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Töchter des Schweigens

Töchter des Schweigens

Titel: Töchter des Schweigens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: barcelo
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übertriebene Mimik wirkt wie aus einem Stummfilm, doch Rita weiß, dass ihre Bestürzung echt ist, dass sie mit einer solchen Nachricht nicht gerechnet hat.
    »Ingrid, stell um Himmels willen diesen Apparat ab«, sagt Ana. »Er macht mich wahnsinnig.«
    Rita befreit sich aus Candelas Arm und schaltet den Projektor aus, während Ana im Wohnzimmer die Lampen wieder anknipst.
    »Was für eine Hitze!« Carmen steht vom Sofa auf und geht mit schwankenden Schritten auf die Terrasse hinaus, gefolgt von Lena und Teresa. Nach kurzem Zögern schließt sich auch Candela an.
    »Ja«, sagt Ana, »gehen wir nach draußen. Nächstes Jahr wollen wir eine Klimaanlage einbauen. Kühlen wir uns ein wenig ab.«
    »Tut mir leid, Rita«, sagt Ingrid. »Ich konnte ja nicht ahnen …, es tut mir wirklich leid. Es sollte eine schöne Überraschung sein.«
    »Du weißt, dass ich Überraschungen nicht mag.« Rita hätte ihre Freundin gern über die erlittene Enttäuschung hinweggetröstet, doch die angestaute Wut hindert sie daran. Bevor Ingrid kam, war sie glücklich gewesen, hatte einen Teil der Vergangenheit wieder aufleben lassen, den schönen Teil der Vergangenheit: die Kameradschaft, das Lachen, die Leichtigkeit der Jugend … Und jetzt … blickt sie sich um und meint einen Trümmerhaufen zu sehen wie nach einem Krieg.
    »Es tut mir leid«, murmelt Ingrid noch einmal mit gesenktem Kopf. »Ich hätte nicht kommen dürfen. Ich bin ein Störenfried, das ist nichts für Außenstehende, das sehe ich jetzt ein. Ein Glück, dass ich morgen fahre.«
    »Morgen schon?«
    Dieses »Schon« zaubert wieder ein kleines Lächeln auf Ingrids Gesicht und lässt sie vergessen, dass Rita keine Anstalten gemacht hat, zu widersprechen und ihr zu sagen, sie sei kein Störenfried, alle hätten sie akzeptiert.
    »Na klar. Morgen ist Sonntag. Nun ja, eigentlich ist jetzt schon Sonntag. Es ist drei Uhr, und das Taxi kommt mich um acht abholen. Um Viertel nach zehn geht mein Flieger.«
    »Dann wirst du nicht viel schlafen, aber wenn du gleich gehst, kannst du dir noch zwei Stunden gönnen.«
    »Kommst du nicht mit nach Hause?«
    Rita wirft einen Blick auf die Terrasse, wo sich die anderen wieder an den Tisch gesetzt haben und wie schlaffe Marionetten in den Korbstühlen hängen.
    »Ich glaube, ich sollte noch ein bisschen bleiben.«
    »Natürlich. Das verstehe ich. Ihr wollt noch reden.«
    Sie stehen einander gegenüber wie Fremde, die in höflichem Ton einen Streit austragen. Dann macht Rita den von Ingrid erhofften ersten Schritt, geht auf sie zu und schließt sie in die Arme.
    »Nach Reden ist mir im Moment am allerwenigsten. In Wahrheit war mir, glaube ich, noch nie danach. Ich habe seit damals nicht mehr über diese Sache gesprochen.«
    »Dann bist du also deswegen hier weg.«
    »Ja, da ist sicher was dran. Es war eine Flucht.«
    »Was bist du doch für ein Dummerchen!« Ingrid streichelt ihr über den Kopf, als wäre Rita plötzlich so klein wie ihr Sohn Shane. Rita lässt sie gewähren, und allmählich fällt die Spannung von ihr ab. Ingrid versteht gar nichts. Eine so intelligente, tüchtige Frau …, und sie versteht gar nichts, aber Rita hat keine Lust, es ihr zu erklären. Sie ist müde, einfach nur müde.
    »Na los, nun geh schon«, drängt sie. »Ich nehme ein Taxi, oder eine der anderen bringt mich nach Hause.«
    »Wenn du nicht willst, dass ich fahre …, wenn du mich brauchst …«
    »Nein, nein. Du hast dir diese Reise verdient. Genieße sie und ruf mich ganz oft an, einverstanden?«
    Sie küssen sich auf die Lippen, und über Ingrids Schulter hinweg sieht Rita, dass Candela sie durch die Glasscheibe, die das Wohnzimmer von der Terrasse trennt, starren Blickes beobachtet. Ihr Gesicht hebt sich als weißlicher Fleck von der Dunkelheit des Gartens ab.
    »Grüß die anderen von mir«, sagt Ingrid.
    »Warte!«, ertönt Lenas Stimme von draußen. »Nimmst du mich mit? Ich bin vollkommen erledigt und habe mein Auto nicht dabei …«
    »Klar.«
    Ingrid wartet, während Lena, die im Lauf der letzten Stunde geschrumpft zu sein scheint, von den anderen zum Abschied umarmt wird. Als die Reihe an Rita ist, sagt Lena leise zu ihr: »Komm am Mittwoch zum Abendessen zu mir, ja? Es gibt da etwas, das ich dir erzählen möchte. Ich habe es all die Jahre für mich behalten, aber jetzt kann ich nicht mehr.«
    Obwohl sie im Flüsterton gesprochen hat, sieht Rita am Blickwechsel der anderen, dass alle die Einladung gehört haben. Sie nickt, dann begleiten sie

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