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Tödlich ist die Nacht

Tödlich ist die Nacht

Titel: Tödlich ist die Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T Hoag
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sie.
    Der Manager, der Postfach 501 an Allison Jennings vermietet hatte, hatte eine Kopie ihres Führerscheins gemacht und sie vorschriftsgemäß an den Mietvertrag geheftet. Der Führerschein war in Massachusetts ausgestellt worden. Von dem Foto war auf der Kopie nicht mehr als ein schwarzer Fleck zu erkennen. Parker bat die Managerin, beide Blätter zu kopieren, und er und Ruiz gingen wieder hinaus auf die Straße, wo sie in einer Ladezone geparkt hatten.
    Als sie ins Auto stiegen, warf Parker einen Blick auf den Laden der Wahrsagerin. Eine Neonschrift verkündete: »Madame Natalia, Hollywoods weltberühmte Hellseherin«. Sie akzeptierte Visa-und Master-Karten.
    »Möchten Sie reingehen?«, fragte Ruiz. »Vielleicht kann sie Ihnen ja Ihre Zukunft vorhersagen.«
    »Wer geht eigentlich zu einer Wahrsagerin, die in einem solchen Loch haust? Wenn Madame Natalia die Zukunft voraussagen kann, warum hat sie dann noch nicht in der Lotterie gewonnen?«
    »Vielleicht ist das nicht ihr Schicksal.«
    Parker legte den Gang ein und fuhr los. Es lag ihm schon auf der Zunge zu sagen, dass die Menschen ihr Schicksal selbst in der Hand hätten, aber das würde wiederum ihn in keinem günstigen Licht erscheinen lassen, daher sagte er lieber nichts. Er wusste, dass er sich im Raub- und Morddezernat selbst ein Bein gestellt hatte, weil er zu großspurig und zu vorlaut gewesen war und sich ständig in den Vordergrund gedrängt hatte. Und es war seine eigene Entscheidung gewesen zu bleiben, wo er war, auf einem Nebengleis, das ins Nichts führte. Genauso war es seine Entscheidung, dass er sich noch einmal beweisen wollte, dass er letztlich den Sieg davontragen würde. Aber nach dem, was Ruiz gesagt hatte, war das vielleicht nicht sein Schicksal.
    Ruiz ließ Allison Jennings überprüfen. Alles war möglich, vielleicht stellte sich ja heraus, dass sie polizeilich gesucht wurde.
    Die Adresse, die die Frau auf dem Mietvertrag von Box- 4 -U angegeben hatte, gehörte zu einem der verrufenen Straßenzüge von Downtown, die inklusive ihrer Bewohner seit Jahrzehnten völlig vernachlässigt worden waren. Obdachlose trieben sich hier herum, wühlten in Abfalleimern, schliefen in Hauseingängen. Gegenüber von Allison Jennings' Zuhause, einem roten Backsteinbau, marschierte ein Verrückter in einem ehemals weißen Anorak den Bürgersteig auf und ab und beschimpfte laut krakeelend die Bauarbeiter, die an einem der Häuser zugange waren.
    Das Haus war entkernt worden und wurde nun für die neueste Invasion junger, hipper Leute umgebaut. Das Werbeschild des Bauunternehmens versprach Ein-, Zwei- oder Dreizimmer-Luxusapartments im neuen angesagten Szeneviertel von L.A. Auf der kunstvollen Darstellung des Gebäudes in seinem fertigen Zustand war nichts von dem herumpöbelnden jungen Obdachlosen zu sehen.
    »Spinnen die?«, fragte Ruiz. »Kein Mensch, der bei Sinnen ist, würde hierher ziehen. Hier gibt es nichts als Dealer und obdachlose Irre.«
    »Bis das erste Starbucks seine Pforten öffnet«, sagte Parker. »Und dann ist es vorbei mit dem schönen Leben. Wenn sich hier erst einmal die Yuppies niederlassen, werden die Preise für Drogen in den Himmel schießen. Der Durchschnittskiffer wird sich das Leben in seinem angestammten Viertel nicht mehr leisten
    können. Es ist eine soziale Tragödie.«
    »Glauben Sie, dass die Frau hier noch wohnt?«
    Parker zuckte die Achseln. »Wer weiß? Sie hat dieses Formular vor zehn Jahren ausgefüllt. Sie könnte mittlerweile gestorben sein, wir wissen es nicht. Vielleicht hat dieser Damon das Postfach von ihr übernommen oder es ihr abgekauft. Er muss hier jedenfalls irgendwo in der Nähe wohnen, wenn er es noch benutzt.«
    »Irgendwo« war ein ziemlich großes Gebiet. Der Zuständigkeitsbereich des Central Bureau umfasste zwölf Quadratkilometer von Downtown, zu denen Chinatown, Little Tokyo, der Finanzdistrikt, die Shoppingmeilen mit den Schmuck- und Modeläden und das Kongresszentrum gehörten. Ein großes Gebiet, in dem viele Leute lebten.
    Parker bog auf den Parkplatz des Reviers ein und wandte sich an seine Partnerin. »Als Erstes bringen Sie Damons Bewerbungsformular ins Labor. Vielleicht finden die ja einen Fingerabdruck, der mit einem von denen auf der Mordwaffe übereinstimmt. Im Anschluss daran rufen Sie in Massachusetts an. Als Nächstes suchen Sie nach sämtlichen Allison Jennings, die in der Stadt leben. Dann klemmen Sie sich hinter den Computer und überprüfen, ob es in den letzten beiden Jahren in

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