Tödliche Absicht
wollen Sie seinen Vorschlag in die Tat umsetzen. Und ich frage mich noch immer, warum.«
»Weil ich jetzt darüber zu entscheiden habe. Und weil ich unter starkem Erfolgsdruck stehe.«
Er schwieg.
»Wären Sie unter Umständen dazu bereit?«, fragte sie.
»Ich weiß nicht viel über Armstrong. Hab früher kaum was über ihn gehört.«
»So ist’s allen ergangen«, bestätigte Froelich. »Er war ein Überraschungskandidat. Juniorsenator aus North Dakota, Familienvater, mit Ehefrau und erwachsener Tochter, kümmert sich in Ferngesprächen um seine kranke alte Mutter, hat die Nation nie auf sich aufmerksam gemacht. Aber für einen Politiker ist er in Ordnung. Besser als die meisten. Mir gefällt er bisher sehr gut.«
Reacher nickte. Sagte nichts.
»Wir würden Sie natürlich bezahlen«, fuhr Froelich fort. »Das wäre kein Problem. Sie wissen schon, ein professionelles Honorar, solange es im Rahmen bleibt.«
»Geld interessiert mich nicht besonders«, entgegnete Reacher. »Und ich brauche keinen Job.«
»Sie könnten sich freiwillig zur Verfügung stellen.«
»Ich war Soldat. Soldaten melden sich nie freiwillig für irgendwas.«
»Joe hat Sie anders geschildert. Er meinte, Sie hätten schon alles Mögliche gemacht.«
»Ich bin nicht gern angestellt.«
»Nun, wenn Sie kein Geld annehmen wollen, hätten wir sicher nichts dagegen.«
Er überlegte. »Wollte jemand diese Sache richtig aufziehen, würden vermutlich Spesen anfallen.«
»Die ersetzen wir, versteht sich. Was dieser jemand auch braucht. Alles offiziell und gegen Quittung, hinterher.«
Er betrachtete die Tischplatte. »Was sollte dieser jemand genau tun?«
»Ich will Sie, nicht irgendeinen Jemand. Sie sollen nur die Rolle eines Attentäters spielen. Unsere Sicherheitsvorkehrungen von außen begutachten. Etwaige Lücken aufspüren. Mir mit Datum, Ort und Uhrzeit beweisen, wo der Vizepräsident verwundbar war. Wenn Sie wollen, könnte ich Ihnen schon einige seiner Termine für kommende Woche geben.«
»Bieten Sie die allen Attentätern an? Wenn Sie beabsichtigen, diese Sache wirklich durchzuziehen, sollte sie realistisch ablaufen, finden Sie nicht auch?«
»Okay«, sagte sie.
»Denken Sie noch immer, dass niemand an ihn herankönnte?«
Sie überlegte sich ihre Antwort sorgfältig. »Bei Abwägung aller Gegebenheiten, ja. Wir geben uns größte Mühe. Ich denke, dass wir alles im Griff haben.«
»Sie glauben also, dass Joe damals Unrecht hatte?«
Froelich gab keine Antwort.
»Warum haben Joe und Sie sich getrennt?«, fragte er.
Sie wich seinem Blick aus, dann schüttelte sie den Kopf. »Das ist Privatsache.«
»Wie alt sind Sie?«
»Fünfunddreißig.«
»Vor acht Jahren waren Sie also siebenundzwanzig.«
Sie lächelte. »Joe war fast sechsunddreißig. Ein älterer Mann. Ich habe seinen Geburtstag mit ihm gefeiert. Und seinen siebenunddreißigsten.«
Reacher rückte etwas von ihr ab und betrachtete sie nochmals. Joe hatte einen guten Geschmack, dachte er. Aus der Nähe sah sie gut aus. Roch gut. Makelloser Teint, schöne Augen, lange Wimpern. Hübsche Wangenpartie, eine kleine gerade Nase. Sie war attraktiv, kein Zweifel. Er fragte sich, wie es wäre, sie in den Armen zu halten, sie zu küssen. Mit ihr ins Bett zu gehen. Er stellte sich vor, wie Joe dieselben Gedanken durch den Kopf gegangen waren, als sie zum ersten Mal in seiner Abteilung aufkreuzte. Und er hatte es irgendwann herausbekommen. Gut gemacht, Joe.
»Ich hab vergessen, ihm eine Glückwunschkarte zu schicken«, sagte er. »Beide Male.«
»Ich glaube nicht, dass ihn das gestört hat.«
»Wir haben uns nicht sehr nahe gestanden«, erklärte Reacher. »Ich weiß eigentlich nicht, weshalb.«
»Er hatte Sie gern«, sagte sie. »Das merkte man ihm an. Er hat gelegentlich über Sie gesprochen. Ich denke, er war auf seine Weise ziemlich stolz auf Sie.«
Reacher wusste nichts darauf zu sagen.
»Helfen Sie mir also?«, fragte sie.
»Wie war er? Als Boss, meine ich.«
»Klasse. Beruflich war er ein Superstar.«
»Und als Liebhaber?«
»Auch ziemlich gut.«
Eine längere Pause.
»Wo sind Sie gewesen, seit Sie aus der Army ausgeschieden sind?«, fragte Froelich. »Sie haben keine wesentlichen Spuren hinterlassen.«
»Das war der Plan«, sagte Reacher. »Ich bleibe lieber für mich.«
Fragen in ihrem Blick.
»Keine Sorge«, fügte er hinzu. »Ich bin nicht radioaktiv.«
»Das weiß ich, weil ich’s überprüft habe«, sagte sie. »Aber seit ich Sie jetzt kenne, bin ich
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