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Tödlich ist die Nacht

Tödlich ist die Nacht

Titel: Tödlich ist die Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T Hoag
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»Vor langer Zeit habe ich mal einen Kev Parker gekannt.«
    »Damals, als ich noch für Schlagzeilen gut war«, bemerkte Parker trocken. »Jetzt rufst du mich überhaupt nicht mehr an oder schreibst mir. Ich fühle mich so benutzt.«
    »Du hast deine Telefonnummer geändert, und ich weiß nicht, wo du wohnst. Ich dachte, du lebst inzwischen vielleicht in einer dieser Hippie-Kommunen in Idaho. Was ist passiert? Hat es ihnen nicht gepasst, dass du rauchst, trinkst und ein arroganter Frauenheld bist?«
    »Ich habe Buße getan, meinem lästerlichen Lebenswandel entsagt und bin ins Kloster eingetreten.«
    »Erzähl keinen Unsinn. Der coole Kev Parker? Als Nächstes wirst du mir weismachen wollen, dass du seit neuestem Yoga machst.«
    »Tai-Chi.«
    »Auch das noch! Wo sind nur all die Ikonen abgeblieben?«
    »Diese hier ist schon vor längerer Zeit von ihrem Sockel gestürzt worden.«
    »Ja«, erwiderte Kelly ernst. »Hab davon in der Zeitung gelesen.«
    Es ging doch nichts über eine öffentliche Brandmarkung, um Freunde zu gewinnen und Leute zu beeinflussen. Parker, der großspurige, arrogante Spitzenmann vom Raub- und Morddezernat, war von einem ebenso großspurigen, arroganten Strafverteidiger in einem publicityträchtigen Mordprozess zum Prügelknaben gemacht worden.
    Die Beweisführung der Anklage war gut, nicht wasserdicht, aber solide. Sie hatten Massen von Indizienbeweisen gegen den aus einem reichen, konservativen Elternhaus stammenden Medizinstudenten zusammengetragen, der wegen des brutalen Mordes an einer Kommilitonin unter Anklage stand.
    Parker war einer der Detectives gewesen, die man zum Tatort geschickt hatte, stellvertretender Leiter der Ermittlung. Er stand in dem Ruf, eine große Klappe zu haben, sich stets am Rand der Legalität zu bewegen und das Rampenlicht zu suchen, aber er war ein verdammt guter Detective. Daran hielt er sich während des Gerichtsverfahrens fest, als das exklusive Verteidigerteam seinen Charakter in aller Öffentlichkeit mit Halbwahrheiten, unbedeutenden Fakten und eindeutigen Lügen zerpflückte. Sie hatten seine Integrität in Zweifel gezogen, ihn beschuldigt, Beweise zu fälschen. Sie konnten nichts davon beweisen, aber das brauchten sie auch gar nicht. Die Leute nahmen immer gerne das Schlimmste an.
    Anthony Giradello, der Staatsanwalt, der mit diesem Fall den Grundstein für eine ruhmreiche Karriere legen wollte, sah, dass Parker ihn mit in die Tiefe zu reißen drohte, und hatte getan, was jeder Staatsanwalt in einem solchen Fall tun würde, mochte es auch grausam sein: Er griff nach seinem eigenen Prügel und schlug kräftig mit zu.
    Giradello hatte sich nach Kräften bemüht, Parker möglichst wenig in Erscheinung treten zu lassen und seine Rolle bei den Ermittlungen herunterzuspielen. Klar, Parker war ein Arschloch, aber er war ein völlig unbedeutendes Arschloch, das im Grunde gar nichts zu den Ermittlungen beigetragen hatte, er hatte auch kaum Beweise gesammelt oder gesichert. Die liberale Presse von Los Angeles hatte nur zu gern mit den Wölfen geheult, wie immer glücklich, wenn sie einen Cop, der seine Arbeit machte, in der Luft zerreißen konnte.
    Andi Kelly war die Einzige gewesen, die nicht in den Chor mit eingestimmt hatte, als sie darauf hinwies, dass die Verteidigung die altbekannte, aber nichtsdestoweniger immer wieder funktionierende Strategie »Wenn sonst nichts geht, schieb's einem Cop in die Schuhe« anwandte. Ein reines Täuschungsmanöver, um die Aufmerksamkeit von der drückenden Beweislast abzulenken und Zweifel in den Köpfen der Geschworenen zu säen. Alles, was die Verteidigung machen musste, war, einen Geschworenen davon zu überzeugen, dass Parker ein Schurke war, dass er ohne jeden Skrupel Beweise fälschte, dass er gegen den Angeklagten irgendein Vorurteil wegen seiner Rasse oder seines sozialen Status hegte. Nur ein Geschworener, und die Jury würde zu keinem Urteil kommen.
    Sie schafften es, alle zwölf zu überzeugen. Der Mörder wurde freigesprochen.
    Die politischen Folgen waren höchst unangenehm gewesen. Die Staatsanwaltschaft hatte Druck ausgeübt, dass Parker gefeuert wurde, um die Medien davon abzulenken, dass sie einen Prozess verloren hatte und ein Mörder auf freiem Fuß war. Der Polizeichef, der den Bezirksstaatsanwalt nicht leiden konnte und Angst vor der Polizeigewerkschaft hatte, hatte sich geweigert, Parker zu entlassen, auch wenn alle anderen hohen Tiere im Department das wollten. Man stellte ihn als ein Problem dar, ein

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