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Töchter des Windes: Roman (German Edition)

Töchter des Windes: Roman (German Edition)

Titel: Töchter des Windes: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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taktvolle Umschreibung für den Akt fände. »Eine reife, beiderseits befriedigende körperliche Beziehung haben.«
    »Nein.« Ein Teil des Eises in ihren Augen schmolz. »Nein, natürlich nicht. Aber Mutter glaubt es, oder zumindest behauptet sie, daß sie es glaubt, weil sie dann besser schimpfen kann. Familienangelegenheiten sind manchmal ziemlich kompliziert, nicht wahr?«
    »Soweit ich sehe, ja. Aber ich habe keine Familie, über die ich mir Gedanken machen muß.«
    »Keine Familie?« Das restliche Eis in ihrem Blick zerfloß in Mitgefühl. »Hast du deine Eltern so früh verloren?«
    »So kann man es sagen, ja.« Eigentlich hatten sie ihn verloren, dachte er.
    »Das tut mir leid. Und du hast keine Geschwister?«
    »Nein.« Abermals griff er nach der Flasche und füllte sein Glas.
    »Aber du hast doch sicher wenigstens Cousinen und Cousins.« Jeder hatte irgend jemanden, dachte sie. »Großeltern, Tanten, Onkel oder so.«
    »Nein.«
    Sie starrte ihn mit großen Augen an. Der Gedanke, daß er niemanden hatte, war unvorstellbar, ja unerträglich für sie.
    »Du guckst mich an, als wäre ich ein Findling, der in einem Weidenkorb vor deiner Tür abgestellt worden ist.« Ihr Mitgefühl amüsierte und rührte ihn. »Glaub mir, meine Liebe, es gefällt mir so. Keine Bindungen, keine Verpflichtungen, keine Schuldgefühle, weil ich so lebe, wie es mir gefällt.« Wie um seine Worte zu besiegeln, hob er sein Glas an den Mund. »Es macht mein Leben wesentlich einfacher.«
    Und leerer, dachte sie. »Und es stört dich nicht, daß es niemanden gibt, zu dem du nach Hause kommen kannst?«
    »Es erleichtert mich. Vielleicht würde es mich stören, wenn ich ein Zuhause hätte, aber so etwas habe ich ebenfalls nicht.«
    Bereits in der ersten Nacht hatte er wie ein Zigeuner auf sie gewirkt, fiel ihr nun wieder ein, doch hatte sie nicht gedacht, daß er tatsächlich einer war. »Aber, Grayson, kein Zuhause zu haben ...«
    »Bedeutet, daß man keine Hypothek zu begleichen, keinen Rasen zu mähen und keine Nachbarn einzuladen hat.« Er beugte sich über sie und sah aus dem Fenster. »Sieh nur, da unten ist Dublin.«
    Statt aus dem Fenster sah sie voll Mitgefühl auf ihn. »Aber wenn du Irland verläßt, wohin gehst du dann?«
    »Wohin ich will. Und genau das ist es, was mir an meinem Leben so gefällt.«
     
    »Ein phantastisches Haus.« Weniger als drei Stunden nach der Landung in Dublin saß Gray in Rogans Salon und streckte die Beine in Richtung des Kamins. »Ich weiß es zu schätzen, daß ich bei Ihnen wohnen darf.«
    »Es ist uns ein Vergnügen.« Sie hatten soeben zu Abend gegessen, und nun bot Rogan ihm einen Brandy an. Im Augenblick waren die beiden Männer allein, denn Brianna und
Maggie waren zu Mrs. Sweeney gefahren, um ihr bei den letzten Vorbereitungen behilflich zu sein.
    Rogan hatte immer noch Schwierigkeiten, seine Großmutter als nervöse Braut vor sich zu sehen. Und noch größere Probleme bereitete es ihm, den Mann, der selbst heute abend noch die Küche belagerte, als seinen zukünftigen Stiefgroßvater zu betrachten.
    »Sie scheinen nicht allzu glücklich zu sein.«
    »Was?« Mit einem etwas gezwungenen Lächeln wandte sich Rogan wieder Gray zu. »Nein. Tut mir leid, es hat nichts mit Ihnen zu tun. Ich nehme an, daß mir bei dem Gedanken an morgen einfach etwas unbehaglich zumute ist.«
    »Macht die Vorstellung, die Braut an einen anderen Mann zu verlieren, Sie etwa nervös?«
    Statt einer Antwort stieß Rogan ein mürrisches Knurren aus, und Gray, der die Eifersucht seines Gastgebers erkannte, machte sich einen Spaß daraus, weiter in der Wunde herumzubohren.
    »Niall ist ein interessanter Charakter, finde ich.«
    »Allerdings«, murmelte Rogan. »Allerdings.«
    »Und Ihre Großmutter hat ihn während des gesamten Abendessens mit so leuchtenden Augen angesehen.«
    Jetzt stieß Rogan einen abgrundtiefen Seufzer aus. Nie zuvor hatte sie glücklicher auf ihn gewirkt. »Sie sind verrückt nacheinander.«
    »Tja.« Gray schwenkte seinen Brandy im Glas. »Wir sind zu zweit, und er ist allein. Wir könnten ihn überwältigen, zum Hafen zerren und auf ein Schiff nach Australien verfrachten.«
    »Bilden Sie sich bloß nicht ein, daß ich nicht schon selbst auf diesen Gedanken gekommen wäre«, knurrte Rogan, aber endlich lächelte er. »Man kann sich seine Familie eben nicht aussuchen, nicht wahr? Und ich muß zugeben, daß der Mann ihr zu Füßen liegt. Maggie und Brie sind hocherfreut, so daß ich mich wohl der

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