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Tödlich ist die Nacht

Tödlich ist die Nacht

Titel: Tödlich ist die Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T Hoag
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starrte.
    »Vielleicht Sie«, sagte der Kassierer.
    Jace sah ihn an, und er hatte ein merkwürdiges Déjà vu. Vielleicht war er ermordet worden? Vielleicht war er tot. Vielleicht war er nicht davongekommen. Vielleicht hatte ihn die Kugel des Jägers erwischt und die surreale Situation, in der er sich gerade befand, war das Leben nach dem Tod. Vielleicht war dieser Typ der Torwächter.
    »Vielleicht sind Sie der Mörder«, sagte der Kassierer und lachte gleich darauf, als ob er nicht drei Minuten zuvor noch angenommen hätte, dass Jace ihn ausrauben wollte.
    »Wer ist ermordet worden?«, fragte Jace noch einmal. Das Zittern, das er zum Teil auf den Hunger geschoben hatte, nahm zu, aber seinen leeren Magen hatte er inzwischen völlig vergessen.
    »Sie nennen keine Namen, nur Codes«, sagte der Kassierer. »Codes und die Adresse.«
    Er wiederholte die Adresse. Jace bewegte den Mund dazu wie die Puppe eines Bauchredners, sprach die Wörter und Zahlen mit, ohne dass ein Laut über seine Lippen kam.
    Die Adresse von Lenny Lowell. In Lennys Büro war niemand, den man hätte umbringen können, außer Lenny.
    Jace fragte sich, ob der Anwalt ermordet worden war, bevor oder nachdem der Jäger versucht hatte, ihn auf der Straße zur Strecke zu bringen. Beides wäre möglich, dachte er, falls der Killer tatsächlich hinter dem Päckchen her war, das in Jaces Hosenbund steckte. Oder vielleicht hatte Lenny den Jäger umgepustet. Das könnte auch sein. Wenn man einmal davon absah, dass der Anwalt zu betrunken gewesen war, um geradeaus gehen zu können, geschweige denn, dass er in der Lage gewesen wäre, eine Waffe abzufeuern und jemanden zu treffen.
    Ein Streifenwagen kroch die Straße entlang und bog in die Tankstelle ein. Jace kämpfte gegen den Drang wegzulaufen. Seine Hände zitterten, als er sein mageres Abendessen aus dem Schiebefach nahm. Er stopfte den Schokoriegel in seine Tasche, riss die Dose auf und trank sie in einem Zug halb leer.
    Die Cops blieben in etwa drei Meter Entfernung stehen. Der auf dem Beifahrersitz öffnete die Tür und stieg aus. Ein stämmiger Kerl mit einem runden Gesicht in einem langen Regenmantel.
    »Hallo, Habib«, rief er mit einer Stimme, die für dieses Wetter viel zu munter klang. »Das ist eine Nacht, was?«
    »Jimmy Chew!«, rief Habib, und ein Grinsen breitete sich über sein Gesicht. Einer seiner oberen Vorderzähne war grau verfärbt und mit Gold eingefasst. »Was für ein Regen! Ich hätte es mir sparen können, aus London wegzugehen!«
    Der Cop lachte. »Es schüttet wie aus Kübeln! Man möchte es nicht glauben!
    »Dasselbe wie immer, Habib«, fuhr er fort. Er holte von irgendwo unter seinem Regenmantel eine Geldbörse hervor, senkte den Kopf und zog ein paar Scheine heraus, während ihm das Wasser in Strömen über die Mütze lief. Er warf Jace einen kurzen Blick zu. »Was für eine Nacht«, wiederholte er.
    »Ja«, sagte Jace. »Verdammter Regen.«
    »Hast du eine Panne, Junge?«
    »So was Ähnliches.« Jace hob erneut die Dose an den Mund und versuchte, lässig zu wirken, aber seine Hand zitterte, und er wusste, dass es dem Cop nicht entging.
    »Was ist denn mit deinem Gesicht passiert?«
    »Wieso, was ist damit?«
    Chew deutete auf sein Kinn. »Die Rasierklinge muss ziemlich stumpf gewesen sein.«
    Jace fasste sich ans Gesicht und zuckte zusammen, als er die Stelle an seinem Kinn berührte, die er sich bei dem Sturz aufgeschürft hatte, als er um sein Leben gerannt war. Die Haut an den Knöcheln an seiner Hand war ebenfalls aufgerissen.
    »Ich bin hingefallen«, sagte er.
    »Wobei denn?«
    »Nichts Besonderes, ich hab bloß was erledigt.«
    »Hast du einen Platz, wo du schlafen kannst, Junge? Bei Father Mike in der Midnight Mission kriegst du was Warmes zu essen und ein trockenes Bett.«
    Der Cop hielt ihn für einen Obdachlosen, für einen Jungen, der nirgendwohin gehörte. Wahrscheinlich dachte er, dass Jace entweder auf den Strich ging oder Drogen verkaufte, um zu überleben, und dass irgendein mieser Zuhälter oder Dealer ihn verprügelt hatte. Jace vermutete, dass er genau danach aussah, wie er so da stand, durchnässt und mit zerrissenen Klamotten und ziemlich erbärmlich.
    »Es geht mir gut.«
    »Hast du einen Namen?«
    »John Jameson.« Die Lüge kam ohne Zögern über seine Lippen.
    »Hast du einen Ausweis?«
    »Nicht dabei. Wollen Sie meinen Ausweis kontrollieren, weil ich was Nichtalkoholisches zu trinken gekauft habe?«
    »Wie alt bist du?«
    »Einundzwanzig.«
    Er

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