Tödlich ist die Nacht
Schulter. »Nur so.«
Er drehte sich weg, damit sie nicht weiter in ihn dringen konnte. Scheinwerfer leuchteten auf, als ein Wagen auf sie zukam.
Tyler wirbelte auf seinem Sitz herum, griff nach dem Walkie-Talkie, drückte die Ruftaste.
»Scout an Leader, Scout an Leader! Feind im Anmarsch!«
Wenn es etwas gab, das Parker nicht leiden konnte, dann waren es Überraschungen, es sei denn, sie kamen von ihm selbst. Davis hatte sich Unterstützung mitgebracht, was zum Teufel sollte das nun wieder? Er brauchte ja wohl kaum Hilfe, um sich ein paar Negative von einem Jungen zurückzuholen, und er hatte todsicher auch nicht die Absicht, dafür zu zahlen.
Er drückte den Knopf an seinem Mikrofon. »Verstanden. Wir kriegen Besuch.«
Der Countdown lief.
»Sie sind wirklich ein Stück Scheiße«, sagte Jace.
Davis zeigte keine Reaktion. »Ja, das sagen mir die Leute dauernd.« Er machte Anstalten, in seine Manteltasche zu greifen. »Ich will mir nur eine Zigarette holen.«
»Lassen Sie Ihre Hände da, wo ich sie sehen kann«, befahl Jace.
Davis gab einen tiefen Seufzer von sich. »Amateure.«
»Ja«, sagte Jace. »Amateure machen Fehler. Sie werden nervös. Drücken aus Versehen den Abzug, auch wenn sie es gar nicht vorhatten.«
Auf Davis' breitem Gesicht erschien erneut dieses fiese Grinsen. »Du bist so scharf darauf, mich umzubringen, dass du es kaum noch aushältst. Du könntest in meiner Branche eine Zukunft haben.«
Jace erwiderte nichts darauf. Der Mistkerl versuchte ihn zu provozieren, abzulenken. Allmählich taten ihm die Arme weh davon, die ganze Zeit die Pistole in Anschlag zu halten. Wo zum Teufel blieb der Typ mit dem Geld?
In der Nähe leuchteten Scheinwerfer auf. Er hätte beinahe den Fehler begangen, den Kopf zu drehen.
Die Luft um sie herum schien sich plötzlich in eine feste Masse verwandelt zu haben. Er konnte kaum noch atmen. Das einzige Geräusch, das zu hören war, war das Schnarchen des schwarzen Kerls auf der Parkbank.
»Da kommt das Geld, du Held«, sagte Davis.
Parker wartete darauf, dass der neue Mitspieler erschien. Nach Tylers Warnung reagierten seine Sinne fast überempfindlich auf jeden Reiz. Die Geräusche schienen lauter zu werden. Die kühle Nachtluft, die über seine Haut strich, war ihm zu viel. Er nahm seinen Atem stärker wahr, seinen Herzschlag, der immer schneller wurde.
Er tippte auf Phillip Crowne.
Die Tochter, Caroline, mochte zwar ein Motiv haben, aber er konnte sich nicht vorstellen, dass ein Mädchen in ihrem Alter so etwas fertig brachte – die Mutter umbringen lassen, dem Liebhaber die Schuld in die Schuhe schieben und das in aller Stille. Nein. Verliebte junge Frauen sehnten sich nach Leidenschaft und großem Drama und stellten beides gerne öffentlich zur Schau.
Außerdem hätte Rob Cole nicht den Sündenbock für sie gespielt. Männer wie Cole übernahmen nicht einmal die Verantwortung für ihre eigenen Handlungen, geschweige denn für die eines anderen. Wenn Rob Cole geglaubt hätte, dass Caroline Tricia umgebracht hatte, hätte er das in alle Welt posaunt.
Nein, der Bruder musste der Schuldige sein, dachte Parker. Andi Kelly hatte ihm erzählt, dass Phillip Crowne mit seiner Schwester am Abend vor ihrem Tod in einem Restaurant gesehen worden war. Sie hatten ein ernstes Gespräch geführt. Phillip behauptete, Tricia hätte davon gesprochen, sich von Cole scheiden zu lassen, aber genauso hätte es gut darum gehen können, dass Tricia ihren Bruder wegen irgendwelcher Unterschlagungen auffliegen lassen wollte.
Niemand hatte jemals beweisen können, dass Phillip tatsächlich Geld aus der Stiftung für sich abgezweigt hatte – aber andererseits war auch jeder damit beschäftigt gewesen, Rob Cole den Mord anzuhängen. Ein Skandal in der Welt der Reichen und Berühmten war so viel interessanter als eine gewöhnliche Unterschlagung. An Phillip Crowne war nichts, was sexy oder aufregend gewesen wäre, während die Hetzjagd auf Rob Cole alle Merkmale aufwies, die Amerikas bevorzugte Freizeitbeschäftigung ausmachten: das Idol vom Sockel stoßen.
Abgesehen davon hatte Rob Cole Motiv, Mittel und Gelegenheit. Er hatte sich zur Tatzeit am Schauplatz des Verbrechens aufgehalten. Er hatte kein nachprüfbares Alibi. Parker hätte darauf gewettet, dass die vom Raub- und Morddezernat an Phillip Crowne kaum mehr als einen flüchtigen Blick verschwendet hatten, wenn überhaupt. Und es hatte ihm auch nicht geschadet, dass er der Sohn eines der einflussreichsten Männer in
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