Töchter des Schweigens
zu tanzen.
»Wenn du brav bist und manierlich bitte sagst, wird es dir an guten Partien nicht mangeln«, sagt Carmen kess.
Manolo wirft ihr einen wütenden Blick zu, Carmen grinst unverschämt zurück und hakt sich bei Chimo ein, der darüber hocherfreut ist.
Nach den Glückwünschen und einem letzten Glas brechen die Eltern auf, Tante Dora im Schlepptau, und für einen Augenblick fühlt sich Marga schäbig, weil sie ihnen die Teilnahme an einem Fest verweigert, das sie ihr ermöglicht haben, aber sie hat ihren Freundinnen seit Wochen versprochen, dass sie unter sich sein werden, dass sie alle im Häuschen übernachten können ohne erwachsene Aufpasser, und so beißt sie sich auf die Zunge, begleitet die Erwachsenen zum Auto und umarmt sie noch einmal.
»Benehmt euch anständig«, sagen Papa und Mama beinahe gleichzeitig.
»Ich finde, wir sollten bleiben«, fängt Tante Dora wieder an.
Und das wirkt wie ein Startschuss. Sie lassen den Seat 1500 an, fahren davon und winken aus den heruntergelassenen Seitenfenstern.
Als Rita zum Haus zurückkommt, wartet vor dem Eingang Manolo auf sie, die Hände in den Taschen und mit einer Miene, die er vermutlich für würdevoll hält.
»Ist was?«, fragt sie.
»Nein, aber wenn wir nicht in deinem Haus und obendrein die Gastgeber wären …« – Sie zieht eine Grimasse, als sie dieses »Wir« hört – »dann hätte ich diesem aufdringlichen Blödmann eine in die Fresse gehauen. Und du lässt es dir auch noch gefallen!«
»Was lasse ich mir gefallen?«
»Dass er dich vor aller Welt abknutscht.«
»César ist seit Jahren mein bester Freund, und das weißt du. Komm schon, Manolo, sei so gut, und verdirb mir nicht das Fest.«
»Das kommt ganz auf dich an.«
»Was soll ich tun?«
Manolo lächelt anzüglich und legt ihr die Hände auf die Hüften.
»Gib mir einen Kuss.«
»Jetzt? Hier?« Sie überlegt kurz und beschließt dann, sich von so einem Unsinn das Fest, das sie wochenlang vorbereitet hat, nicht vergällen zu lassen, also küsst sie ihn und windet sich los, als sie spürt, wie er sich an sie presst und versucht, ihr die Zunge in den Mund zu schieben. »Ist ja gut, nachher mehr.«
Manolo scheint sich zufriedenzugeben, legt ihr den Arm um die Schultern und führt sie zurück in die Laube, wo die anderen schon mit dem Essen angefangen haben.
»Du bringst mich noch um den Verstand, Süße«, flüstert er ihr ins Ohr, dann schlüpft sie aus seinem Arm und läuft hinüber zu ihren Freundinnen, die gerade Tränen lachen über irgendeine Albernheit, die sie verpasst hat.
Später legt Tony Platten auf, und allmählich steigt die Stimmung. Einige fangen an, unter den Zweigen des Olivenbaums zu tanzen, während der Himmel dunkelblau wird und die ersten Sterne erscheinen.
Tere sitzt in einem Liegestuhl und unterhält sich mit Tomás, der in Granada Medizin studiert. Sie sieht Magda mit César zum Teich hinuntergehen und spürt einen neidvollen Stich, den sie sich nicht recht erklären kann. Carmen fleht lautstark nach einem langsamen Musikstück, weil sie vom vielen Herumspringen schon völlig erledigt ist. Sole ist wie immer umringt von Jungen, tanzt aber nicht; sie wiegt sich allenfalls leicht im Rhythmus der Musik, bewegt die Hände und lässt ihre vielen Armreifen klirren. Zu dem langsamen Stück, das jetzt erklingt, tanzt Ana mit Juanma und hat, soweit es sich von hinten erkennen lässt, ihre liebe Not, ihn sich vom Leib zu halten. Candela steht allein am Tisch mit den Getränken, als wollte sie sich einen Überblick über das Angebot verschaffen, ehe sie sich entscheidet. Ihre Blicke treffen sich, und Marga geht lächelnd auf sie zu.
»Soll ich dir einen Cuba Libre oder einen Wodka-Orange machen?«, fragt Candela.
»Letzteres.«
Ihre Hände sind lang, schmal, aristokratisch und alle ihre Gesten elegant.
»Ich weiß nicht, wie du dieses Arschloch aushältst«, bemerkt sie beiläufig.
»Manolo?«
Candela äfft sie mit Falsettstimme nach: »Manolo? Nein, den Yeti.«
Marga zuckt mit den Schultern.
»Er muss mich in einem schwachen Moment erwischt haben. Ich war die Einzige, die noch nie mit einem Jungen ausgegangen war.«
»Ich bin auch noch mit keinem ausgegangen, aber ich habe höhere Ansprüche.«
Sie trinken einen Moment schweigend und gehen dann in den von der Bougainvillea überrankten Winkel zu einer gefliesten Bank, die von der Tanzfläche aus nicht zu sehen ist. Sie setzen sich, blicken sich in die Augen, stoßen an.
»Herzlichen Glückwunsch zum
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