Tödliche Absicht
aus Spaß aufs Spiel zu setzen.«
Reacher schwieg.
»Spielen Sie bloß nicht den Überlegenen«, fuhr Stuyvesant fort, »und erzählen mir, dass die Army anders reagieren würde. Ich kann mich nicht daran erinnern, dass ihr Hilfe suchend zum FBI gelaufen seid oder ich eure kleinen Geheimnisse in der Washington Post ausgebreitet gelesen hätte.«
Reacher nickte. Die meisten Leute, die die Army in Verlegenheit hätten bringen können, waren eingeäschert, lagen zwei Meter unter der Erde, befanden sich irgendwo im Militärgefängnis und hatten Angst, den Mund aufzumachen, oder saßen verschreckt zu Hause. Einige dieser Umstände hatte er selbst herbeigeführt.
»Also gehen wir Schritt für Schritt vor«, sagte Stuyvesant. »Beweisen als Erstes, dass diese Männer von außen kommen. Beschaffen uns ihre Namen von den Raumpflegern. Anwälte hin oder her.«
Froelich schüttelte den Kopf. »Am wichtigsten ist, dass Armstrong bis Mitternacht am Leben bleibt.«
»Für heute ist nur eine Demonstration angekündigt«, warf Reacher ein.
»Ja, ich weiß«, sagte sie. »Aber die Entscheidung liegt bei mir. Und Sie stellen nur Vermutungen an. Wir haben lediglich sieben Wörter auf einem Blatt Papier. Ihre Interpretation könnte völlig falsch sein. Ich meine, welche bessere Demonstration könnte es geben, als es wirklich zu tun ? Ihn zu erledigen würde seine Verwundbarkeit beweisen, stimmt’s? Ich meine, wie ließe sie sich besser demonstrieren?«
Neagley nickte. »Und zugleich müssten sie damit nicht alles auf eine Karte setzen. Ein fehlgeschlagenes Attentat ließe sich vielleicht als Demonstration verkaufen. Um das Gesicht zu wahren.«
»Falls Sie Recht haben«, sagte Stuyvesant.
Reacher schwieg. Einige Minuten später wurde die Besprechung abrupt beendet. Stuyvesant erkundigte sich bei Froelich über Armstrongs Termine für den kommenden Tag. Als Erstes standen nachrichtendienstliche Informationen durch die CIA bei ihm zu Hause – wie am Freitagvormittag – auf dem Plan. Nachmittags gab es wie fast jeden Tag Besprechungen auf dem Kapitol zur Vorbereitung der Amtsübergabe. Abends fand der Empfang im selben Hotel wie am Donnerstag statt. Stuyvesant notierte sich alles und fuhr kurz vor halb drei Uhr morgens nach Hause. Froelich, Reacher und Neagley blieben allein zurück.
»Vorschlag?«, fragte sie.
»Heimfahren und schlafen«, antwortete Reacher.
»Großartig.«
»Und dann machen Sie genauso weiter wie bisher«, sagte Neagley. »In seinem Haus kann nichts passieren. Im Büro auch nicht. Und verwenden Sie weiter die Sichtschirme.«
»Was ist mit dem Empfang im Hotel?«
»Möglichst abkürzen und noch mehr die Augen aufhalten.«
Froelich nickte. »Mehr kann ich nicht tun, nehme ich an.«
»Sind Sie in Ihrem Beruf gut?«, fragte Neagley.
Froelich überlegte.
»Ja«, sagte sie. »Ziemlich gut.«
»Nein, das sind Sie nicht«, sagte Reacher. »Sie sind die Beste, die’s je gegeben hat.«
» So müssen Sie denken«, meinte Neagley. »Pumpen Sie Ihr Ego richtig auf. So weit, dass Sie sich unmöglich vorstellen können, diese Scheißkerle mit ihren lächerlichen Drohbriefen kämen jemals näher als tausend Meilen an Sie heran.«
Froelich lächelte flüchtig. »Ist das militärisches Aufbautraining?«
»Für mich war’s das«, erwiderte Neagley. »Reacher denkt von Natur aus so.«
Froelich lächelte wieder.
»Okay«, sagte sie. »Heimfahren und schlafen. Morgen wird ein anstrengender Tag.«
Washington, D. C., ist nach Mitternacht wie ausgestorben, und es dauerte nur zwei Minuten, um Neagley im Hotel abzusetzen, und weitere zehn, um zu Froelichs Haus zu gelangen. Die Straße war völlig zugeparkt, weshalb sie zwei Straßenblocks weiterfahren mussten, bis sie für den fünfeinhalb Meter langen Suburban eine ausreichend große Parklücke fanden. Sie gingen durch die nasskalte Nacht zurück zum Haus. Froelich blieb in der Diele stehen.
»Zwischen uns alles klar?«, fragte sie. »Wegen vorhin?«
»Alles bestens«, sagte er.
»Ich will nur keine Missverständnisse aufkommen lassen.«
»Keine Sorge, wir haben uns nicht missverstanden.«
»Tut mir Leid, dass ich Ihnen wegen der angekündigten Demonstration widersprochen habe«, entschuldigte sie sich.
»Das ist Ihre Entscheidung, die können nur Sie treffen.«
»Ich hatte andere Freunde«, sagte sie plötzlich. »Sie wissen schon, danach.«
Er schwieg.
»Und Joe hatte andere Freundinnen«, fuhr sie fort. »Er war nicht wirklich schüchtern.«
»Aber er
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