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Töchter des Windes: Roman (German Edition)

Töchter des Windes: Roman (German Edition)

Titel: Töchter des Windes: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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Stricken innezuhalten, sah sie auf. »Das habe ich auch nicht getan.« Er sieht müde aus, dachte sie, und schlecht gelaunt. Was auch immer er an diesem langen Tag allein gesucht hatte, hatte er offenbar nicht gefunden. »Hast du etwas gegessen?«
    »Heute nachmittag, in einem Pub.«
    »Dann hast du bestimmt Hunger.« Sie legte ihr Strickzeug weg. »Ich mache dir eine Kleinigkeit zurecht.«
    »Ich kann mir selber etwas machen, wenn ich was will«, fuhr er sie an. »Du brauchst mich nicht zu bemuttern.«
    Sie erstarrte, doch dann setzte sie sich wieder hin und streckte die Hand abermals nach dem Strickzeug aus. »Wie du willst.«
    Herausfordernd trat er einen Schritt nach vorn. »Und?«
    »Und was?«
    »Wo bleibt das Verhör? Willst du mich nicht fragen, wo ich war und was ich getrieben habe? Warum ich nicht angerufen habe, damit du dir keine Sorgen machst?«
    »Wie du eben selbst gesagt hast, bin ich nicht deine Mutter. Was du tust, geht mich nichts an.«
    Einen Augenblick lang hörte man nur das Klappern ihrer Nadeln und die betrübte Werbestimme einer Frau im Fernseher, die entdeckt hatte, daß ihre neue Bluse von einem Fettfleck verunziert war.
    »Oh, du bist wirklich cool«, murmelte Gray, trat an den Fernseher und stellte ihn aus.
    »Verhältst du dich absichtlich unhöflich?« fragte Brianna ihn. »Oder liegt das einfach in deiner Natur?«
    »Ich versuche, deine Aufmerksamkeit zu erlangen.«
    »Was dir gelungen ist.«
    »Mußt du damit weitermachen, während ich mit dir rede?«
    Da sich die von ihm beabsichtigte Auseinandersetzung anscheinend nicht vermeiden ließ, ließ Brianna ihr Strickzeug sinken und sah ihn an. »Besser so?«
    »Ich mußte allein sein. Manchmal ertrage ich keine Menschen um mich herum.«
    »Ich habe dich nicht um eine Erklärung gebeten, Grayson.« »Doch, das hast du. Nur eben nicht laut.«
    Allmählich empfand sie eine gewisse Ungeduld. »Inzwischen kannst du also meine Gedanken lesen, ja?«
    »Das ist nicht allzu schwer. Wir schlafen miteinander, leben so gut wie zusammen, und du hast das Gefühl, daß ich verpflichtet bin, dich über mein Tun aufzuklären.«
    »Habe ich das?«
    Er stapfte erbost im Zimmer auf und ab. Nein, dachte sie, er tigerte auf und ab wie eine Wildkatze, die hinter Gitterstäben gefangen war.
    »Willst du etwa behaupten, daß du nicht wütend auf mich bist?«
    »Es ist wohl ziemlich egal, was ich behaupte, da du ja sowieso meine Gedanken liest.« Sie faltete die Hände über der Wolle in ihrem Schoß. Sie würde nicht mit ihm kämpfen, dachte sie. Nun, da sich ihre gemeinsame Zeit dem Ende näherte, würde sie nicht zulassen, daß ein Streit ihre letzten Erinnerungen verdarb. »Grayson, vielleicht hast du es noch nicht bemerkt, aber ich führe ebenfalls ein eigenes Leben. Ich habe meine Pension und meine kleinen, persönlichen Freuden. Ich habe auch ohne dich einen durchaus ausgefüllten Tag gehabt.«
    »Es ist dir also egal, ob ich hier bin oder nicht?« Das war
sein Ausweg oder nicht? Weshalb steigerte dieser Gedanke dann noch seinen Zorn?
    Sie stieß einen Seufzer aus. »Du weißt, daß ich mich freue, wenn du hier bei mir bist. Was soll ich sagen? Daß ich mir Sorgen gemacht habe? Vielleicht habe ich das, aber du bist ein erwachsener Mann und durchaus in der Lage, auf dich aufzupassen. Denkst du, es war unfreundlich von dir, mich nicht wissen zu lassen, daß du so spät zurückkommen würdest, nachdem du zuvor fast jeden Abend hier gewesen bist? Du weißt, daß es unfreundlich war, also ist es unnötig, daß ich es noch extra erwähne. Und falls du mit dieser Erklärung zufrieden bist, gehe ich jetzt ins Bett. Du kannst dich gerne zu mir gesellen, aber wenn es dir lieber ist, steht es dir frei, nach oben zu gehen und weiter beleidigt zu sein.«
    Ehe sie sich erheben konnte, stemmte er seine Hände auf die Lehnen ihres Sessels, so daß sie gefangen war. Sie riß die Augen auf, aber wich nicht vor ihm zurück.
    »Warum schreist du mich nicht an?« fragte er. »Warum wirfst du mir nichts an den Kopf? Warum setzt du mich nicht mit einem Fußtritt vor die Tür?«
    »Wenn ich das täte, würdest du dich besser fühlen«, sagte sie in ruhigem Ton. »Aber es ist nicht meine Aufgabe, dafür zu sorgen, daß du dich besser fühlst.«
    »So ist das also. Du vergißt die ganze Sache und kommst zu mir ins Bett? Aber woher willst du wissen, daß ich nicht eben erst mit einer anderen Frau im Bett gewesen bin?«
    Während eines zittrigen Augenblicks verspürte sie denselben

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