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Tödlich ist die Nacht

Tödlich ist die Nacht

Titel: Tödlich ist die Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T Hoag
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nötigen Formulare ausgefüllt hat. Die sagen, was will diese Chinesin mit einem mutterlosen kleinen weißen Jungen, der in keiner ihrer Akten auftaucht.«
    »Du übertreibst…«
    »Nein«, sagte Jace wütend. »Ich übertreibe nicht. Sie werden ihn zu Leuten geben, die solche Kinder nur wegen des Geldes nehmen, und sie werden niemandem sagen, wo er ist. Sie könnten ihn aus den Augen verlieren – das ist alles schon passiert. Soweit ich weiß, könnten Sie sogar Schwierigkeiten bekommen, weil er hier wohnt! Sie könnten eine Geldstrafe zahlen müssen oder wegen irgendetwas angeklagt werden. Und dann?«
    »Lass mich mit meinem Anwalt sprechen.«
    Jace schüttelte heftig den Kopf. Er hatte mehr Angst, Tyler zu verlieren, als er davor gehabt hatte, in Abby Lowells Badezimmer ermordet zu werden.
    »Ich kann dieses Risiko nicht eingehen«, wiederholte er, »und werde es nicht. Ich möchte, dass er in Sicherheit ist. Ich ließe ihn lieber hier bei Ihnen, bei Ihnen wäre er sicherer. Aber wenn es sein muss, nehme ich ihn mit. Ich nehme ihn, und wir verschwinden einfach. Jetzt. Heute Nacht.«
    »Hör auf, solchen Unsinn zu reden!«, fuhr ihn Madame Chen an. »Du kannst ihn nicht mitnehmen. Du darfst nicht gehen!«
    »Ich kann aber auch nicht bleiben!«, gab Jace ebenso aufgebracht zurück. Seine Stimme bebte, er versuchte, sich zusammenzureißen, senkte die Stimme, versuchte, vernünftig zu klingen. »Ich kann nicht hier bleiben. Ich kann erst zurückkommen, wenn das alles vorbei ist. Ich möchte Sie nicht in Gefahr bringen, Madame Chen, oder Ihren Schwiegervater. Ich möchte Tyler nicht in Gefahr bringen, aber ich kann ihn nicht hier lassen, wenn ich Angst haben muss, dass er nicht mehr da ist, wenn ich zurückkomme.«
    Beide schwiegen einen Moment. Jace wagte es nicht, die Frau anzusehen, die so freundlich zu ihnen gewesen war, die sie beide aufgenommen, ihnen ein Heim gegeben hatte und Tyler wie ein Familienmitglied behandelte. Ihn selbst wie ein Familienmitglied behandelte. Er wünschte, er hätte ihr nichts von alledem gesagt. Er hätte auf sein Gefühl hören und einfach mitten in der Nacht seinen Bruder aus dem Bett holen und mit ihm verschwinden sollen.
    Oh Gott, was sollte er nur machen? Was er auch tat, es war falsch.
    Wenn er zur Polizei ging und sie ihn in Untersuchungshaft nahmen, würden garantiert die Zeitungen darüber berichten. Die Reporter würden anfangen nachzuforschen. Wenn sie Tyler und die Chens fanden, konnte auch der Jäger Tyler und die Chens finden.
    Wenn er die Negative loswurde oder sie auf irgendeinem Weg zurückbrachte oder Abby Lowell übergab, nutzte das auch nichts, denn er hatte sie gesehen. Er hatte niemanden darauf erkannt, aber er hatte sie gesehen, und der Jäger würde nicht das Risiko eingehen, auf dem elektrischen Stuhl zu landen, nur weil er einen potenziellen Zeugen laufen ließ.
    »Es tut mir so Leid, dass ich Sie mit in diese Sache hineingezogen habe«, sagte er leise und verspürte dabei einen Schmerz, der nichts mit den Schlägen zu tun hatte, die er bezogen hatte.
    »Ich wünschte, ich hätte Ihnen nichts davon erzählt, aber ich weiß nicht, wie das zu vermeiden gewesen wäre. Wenn jemand hierher kommt und nach mir sucht… Wenn die Polizei kommt… Sie verdienen es einfach zu wissen, warum. Das schulde ich Ihnen. Ich schulde Ihnen mehr als…«
    Sie hörten ein kurzes Klopfen, und dann ging auch schon die Tür auf, und Chi steckte seinen Kopf ins Büro. Er sah Jace an.
    »Was ist denn mit dir passiert?«, fragte er schroff.
    Jace blickte ihn unter halb gesenkten Lidern an. Er fragte sich, wie lange Chi bereits vor der Tür gestanden hatte. »Ich bin gefallen«, sagte er.
    »Du hast nicht etwa das Auto meiner Tante zu Schrott gefahren? Es war so lange weg, dass ich dachte, es sei gestohlen worden. Ich wollte schon die Polizei rufen.«
    Jace gab keine Antwort. Er mochte Chi nicht und traute ihm nicht über den Weg. Die Sorge um seine Tante war reine Schau. Chi hatte letztlich nur das im Sinn, was das Beste für Chi war, und hatte die feste Absicht, einmal das Geschäft zu übernehmen.
    Chi sah seine Tante an und sagte etwas auf Chinesisch zu ihr.
    Ihre Miene war unbewegt, kerzengerade saß sie da. »Wenn du etwas sagen willst, Chi, dann sprich bitte Englisch. So viel Respekt solltest du aufbringen, dich in meiner Gegenwart nicht unhöflich zu verhalten.«
    Chis dunkle Augen wurden kalt wie Stein, als er Jace anblickte. Er entschuldigte sich nicht. »Ich habe mich gefragt,

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