Tagen hat er das Geländer errichtet. Jetzt stützt er sich mit den Händen darauf und blickt über die Felder in Richtung Stadt. Er trägt Arbeitskleidung – braune Cordhosen, Stiefel, Hosenträger und ein schokoladenbraunes Hemd, das gut zu seinen Augen passt.
    Meine Schuhe versinken im nassen Gras. Mein Saum wird feucht und schwer, der Matsch saugt an meinen Röcken. Ich habe das Gefühl, dass die Erde selbst an mir zieht und mich langsamer werden lässt.
    Ich stürze in den Pavillon und hinterlasse Matschspuren auf dem hölzernen Boden. Es riecht nach Sägespänen und nasser Erde und Würmern. Ich habe heftiges Seitenstechen, ich japse nach Luft, weil ich so gerannt bin. Der Wind fegt mir die Kapuze vom Kopf und lässt meine Haare über die Schultern fallen.
    »Finn«, keuche ich und streiche mir die Haare hinter die Ohren.
    Er dreht sich um. Ich wünschte, ich wäre wie Tess, ich wünschte, ich könnte die Leute so verstehen wie sie, aber ich kann an seinem Gesichtsausdruck nichts ablesen.
    »Ich wollte dir erklären, was – was du gesehen hast – «, stammele ich.
    Er nimmt einen Besen und fängt an, die Sägespäne zusammenzufegen. »Sie schulden mir keine Erklärung, Miss Cahill.«
    Oh. Ich schrecke vor seiner eisigen Stimme zurück. Ich weiß nicht, was genau ich erwartet habe, aber ich hätte zumindest erwartet, dass es ihm nicht gleichgültig ist. Er hat mich gerade in den Armen eines anderen Mannes gesehen – und nicht nur irgendeines anderen Mannes, sondern in den Armen eines Mannes, den er ziemlich sicher nicht ausstehen kann. Ich habe jemand anders geküsst!

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