Töchter des Windes: Roman (German Edition)
feststellte, diese Rücksichtnahme völlig
überflüssig war, denn kaum hatte sie die Füße auf den Boden gestellt, belegte er knurrend auch noch ihren schmalen Streifen Matratze mit Beschlag.
Nun, wenigstens konnte sie sich noch an den Überresten des romantischen Abends erfreuen. Die Kerzen hatten sich irgendwann im Verlauf der Nacht in ihrem eigenen Wachs gelöscht. Die leere Champagnerflasche stand in dem silbernen Eimer auf dem Tisch, die Blumen erfüllten die Luft mit ihrem Duft, und durch die geöffneten Vorhänge fielen zwar keine Mond –, dafür aber jede Menge Sonnenstrahlen auf das Bett.
Er hatte alles perfekt arrangiert, dachte sie. Hatte genau gewußt, was für eine perfekte Liebesnacht vonnöten war.
Wobei allerdings der sogenannte Morgen danach nicht ganz ihren Träumen entsprach. Wenn er schlief, wirkte er nicht wie ein verträumter, unschuldiger Junge, sondern wie ein Mann, der mehr als zufrieden mit sich war. Und statt daß er ihren ersten Tag als Liebespaar mit einem sanften Streicheln und einem geflüsterten »Guten Morgen« begann, warf er sie knurrend aus dem Bett.
Die Launen des Grayson Thane, dachte sie. Vielleicht schriebe sie über dieses Thema eines Tages mal ein Buch.
Amüsiert zog sie ihr neben dem Bett liegendes Nachthemd über den Kopf, verließ das Zimmer und ging die Treppe hinab.
Ein Tee wäre nicht schlecht, dachte sie, der brächte sie bestimmt in Schwung. Und da der Himmel vielversprechend aussah, machte sie am besten Wäsche und hängte sie im Garten auf.
Auch das Haus selbst hatte ein wenig frische Luft verdient, überlegte sie und machte im Vorbeigehen die Fenster auf. Durch das Wohnzimmerfenster entdeckte sie Murphy, dessen Kopf unter der Motorhaube ihres Wagens verborgen war.
Sie beobachtete ihn einen Augenblick, und ihre Verärgerung
rang mit ihrer Loyalität und ihrer Zuneigung zu ihm. Als sie allerdings durch die Haustür trat und durch den Vordergarten zu ihm ging, hatten die positiven Gefühle bereits gesiegt.
»Ich habe nicht erwartet, dich zu sehen«, setzte sie an.
»Ich habe doch gesagt, daß ich komme, um mir den Wagen anzugucken.« Er hob den Kopf unter der Motorhaube hervor und musterte seine Freundin, wie sie in ihrem züchtigen Nachthemd, mit wirrem Haar und nackten Füßen vor ihm stand. Wobei er, anders als Gray, bei ihrem Anblick allerdings nicht in Verzückung geriet, denn sie war niemand anderes als einfach Brianna für ihn, und was ihn interessierte, war, ob sie ihm immer noch böse oder wieder wohlgesonnen war. Da ihr Gesicht keine Regung erkennen ließ, wandte er sich wieder seiner Arbeit zu.
»Der Anlasser sieht übel aus«, murmelte er.
»Das ist mir nicht neu.«
»Der Motor ist krank wie ein altes Pferd. Ich kann ein paar Ersatzteile besorgen und ihn notdürftig flicken, aber so wie ich die Sache sehe, lohnt sich das eigentlich nicht mehr.«
»Wenn er wenigstens noch den Sommer über fährt, vielleicht bis zum Herbst . . .« Sie verstummte, als er zu fluchen begann. Sie konnte ihm einfach nicht lange böse sein. Seit sie denken konnte, war er ihr bester Freund. Und genau deshalb, so wußte sie, hatte er ihr nichts von der Sache gesagt.
»Es tut mir leid, Murphy.«
Endlich richtete er sich auf und sah sie mit Augen an, in denen alles, was er empfand, deutlich zu lesen war. »Mir auch. Ich habe dir bestimmt nicht weh tun wollen, Brie. Gott ist mein Zeuge.«
»Ich weiß.« Sie trat einen Schritt auf ihn zu und schlang ihm die Arme um den Hals. »Ich hätte nicht so böse werden sollen, Murphy. Das hast du wirklich nicht verdient.«
»Du hast mir richtiggehend Angst gemacht. Jawohl.« Er zog
sie eng an seine Brust. »Vor lauter Sorge um dich habe ich die ganze Nacht kein Auge zugemacht — außerdem hatte ich Angst, du würdest mir nicht verzeihen und mir keine Brötchen mehr backen. Fürchterlich.«
Wie er gehofft hatte, schüttelte sie lachend den Kopf und küßte seinen Hals. »Eigentlich war ich auf Rory und meine Mutter wütend, Murphy, nicht auf dich. Ich weiß, du hast dich so verhalten, weil du mich schützen wolltest. Genau wie Maggie.« Brianna legte den Kopf an seine Schulter und schloß die Augen. »Aber meine Mutter, Murphy, wie war sie nur zu so etwas fähig?«
»Ich kann es nicht sagen, Brie.«
»Du willst es nicht sagen‹, murmelte sie, legte den Kopf in den Nacken und sah ihn an. So ein hübscher Kerl, dachte sie, und eine Seele von Mensch. Es war nicht richtig von ihr, ihn dazu zu zwingen, daß er ein Urteil
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