Tödliche Absicht
legte eine Hand auf ihren Bauch und ließ sie nach oben zu den Brüsten gleiten. Sie lächelte zärtlich und vergrub ihr Gesicht an seinem Hals.
»Dir auch einen guten Morgen«, erwiderte sie.
Der Wecker nebenan schrillte weiter. Reacher strich ihr die Haare aus dem Gesicht und küsste sie.
»Muss jetzt aufstehen«, meinte sie.
»Das tun wir«, sagte er. »Gleich.«
Sie hörte auf, sich zu sträuben, und sie liebten sich leidenschaftlich. Dann sprang Froelich aus dem Bett und lief in ihr Zimmer, um den Lärm abzustellen. Die Stille war ohrenbetäubend. Er ließ sich aufs Kopfkissen zurücksinken und sah zur Zimmerdecke.
»Komm ins Bett«, sagte er, als sie, noch immer nackt, wieder ins Zimmer trat.
»Kann nicht«, sagte sie. »Muss zum Dienst.«
»Es wird nicht gleich morgens etwas passieren. Und falls doch, gibt’s einen anderen. Die Kandidaten stehen wahrscheinlich schon Schlange.«
»Und ich kann mir einen neuen Job suchen. Vielleicht bei McDonald’s.«
»Hast du das schon mal gemacht?«
»Was, bei McDonald’s gearbeitet?«
»Als Arbeitslose einen Job gesucht.«
Sie schüttelte den Kopf. »Noch nie.«
Er lächelte. »Ich hab in den letzten fünf Jahren praktisch nichts getan.«
Sie erwiderte sein Lächeln. »Ich weiß. Ich habe Computerauskünfte über dich eingeholt. Aber heute hast du was zu tun. Also sieh zu, dass du deinen Hintern aus dem Bett kriegst.«
Ihr eigener Hintern bot einen höchst reizvollen Anblick, als sie das Zimmer verließ, um in ihr Bad zu gehen. Reacher blieb noch einen Augenblick liegen, während ihm Dawn Penns alter Song You don ’ t love me, yes I know now einfiel. Er verdrängte ihn aus seinen Gedanken, warf die Bettdecke zurück, stand auf, reckte abwechselnd den einen und den anderen Arm in Richtung Zimmerdecke, machte ein Hohlkreuz und berührte dreimal mit durchgedrückten Knien seine Zehenspitzen. Das war sein ganzes Fitnessprogramm. Dann verschwand er im Gästebad und machte seine genau zweiundzwanzig Minuten dauernde Morgentoilette: Zähneputzen, Rasur, Haarwäsche, Dusche. Dann zog er einen weiteren von Joes alten Anzügen an – einen schwarzen, dieselbe Marke, dieselbe Machart. Dazu ein frisches Oberhemd, dasselbe Etikett von Somebody & Somebody, dieselbe reinweiße Baumwolle. Frische Boxershorts, frische Socken. Eine dunkelblaue Seidenkrawatte mit kleinen silbernen Fallschirmen, auf der Rückseite das Etikett einer britischen Firma. Vielleicht eine Krawatte der Royal Air Force. Er betrachtete sich im Spiegel und ruinierte dann mit dem in Atlantic City gekauften Kurzmantel das gesamte Erscheinungsbild. Der Mantel passte farblich nicht zum Anzug und wirkte außerdem unförmig und wenig elegant. Aber Reacher rechnete damit, sich tagsüber im Freien aufhalten zu müssen, und Joe schien keinen Mantel zurückgelassen zu haben.
Er traf sich mit Froelich unten an der Treppe. Sie trug einen schwarzen Hosenanzug mit weißer Bluse. Aber ihr dunkelgrauer, klassisch geschnittener Wollmantel sah besser aus als der seine. Sie war eben dabei, ihren Ohrhörer einzusetzen.
»Hilfst du mir schnell?«, fragte sie und stellte den Jackenkragen auf, sodass Reacher das dünne Kabel zwischen Bluse und Jacke einfädeln konnte. Der kleine Stecker am unteren Ende fungierte als Gegengewicht und zog das Kabel bis zur Taille. Froelich schob Mantel und Jacke zur Seite, und ein kleines schwarzes Funkgerät, das im Kreuz an ihrem Gürtel befestigt war, kam zum Vorschein. Das Mikrofonkabel war bereits eingesteckt und führte über den Rücken hinauf und im linken Jackenärmel hinunter. Er steckte den Ohrhörer ein. Dann fiel sein Blick auf ihre Dienstwaffe, die sie mit dem Griff nach vorn an der linken Hüfte trug, um sie jederzeit schnell mit der rechten Hand ziehen zu können. Es handelte sich um eine große, klobige SIG-Sauer P226, eine weit bessere Waffe als die alte Beretta in ihrer Küchenschublade.
»Okay«, sagte sie. Dann atmete sie tief durch. Sah auf ihre Armbanduhr. Reacher sah auf seine. Es war sieben Uhr vierundvierzig.
»Noch sechzehn Stunden und sechzehn Minuten«, erklärte sie. »Ruf Neagley an und sag ihr, dass wir unterwegs sind, um sie abzuholen.«
Während sie zu Froelichs Wagen gingen, benutzte er ihr Handy. Der Morgen war kalt und feucht – genau wie der Abend zuvor. Die Scheiben des Suburban waren beschlagen, doch der Motor sprang sofort an. Als Neagley vor ihrem Hotel einstieg, war es im Wageninnern bereits warm und behaglich.
Armstrong warf eine Lederjacke
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