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Tödliche Absicht

Tödliche Absicht

Titel: Tödliche Absicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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Zimmer.
    »Klasse«, meinte Reacher.
    »Fahr ein bisschen herum«, bat Neagley. »Damit wir ein Gefühl für den Ort bekommen.«
    Der Buchstabe K bietet nur vier Erkundungsmöglichkeiten, und die von Norden nach Grace hineinführende Straße kannten sie schon. Reacher stieß bis zur Brücke zurück und fuhr dem Fluss folgend nach Nordosten weiter. Die Straße führte an acht Häusern vorbei – auf beiden Seiten je vier – und verengte sich nach einer weiteren halben Meile zu einer holperigen, steinigen Fahrspur. Sie verlief zwischen Stacheldrahtzäunen, die im hohen Gras fast unsichtbar waren.
    »Ranchland«, sagte Neagley.
    Die Ranches selbst lagen offenbar einige Meilen entfernt. Die Fahrspur war immer wieder einmal zu erkennen, während sie über sanft welliges Gelände in der Ferne verlief. Reacher wendete, fuhr nach Grace zurück und bog auf den kurzen Südostschenkel ab. Dort standen mehr Häuser, zwischen denen die Abstände kleiner waren, aber ansonsten glich die Straße der von vorher. Sie verengte sich nach einiger Entfernung und führte in scheinbar unbewohnte Ferne. Hier gab es wieder Stacheldrahtzäune und einen torlosen Holzschuppen, in dem ein von Gras und Unkraut umwucherter rostiger Pick-up stand.
    »Okay, fahr nach Süden«, forderte Neagley ihn auf. »Wir wollen uns die Kirche ansehen.«
    Der Südschenkel führte siebzig Meilen weit nach Douglas, und sie fuhren die ersten drei davon. Die zwischen geteerten Holzmasten gespannten Strom- und Telefonleitungen der Kleinstadt kamen aus dieser Richtung. Die Straße führte an Kirche und Friedhof vorbei, an den Gebäuden aus Zedernholz, an einigen leeren Ställen sowie an zwanzig bis dreißig kleinen Häusern, und dann war die Kleinstadt zu Ende, und vor ihnen erstreckte sich nur noch endloses Grasland. Aber es war nicht flach. Das Gelände zog sich mit Höhenunterschieden von zwei bis drei Metern in sanften Wellen dahin, die einer leichten Meeresdünung glichen. Das vertrocknete Gras in den Senken stand einen Meter hoch.
    »Da drinnen könnte man eine ganze Kompanie verstecken«, bemerkte Neagley.
    Reacher wendete, fuhr in Richtung Kirche zurück und parkte am Friedhof. Die Kirche selbst sah der von Bismarck sehr ähnlich. Sie besaß das gleiche Steildach über dem Kirchenschiff und den gleichen quadratischen Turm mit einer Uhr, einer Wetterfahne, einer Flagge und einem Blitzableiter. Er war ebenfalls weiß gestrichen, aber sein Weiß leuchtete weniger. Reacher sah am westlichen Horizont, wie sich über den fernen Bergen graue Wolken auftürmten.
    »Es wird schneien«, stellte er fest.
    »Von hier aus können wir nichts sehen«, sagte Neagley.
    Sie hatte Recht. Die Kirche stand genau in der Mitte der weiten Senke. Ihr Fundament lag vermutlich tiefer als bei anderen Gebäuden der Stadt. Die Straße nach Norden war ungefähr vierhundert Meter weit sichtbar. Dasselbe galt auch für die Straße nach Süden. Beide Teilstücke führten über leichte Erhebungen und verschwanden dahinter.
    »Sie könnten praktisch da sein, bevor wir auch nur daran denken«, sagte Neagley. »Wir müssen sie kommen sehen.«
    Reacher nickte. Sie stiegen aus und gingen auf die Kirche zu. Der Rasen unter ihren Füßen war verdorrt, die Luft winterlich kalt. Eine neue Grabstätte, mit Baumwollband markiert, lag westlich der Kirche am Ende einer Reihe verwitterter Grabsteine. Reacher machte einen Umweg, um sie sich anzusehen. Dort lagen vier Froelich-Gräber nebeneinander, bald würde ein fünftes Grab hinzukommen. Er betrachtete das markierte Rechteck und stellte sich das ausgehobene Grab vor.
    Dann wandte er den Blick ab und schaute sich um. Jenseits der Kirche, auf der Ostseite der Straße, lag eine freie unbebaute Fläche. Sie reichte als Hubschrauberlandeplatz aus. Er sah vor seinem geistigen Auge, wie der Hubschrauber mit knatternden Rotorblättern anschwebte, sich in der Luft drehte, damit die Kabinentür der Kirche zugewandt war, und dann aufsetzte. Wie Armstrong herauskletterte, die Straße überquerte, sich der Kirche näherte. Der Pastor würde ihn wahrscheinlich vor dem Kirchenportal begrüßen. Er ging ein Stück weiter und blieb dort stehen, wo Armstrong vermutlich stehen würde. Suchte das Gelände im Süden und Westen ab. Schlecht, ganz schlecht. Das Gelände stieg leicht an, und in ungefähr hundertfünfzig Metern Entfernung deuteten Schatten im Gras darauf hin, dass es im Boden darunter Risse und Spalten geben musste. Auch das Gelände dahinter war ähnlich

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