Töchter des Windes: Roman (German Edition)
niemand, der sein Elend mit anderen teilt. Seit Jahren stehe ich ihm näher als sonst irgendwer,
und trotzdem weiß auch ich so gut wie nichts über ihn. Einmal, nach seinem ersten Millionenvertrag, hatte er etwas zuviel getrunken und mir mehr von sich erzählt, als es wohl in seiner Absicht lag.« Sie schüttelte den Kopf. »Ich glaube nicht, daß ich Ihnen diese Dinge sagen kann. Ich komme mir ein wenig wie ein Priester nach der Beichte vor —aber ich bin sicher, daß Sie das verstehen.«
»Ja.«
»Ich sage nur so viel. Er hatte eine schreckliche Kindheit, ein schweres Leben. Trotzdem, oder vielleicht gerade deshalb, ist er ein warmherziger, großzügiger Mann.«
»Ich weiß, daß er das ist. Manchmal ist er sogar zu großzügig. Wie bringt man ihn dazu, daß er aufhört, einem Dinge zu kaufen?«
»Gar nicht. Er tut es, weil es ihm ein Bedürfnis ist. Geld ist ihm nicht wichtig. Das, was es symbolisiert, ist von Bedeutung, aber das Geld selbst ist nichts als ein Mittel zum Zweck. Ich gebe Ihnen einen ungebetenen Rat und sage Ihnen, geben Sie nicht auf, zeigen Sie Geduld. Bisher ist Gray einzig in seiner Arbeit zu Hause. Dafür hat er selbst gesorgt. Ich frage mich, ob ihm klar ist, daß Sie dafür sorgen, daß er nun auch in Irland ein Zuhause hat.«
»Nein.« Brianna entspannte sich weit genug, um zu lächeln. »Das ist ihm nicht klar. Ebensowenig wie es mir bis vor kurzem klar gewesen ist. Aber nicht mehr lange, und er wird mit seinem Buch am Ende sein.«
»Sehen Sie zu, daß seine Beziehung zu Ihnen dann nicht ebenfalls ein Ende nimmt. Und falls Sie jemals meinen, daß Sie Beistand brauchen, bin ich jederzeit für Sie da.«
Stunden später, als Gray den Reißverschluß ihres Kleides schloß, dachte Brianna über Arlenes Worte nach. Es war die Geste eines Liebenden, dachte sie, als Gray ihre Schulter küßte. Die Geste eines Ehemanns.
Sie lächelte ihm im Spiegel zu. »Du siehst phantastisch aus, Grayson.«
In seinem schwarzen Anzug, ohne Krawatte, verströmte er die lässige Eleganz, die sie immer mit Film- und Popstars verband.
»Wer wird mich schon ansehen, wenn du in meiner Nähe bist?«
»Vielleicht sämtliche Frauen?«
»Netter Gedanke.« Er legte ihr die Perlenkette um den Hals, betätigte grinsend den Verschluß und drehte sie zu sich herum. »Fast perfekt.«
Das mitternachtsblaue Kleid verlieh ihrer samtigen Haut einen warmen Ton, und das schulterfreie, tief ausgeschnittene Dekolleté betonte das sanfte Rund ihrer Brust. Sie hatte ihr Haar aufgesteckt, doch ein paar unbotmäßige Strähnen kitzelten ihre Ohren und ihren Hals.
Sie lachte, als er sie langsam im Kreis zu drehen begann. »Vorhin hast du noch gesagt, ich wäre perfekt.«
»Allerdings.« Er zog eine kleine Schachtel aus seiner Tasche und klappte den Deckel auf. Auf einem kleinen Kissen lagen weitere Perlen, zwei schimmernde Tränen, über denen man zwei einzelne Diamanten blitzen sah.
»Gray . . .«
»Pst.« Er legte ihr die Ohrclips an. Eine Geste, die eine gewisse Übung verriet, dachte sie trocken, geschmeidig und beiläufig, als täte er so etwas jeden Tag. »Jetzt bist du perfekt.«
»Wann hast du die besorgt?«
»Ich habe sie während unseres Kettenkaufs entdeckt. Marcia war außer sich vor Begeisterung, als ich sie anrief und sagte, sie kämen noch dazu.«
»Ich bin sicher, daß sie das war.« Unfähig, sich zu beherrschen, hob sie die Hand und tastete vorsichtig an einem der Ohrringe herum. Sie wußte, die Perlen und Diamanten waren echt, aber daß sie, Brianna Concannon, mit teurem Schmuck
behangen, den Luxus der Suite eines New Yorker Luxushotels und die lächelnde Bewunderung ihres Liebsten genoß, kam ihr vollkommen unwirklich vor.
»Ich nehme an, es ist sinnlos, dir zu sagen, daß das nun wirklich nicht nötig war.«
»Vollkommen sinnlos sogar. Mit einem einfachen Danke hättest du mehr Erfolg.«
»Danke.« Sie schmiegte ihre Wange an sein Gesicht. »Dies ist dein Abend, Grayson, aber statt dessen gibst du mir das Gefühl, eine Prinzessin zu sein.«
»Denk nur, wie schick wir aussehen werden, wenn irgendein Reporter sich die Zeit nimmt, ein Bild von uns zu machen.«
»Sich die Zeit nimmt?« Sie schnappte sich eilig ihre Handtasche, denn er zog sie bereits zur Tür. »Es ist doch dein Film. Du hast ihn geschrieben.«
»Ich habe das Buch geschrieben.«
»Das habe ich doch gesagt.«
»Nein.« Er legte einen Arm um ihre Schulter und ging mit ihr zum Lift. Vielleicht sah sie wie eine schöne Fremde aus,
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