Töchter des Windes: Roman (German Edition)
schnell geschlagen. »Aber ebensogut könnte ich Iris telegrafieren. Dann wäre das Geld morgen da.«
»Das denke ich auch.«
Smythe-White setzte ein betrübtes Lächeln auf. »Wenn Sie mich bitte einen Augenblick entschuldigen. Ich müßte mal auf die Toilette.« Mit einem Kopfschütteln stand er auf und ging in den hinteren Teil des Pubs.
»Ich verstehe das Ganze nicht«, flüsterte Brianna, als Smythe-White außer Hörweite war. »Ich habe nur den Mund gehalten, weil du mich die ganze Zeit unter dem Tisch getreten hast, aber . . .«
»Angestoßen«, verbesserte Gray. »Ich habe dich lediglich angestoßen.«
»Ja, und zwar so heftig, daß ich gleich nicht mehr laufen kann. Aber worum es mir geht, ist, daß du ihn vom Haken läßt, wenn er uns eine Unmenge Geld bezahlt. Das erscheint mir nicht richtig.«
»Es ist genau richtig. Dein Vater hatte seinen Traum, und wir sorgen dafür, daß er sich endlich erfüllt. Der gute alte Herb weiß, daß man mit Betrügereien nicht immer Glück haben kann und daß es dann nur noch darum geht, sich möglichst elegant aus der Affäre zu ziehen. Und du willst ebensowenig wie ich, daß er wegen dieser Sache ins Gefängnis geht.«
»Nein, das will ich nicht. Aber sein Geld zu nehmen . . .«
»Er hat das Geld deines Vaters genommen, und die fünfhundert Pfund hättet ihr sicher besser für etwas anderes verwenden können, stimmt’s?«
»Ja, aber . . .«
»Brianna. Was würde dein Vater dazu sagen?«
Sie gab sich geschlagen und stützte müde das Kinn auf die Hand. »Er würde sagen, das Ganze ist ein toller Witz.«
»Genau.« Gray blickte mit zusammengekniffenen Augen in Richtung der Herrentoilette. »Er braucht aber ganz schön lange dort. Warte eine Minute.«
Brianna blickte mit gerunzelter Stirn in ihr Glas, doch langsam verzog sich ihr Mund zu einem vergnügten Lächeln. Es war tatsächlich ein toller Witz. Ein Witz nach dem Geschmack von Dad.
Sie erwartete nicht ernsthaft, das Geld jemals zu sehen. Doch es reichte ihr, daß die Angelegenheit bereinigt wurde, ohne daß jemand wirklichen Schaden nahm.
Sie blickte auf und sah, wie Gray mit blitzenden Augen aus der Toilette geschossen kam. Nach einem eiligen Gespräch mit dem Mann hinter dem Tresen kam er zu ihr an den Tisch zurück.
Als er sich auf seinen Stuhl warf und sein Glas an die Lippen hob, hatte sich seine Miene bereits wieder aufgehellt.
»Was ist?« fragte Brianna nach einem Moment.
»Oh, er ist weg. Aus dem Fenster geklettert. Ganz schön gewieft, der alte Gauner.«
»Weg?« Diese plötzliche Wendung der Ereignisse war zuviel für sie, so daß sie ermattet die Augen schloß. »Weg«, wiederholte sie. »Dabei hat er mich tatsächlich dazu gebracht, ihn zu mögen und ihm zu vertrauen.«
»Genau da liegt das Talent von Betrügern wie ihm. Aber in diesem Fall denke ich, haben wir genug über ihn in Erfahrung gebracht, um gelassen abzuwarten, was nun weiter geschieht.«
»Was sollen wir jetzt machen? Ich will nicht zur Polizei gehen, Gray. Ich könnte nicht mit der Vorstellung leben, daß dieser kleine, alte Mann zusammen mit seiner Frau im Gefängnis sitzt.« Mit einem Mal riß sie die Augen auf. »Oh, verdammt. Glaubst du, er hat überhaupt eine Frau?«
»Wahrscheinlich.« Gray nippte nachdenklich an seinem Bier. »Und was deine Frage nach unserem weiteren Vorgehen betrifft, fahren wir am besten einfach zurück nach Clare. Lassen wir ihn ein wenig schmoren. Warten wir ein wenig ab. Es dürfte nicht allzu schwierig werden, ihn ausfindig zu machen, wenn wir denken, daß es erforderlich ist.«
»Wie?«
»Durch First Flight Tours. Und durch das hier.« Zu Briannas Überraschung zog Gray eine Brieftasche hervor. »Die habe ich ihm draußen auf der Straße abgenommen. Zur Absicherung«, erklärte er, als ihr die Kinnlade herunterfiel. »Nach all den Jahren habe ich offenbar immer noch keinen Rost angesetzt.
« Er schüttelte über sich selbst den Kopf,. »Ich sollte mich schämen.« Dann allerdings grinste er. »Guck nicht so schockiert. Es sind nur ein bißchen Bargeld und ein Ausweis drin.«
Seelenruhig zog Gray die Scheine aus der Brieftasche und steckte sie ein. »Er schuldet mir noch ungefähr hundert Pfund. Ich schätze, den Großteil seines Geldes trägt er in einem Clip mit sich herum.« Auch die leere Brieftasche steckte er ein. »Er hat eine Adresse in London«, fuhr er fort. »Ich habe mir den Ausweis auf der Toilette angesehen. Und dann hatte er noch einen Schnappschuß von einer recht
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