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Tödliche Absicht

Tödliche Absicht

Titel: Tödliche Absicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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Zusammensetzung des Toners. Aber das Modell lässt sich nicht feststellen, weil alle HP-Laserdrucker denselben Toner verwenden. Die Schrift ist Times New Roman von Microsoft Works 4.5 für Windows 95, zwanzig Punkte, fett.«
    »Das FBI kann die verwendete Software feststellen?«
    Froelich nickte. »Dort arbeitet ein Kerl, der darauf spezialisiert ist. Jede Programmversion verändert das Schriftbild kaum merklich. Programmierer lassen die Abstände zwischen den Wörtern gleich, basteln aber gern an den Buchstabenabständen herum. Sieht man sehr genau hin, kann man solche Veränderungen sozusagen ahnen, sie dann ausmessen und so das Programm identifizieren. Aber das hilft uns nicht weiter. In Amerika muss es noch unzählige PCs geben, die mit Works 4.5 laufen.«
    »Keine Fingerabdrücke, nehme ich an«, schlug Neagley vor.
    »Da fängt’s an, verrückt zu werden«, antwortete Froelich. Sie schob das Kaffeetablett etwas zur Seite und legte das Foto auf den Tisch. Deutete auf die Oberkante. »Hier am oberen Rand haben wir mikroskopische Spuren von Talkumpuder.« Dann zeigte sie auf eine Stelle drei Zentimeter tiefer. »Und hier zwei deutliche Talkumflecken, auf Vorder- und Rückseite je einer.«
    »Latexhandschuhe«, schlug Neagley vor.
    »Genau«, sagte Froelich. »Wegwerfhandschuhe wie in Arzt- oder Zahnarztpraxen. Sie werden in Boxen zu fünfzig oder hundert Paaren verkauft. Die Handschuhe sind innen mit Talkum bestäubt, damit sie sich leichter anziehen lassen. Aber auch in die Boxen gerät immer etwas Talkum, das dann außen an den Handschuhen haftet. Der Staub am oberen Rand ist eingebrannt, die beiden anderen Spuren jedoch nicht.«
    »Okay«, sagte Neagley. »Der Kerl zieht also seine Handschuhe an, öffnet eine neue Packung Laserpapier, fächert es etwas auseinander, damit es nicht zusammenklebt, wobei Talkumstaub von seinem darüber streifenden Daumen an die Oberkante gerät, legt es in den Drucker und druckt seine Botschaft, wobei er den Staub einbrennt.«
    »Weil Laserdrucker mit Wärme arbeiten«, fuhr Froelich fort. »Das Tonerpulver wird durch eine elektrostatische Ladung in Form des gewünschten Buchstabens aufs Papier gebracht und dort durch Erwärmung fixiert. Kurzzeitig um die hundert Grad Celsius, glaube ich.«
    Neagley beugte sich über das Foto. »Dann hebt er das Papier aus der Ablage, indem er es zwischen Daumen und Zeigefinger nimmt, und hinterlässt dabei die beiden anderen Spuren, die nicht eingebrannt sind, weil keine Erwärmung mehr stattfindet. Und wissen Sie was? Der Drucker steht irgendwo zu Hause, nicht in einem Büro.«
    »Wie kommen Sie darauf?«
    »Diese Abdrücke auf Vorder- und Rückseite bedeuten, dass das Papier senkrecht aus dem Drucker kommt. Wie Toast aus einem Toaster. Käme es liegend heraus, würden die Abdrücke anders aussehen. Vorn wäre ein großer Daumenabdruck drauf, aber der rückwärtige wäre kleiner und schwächer. Und die einzigen HP-Laserdrucker mit senkrechtem Papiereinzug sind die kleinen Modelle. Für den Privatgebrauch. Ich habe selbst einen. Für Büros viel zu langsam. Und eine Tonerkartusche reicht nur für zweieinhalbtausend Seiten. Ein reines Amateurgerät. Also hat dieser Kerl den Text und das Etikett bei sich zu Hause gedruckt.«
    Froelich nickte. »Das ist nur logisch, denke ich. Es würde ein bisschen seltsam wirken, in einem Büro vor den Augen von Kollegen mit Latexhandschuhen zu arbeiten.«
    Neagley lächelte, als mache sie Fortschritte. »Okay, er ist also zu Hause, nimmt das Blatt aus dem Drucker, steckt es sofort in den Umschlag und befeuchtet die Klappe mit Leitungswasser, solange er noch Handschuhe trägt. Daher hinterlässt er keine Fingerabdrücke.«
    Froelichs Gesichtsausdruck veränderte sich. »Nein, jetzt wird’s vollkommen verrückt.« Sie wies auf das Foto. Tippte mit dem Fingernagel auf eine Stelle, die einige Zentimeter unterhalb und leicht rechts der Mitte der Schriftzeile lag. »Was würde man hier erwarten, wenn dies zum Beispiel ein gewöhnlicher Brief wäre?«
    »Eine Unterschrift«, antwortete Reacher.
    »Genau«, bestätigte Froelich. Sie ließ ihren Fingernagel auf der Stelle. »Und was wir hier haben, ist ein Daumenabdruck. Ein großer, deutlicher, scharf definierter Daumenabdruck. Offenbar absichtlich hinterlassen. Klar gezeichnet, genau senkrecht, messerscharf. Viel zu groß, um von einer Frau zu stammen. Der Kerl hat seine Message mit einem Daumenabdruck signiert.«
    Reacher zog das Foto unter Froelichs Zeigefinger

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