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Tödliche Absicht

Tödliche Absicht

Titel: Tödliche Absicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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hat sein Zeug hier gelassen.«
    »Spielt das eine Rolle?«
    »Keine Ahnung«, antwortete er. »Muss wohl einen Grund gehabt haben.«
    »Er ist tot, Reacher. Ihn kümmert das nicht mehr.«
    »Ich weiß.«
    Sie schwieg einen Moment.
    »Ich mach mir einen Tee«, sagte sie. »Möchten Sie auch einen?«
    Er schüttelte den Kopf. »Ich geh schlafen.«
    Er stieg die Treppe hinauf in das Gästezimmer. Zog Joes Anzug aus und hängte ihn in den Schrank. Nahm die Krawatte ab und legte sie wieder ins Fach. Warf das Oberhemd auf den Schrankboden. Es gab noch vier weitere Hemden, und er rechnete nicht damit, länger als vier Tage hier zu sein. Streifte die Socken ab und ließ sie auf das Hemd fallen. Ging nur mit den Boxershorts bekleidet ins Bad.
    Als er wieder herauskam, stand Froelich in einem Nachthemd aus dünner weißer Baumwolle in der Tür des Gästezimmers. Die Flurbeleuchtung hinter ihr machte es durchsichtig, sodass er ihren gut proportionierten Körper sehen konnte. Ihr Haar war zerzaust. Ohne Schuhe war sie kleiner. Ohne Make-up wirkte sie jünger. Sie hatte schöne Beine.
    »Er hat sich von mir getrennt«, sagte sie. »Das war seine Entscheidung, nicht die meine.«
    »Warum?«
    »Er hat eine Frau kennen gelernt, die ihm besser gefallen hat.«
    »Wen?«
    »Unwichtig. Keine Frau, die du kennst.«
    »Warum hast du mir das nicht erzählt?«
    »Weil ich’s nicht wahrhaben wollte, glaube ich. Vielleicht, um mich zu schützen und sein Andenken dir gegenüber zu bewahren.«
    »Er hat sich nicht anständig benommen?«
    »Nicht sehr.«
    »Wie ist’s passiert?«
    »Er hat’s mir eines Tages einfach mitgeteilt.«
    »Und ist gegangen?«
    »Wir haben nicht richtig zusammengelebt. Er war manchmal hier, ich manchmal dort, aber wir haben unsere Wohnungen behalten. Seine Sachen sind noch hier, weil ich ihn nicht reingelassen habe, um sie abzuholen. Ich war sehr verletzt und zornig auf ihn.«
    »Verständlich.«
    Sie zuckte mit den Schultern. Der Saum ihres Nachthemds rutschte ein paar Zentimeter hoch.
    »Nein, es war kindisch von mir«, widersprach sie. »Ich meine, solche Dinge passieren doch schließlich öfter, oder? Das war nur eine Beziehung, die nach einer Weile zu Ende gegangen ist. Nichts Einzigartiges, schon gar nicht in meinem Leben. In der Hälfte aller Fälle habe ich mich von jemandem getrennt.«
    »Warum erzählst du mir das alles?«
    »Du weißt, warum«, erwiderte sie.
    Er nickte. Schwieg.
    »Damit du mit einem leeren Blatt anfangen kannst«, fuhr sie fort. »Wie du auf mich reagierst, kann mit dir und mir zu tun haben – nicht mit dir und mir und Joe. Er ist von der Bildfläche verschwunden. Also ginge es ihn nichts an, selbst wenn er noch lebte.«
    Er nickte wieder.
    »Aber wie leer ist dieses Blatt?«, fragte er.
    »Joe war ein großartiger Mann«, antwortete sie. »Ich hab ihn geliebt. Aber du bist nicht er. Du bist ein anderer Mensch. Das weiß ich. Ich versuche nicht, ihn zurückzubekommen. Ich will kein Gespenst.«
    »Das ist gut«, sagte er. »Weil ich nicht wie er bin. Darüber musst du dir von Anfang an im Klaren sein.«
    »Das bin ich«, entgegnete sie. »Der Anfang von was?« Sie machte einen Schritt auf ihn zu und blieb dann stehen.
    »Der Anfang von was auch immer«, sagte er. »Aber das Ende ist ähnlich, weißt du. Auch darüber musst du dir im Klaren sein. Ich verschwinde, genau wie er. Das tue ich immer.«
    Sie kam noch näher.
    »Bald?«, fragte sie.
    »Vielleicht, vielleicht auch nicht.«
    »Das riskiere ich, nichts dauert ewig.«
    »Kommt mir nicht richtig vor«, sagte er.
    Sie sah zu ihm auf. »Was?«
    »Dass ich hier stehe und die Sachen deines ehemaligen Liebhabers anhabe.«
    »Sind nicht allzu viele«, sagte sie. »Ein Problem, das sich leicht beheben lässt.«
    Er schwieg.
    »Wirklich?«, fragte er. »Zeigst du mir, wie?«
    Sie legte die Hände auf seine Hüften, ließ die Finger unter den Elastikbund seiner Boxershorts gleiten und behob das Problem.
    Sie schliefen drei Stunden und wachten um sieben Uhr auf, als Froelichs Wecker drüben in ihrem Schlafzimmer zu klingeln begann. Reacher lag auf dem Rücken. Ihr Kopf ruhte an seiner Schulter. Ihr Haar berührte seine Wange. Es war warm und behaglich. Er wollte dieses Geräusch ignorieren und liegen bleiben. Aber sie löste sich aus seiner Umarmung und setzte sich benommen im Bett auf.
    »Guten Morgen«, sagte er.
    Durchs Fenster fiel graues Tageslicht. Sie lächelte, gähnte und streckte sich. Nebenan klingelte der Wecker weiter. Reacher

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