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Tödliche Absicht

Tödliche Absicht

Titel: Tödliche Absicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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Möglichkeit«, sagte er. »Irgendein Typ wird neidisch und missgünstig, spielt Ihnen diesen Streich und hofft, dass Sie durchdrehen und wie eine Idiotin dastehen.«
    »Mein erster Gedanke«, wiederholte sie.
    »Irgendwelche Kandidaten, die sich aufdrängen?«
    Sie zuckte mit den Schultern. »Auf den ersten Blick keiner. Bei genauerem Hinsehen jeder. In meiner früheren Gehaltsklasse gibt’s Leute, die man übergangen hat, als ich befördert wurde. Jeder von ihnen hat Freunde, Verbündete und Anhänger in den Gehaltsklassen darunter. Wie Netzwerke innerhalb von Netzwerken. Könnte jeder gewesen sein.«
    »Intuition?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Ich kann keinen Favoriten benennen. Und unsere Fingerabdrücke sind alle gespeichert. Auch für uns gilt das als Einstellungsvoraussetzung. Und im Zeitraum zwischen Wahl und Amtseinführung sind wir durch die Bank sehr beschäftigt, haben noch mehr als sonst zu tun. Da hat niemand Zeit für ein Wochenende in Las Vegas.«
    »Brauchte kein Wochenende zu sein. Für Hin- und Rückflug reicht ein einziger Tag.«
    Froelich schwieg.
    »Was ist mit Disziplinproblemen?«, wollte Reacher wissen. »Missfällt jemandem die Art, wie Sie das Team führen? Haben Sie schon mal Zoff mit jemandem gehabt? Leistet jemand zu wenig?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Ich hab ein paar Dinge geändert. Mit ein paar Leuten gesprochen. Aber ich bin taktvoll vorgegangen. Und der Daumenabdruck passt ohnehin zu niemandem. Deshalb glaube ich an eine echte Bedrohung von außerhalb.«
    »Ich auch«, pflichtete Neagley ihr bei. »Aber es muss irgendeine Insiderbeteiligung geben, oder? Ich meine, wer könnte sonst durch Ihr Dienstgebäude marschieren und etwas auf dem Schreibtisch Ihres Chefs hinterlassen?«
    Froelich nickte. »Ich möchte, dass Sie mitkommen und sich das Gebäude ansehen«, sagte sie. »Tun Sie mir diesen Gefallen?«
    Sie fuhren die kurze Strecke im Suburban, Froelichs Dienstwagen. Reacher machte es sich hinten bequem, während Neagley vorn neben Froelich saß. Die Nachtluft war feucht vom Nebel und Nieselregen. Der Asphalt glänzte nass. Reacher erhaschte einen Blick auf den Zaun des Weißen Hauses und die Fassade des Treasury Buildings, bevor Froelich abbog und einer schmalen Zufahrt folgte, die zu einer Garageneinfahrt führte. Dort gab es eine steile Abfahrtsrampe und einen Wachmann in einem von grellem Neonlicht erhellten Glaskasten. Sie parkte den Suburban am Ende einer Reihe von sechs identischen Fahrzeugen. Hier und dort standen Lincoln Town Cars und dazwischen Cadillacs verschiedener Größen und Baujahre mit hässlich veränderten Fensterrahmen für neu eingebaute Panzerglasscheiben. Alle Fahrzeuge waren schwarz und auf Hochglanz poliert. Die gesamte Tiefgarage – Wände, Decken und Böden – war glänzend weiß gestrichen. Der Gesamteindruck erinnerte an ein Schwarzweißfoto. Der Ausgang lag hinter einer Tür, in die ein kleines Bullauge aus Drahtglas eingelassen war. Froelich führte sie hindurch und eine schmale Mahagonitreppe in einen kleinen Eingangsbereich im Erdgeschoss hinauf. Dort gab es marmorne Wandpfeiler und eine einzelne Aufzugtür.
    »Sie beide dürften eigentlich nicht hier herein«, stellte Froelich fest. »Sagen Sie also nichts, und bleiben Sie dicht bei mir, okay?«
    Dann hielt sie einen Moment inne. »Aber kommen Sie erst mal mit, und sehen Sie sich was anderes an.«
    Sie führte sie durch eine weitere unauffällige Tür und um eine Ecke in eine riesige dunkle Halle, die ihnen groß wie ein Footballfeld erschien.
    »Die Eingangshalle des Gebäudes«, erklärte sie. Ihre Stimme hallte durch die marmorne Leere. Die Beleuchtung war spärlich. Weißer Stein wirkte im Halbdunkel grau.
    »Hier«, sagte sie.
    An den Wänden waren riesige Marmortafeln angebracht, deren Kanten im klassischen Stil durch Rundstäbe gebildet wurden. In die Tafel, unter der sie standen, war oben die Inschrift The United States Department Of The Treasury eingemeißelt. Der Schriftzug war über zweieinhalb Meter lang. Darunter stand in einer zweiten Zeile: Gedenktafel. In der oberen linken Ecke der Tafel beginnend folgte eine Liste mit Namen und Daten. Etwa drei bis vier Dutzend. Der vorletzte Name war J. Reacher, 1997, der letzte M. B. Gordon, 1997. Danach folgte reichlich freier Platz. Ungefähr eineinhalb Spalten.
    »Das ist Joe«, sagte Froelich. »Unsere Würdigung.«
    Reacher sah zum Namen seines Bruders auf. Jeder Buchstabe war ungefähr fünf Zentimeter hoch und mit Blattgold

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