Töchter des Windes: Roman (German Edition)
gütiger Jesus.« Über seine Schulter sah sie das Chaos, das in ihrer Küche ausgebrochen war. Dosen waren umgekippt, Schränke geleert. Mehl und Zucker, Gewürze und Tee waren auf dem Boden verstreut.
»Ich habe gesagt, bleib hier«, wiederholte er, als sie sich an ihm vorbeischieben wollte.
»O nein. Sieh dir nur dieses Durcheinander an.«
Er streckte den Arm aus und versperrte ihr den Weg. »Bewahrst du Geld in deinen Dosen auf? Oder Schmuck?«
»Red doch keinen Unsinn. Natürlich nicht.« Sie blinzelte. »Denkst du, jemand hätte mich bestehlen wollen? Ich habe nichts, was es sich zu stehlen lohnen würde, und außerdem gibt es hier niemanden, der andere bestiehlt.«
»Nun, offenbar doch, und vielleicht ist dieser Jemand noch im Haus. Wo steckt bloß der verdammte Hund?« murmelte er.
»Ich nehme an, er ist mit Murphy unterwegs«, sagte sie matt. »Er besucht ihn fast jeden Nachmittag.«
»Dann lauf rüber zu Murphy oder zu deiner Schwester. Ich sehe mich hier erst einmal genauer um.«
Sie richtete sich zu ihrer ganzen Größe auf. »Das ist immer noch mein Zuhause, falls ich dich daran erinnern darf. Ich sehe mich selber um.«
Statt ihr zu widersprechen, sagte er lediglich: »Aber bleib hinter mir.«
Zuerst sah er sich ihre Zimmer an, wobei er ihr empörtes
Protestgeschrei ignorierte, als sie entdeckte, daß jede Schublade herausgezogen und jedes einzelne ihrer Kleidungsstücke auf den Boden geworfen worden war.
»Meine Sachen.«
»Wir werden später nachsehen, ob irgend etwas fehlt. Zunächst sehen wir uns wohl besser die anderen Räume an.«
»Ich frage mich, was dieser Unfug soll«, sagte sie, wobei sie, während sie in Grays Schlepptau von Zimmer zu Zimmer zog, langsam, aber sicher in Wut geriet. »Wer auch immer das getan hat, zur Hölle mit ihm«, fluchte sie, als sie das Wohnzimmer sah.
Irgend jemand hatte das Haus schnell, ja hektisch durchsucht, dachte Gray. Alles andere als professionell und furchtbar riskant. Noch während er diesen Gedanken hegte, fiel ihm jedoch etwas anderes ein.
»Scheiße.« Er rannte die Treppe hinauf, wobei er immer zwei Stufen auf einmal nahm, stürzte durch das Durcheinander in seinem eigenen Zimmer und riß den Deckel des Laptops auf. »Wenn er das tatsächlich getan hat, bringe ich ihn um«, murmelte er, während er den Rechner lud.
»Deine Arbeit.« Brianna stand außer sich vor Zorn in der Tür. »Haben sie deine Arbeit kaputtgemacht?«
»Nein.« Er überflog Seite um Seite, bis er mit Sicherheit wußte, daß sein Werk nicht zu Schaden gekommen war. »Nein, es ist noch alles da. Kein Problem.«
Mit einem Seufzer der Erleichterung machte sie kehrt, um sich das Durcheinander in Mr. Smythe-Whites Raum anzusehen. Seine Kleider waren aus den Schubladen und aus dem Schrank gezerrt und sein Bett durchwühlt. »Heilige Mutter Gottes, wie soll ich ihm das nur erklären?«
»Ich finde es zunächst einmal viel wichtiger zu ergründen, was der Einbrecher gesucht haben kann. Setz dich, Brianna«, wies Gray sie an. »Am besten denken wir die ganze Sache erst mal gründlich durch.«
»Was gibt es da zu durchdenken?« Doch trotz der Frage nahm sie auf dem Rand der aus dem Rahmen gezerrten Matratze Platz. »Ich habe keine Wertsachen im Haus. Ein paar Pfund, ein paar billige Schmuckstücke, sonst nichts.« Sie rieb sich die Augen, verärgert, weil sich der Tränenstrom nicht zurückhalten ließ. »Aus dem Dorf oder der Umgebung kann es niemand gewesen sein. Es war bestimmt ein Landstreicher, ein Tramper vielleicht, der gehofft hat, daß sich hier ein bißchen Bargeld finden läßt. Tja ...« sie atmete zitternd aus. »Auf jeden Fall hat der Kerl wohl eine Enttäuschung erlebt.« Mit einem Mal erbleichte sie erneut. »Was ist mit dir? Hattest du irgendwelche Wertsachen hier?«
»Vor allem Reiseschecks. Die sind immer noch da.« Er zuckte mit den Schultern. »Abgesehen von ein paar hundert Pfund fehlt mir nichts.«
»Ein paar – hundert?« Sie sprang vom Bett. »Er hat dein Geld gestohlen?«
»Es ist nicht wichtig, Brie ...«
»Nicht wichtig?« unterbrach sie ihn. »Du lebst unter meinem Dach, als Gast in meinem Haus, und man hat dir dein Geld gestohlen. Wieviel war es? Ich ersetze es dir.«
»Das tust du bestimmt nicht. Reg dich ab.«
»Ich habe gesagt, ich ersetze es dir, und das tue ich auch.«
Allmählich hatte Gray von ihrem übergroßen Anstand genug, und so packte er sie bei den Schultern und schob sie unsanft auf das Bett zurück. »Mein letztes Buch
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