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Tödliche Aktien

Titel: Tödliche Aktien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Ridpath
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wieder zu begegnen, mißfiel mir ganz und gar nicht.
    Am Sonntag abend rief ich Sorenson an und teilte ihm meine Entscheidung mit. Er zeigte Verständnis und bestärkte mich darin. Auch er wußte keine andere Lösung mehr, als ich ihm von Jensons Weigerung berichtete, die Vorauszahlung zu leisten. Er schien mir keinen Vorwurf zu machen und stimmte meiner Entscheidung vorbehaltlos zu.
    Er sagte, er werde mit meinem Vater sprechen, der mich eine halbe Stunde später anrief.
    »Walter hat mit mir geredet«, sagte er.
    »Tut mir leid, Dad. Aber wir müssen verkaufen.«
    Er seufzte. »Ja, ich weiß. Es ist ein Jammer.«
    Schweigen.
    »Walter ist überzeugt, daß dich keine Schuld trifft«, sagte er. »Vielen Dank, daß du es versucht hast.«
    »Ich hab’s gern getan.« Obwohl er so freundliche Worte fand, hatte ich noch immer das Gefühl, ihn enttäuscht zu haben, und zu meinem Ärger ließ mich das durchaus nicht kalt.
    Ich tauchte in den vertrauten Trubel des Handelssaals ein. Erwartungsvoll ging ich zu meinem Schreibtisch. Den Zeitungen hatte ich entnommen, daß sich die Position, die Ed und ich im Vormonat aufgebaut hatten, endlich günstig entwickelte.
    Ich setzte mich und stellte meine Computer an. »Hallo, Ed«, rief ich, als ich die Seitennummer des US-Rentenmarktes eingab. Er telefonierte gerade, winkte mir aber zu. Ich hatte recht gehabt! Die Spanne zwischen den zwei- und den zehnjährigen Staatsanleihen hatte sich von 1,4 auf 1,28 Prozent verringert. Rasch überschlug ich das Ganze im Kopf. Das war fast ein Prozentpunkt Gewinn auf hundert Millionen Dollar, das heißt knapp eine Million Dollar! Nicht schlecht.
    Ed beendete sein Gespräch. »Sieh dir das an!« rief ich ihm zu. »Hatten wir nun recht oder nicht?«
    Er verzog das Gesicht und kratzte sich am Hinterkopf. Irgend etwas stimmte nicht. Mißtrauisch blickte ich ihn an. »Die Position besteht doch noch, oder?«
    »Eigentlich nicht«, sagte Ed.
    »Was soll das heißen?«
    »Ich bin letzte Woche ausgestiegen.«
    »Aha? Wie hoch war der Gewinn?«
    Unruhig rutschte er auf seinem Stuhl hin und her. Hinter seinem linken Schulterblatt schien es ihn offensichtlich entsetzlich zu jucken. Jedenfalls kratzte er sich dort ausgiebig und zog eine Grimasse.
    »Es war eher ein Verlust. Um genau zu sein, zweihundertvierzigtausend. In der letzten Woche hatte der Markt ein paar Tage lang ein Zwischentief. Jemand hat ’ne Menge Zehnjährige verkauft und Dreijährige gekauft. Es sah schlecht aus mit unserer Transaktion. Deswegen bin ich ausgestiegen. Danach hat sich der Markt wieder erholt.«
    Es wollte mir einfach nicht in den Kopf. Ich hatte Ed ausdrücklich gesagt, er solle abwarten. Wie hatte er einen solchen Verlust machen können? Ich konnte plötzlich nicht mehr begreifen, daß ich ihm vertraut hatte. Der Bursche war offenbar ein kompletter Idiot.
    Ed, der mir meine Gedanken offenbar vom Gesicht ablas, machte eine hilflose Geste. »Etienne hat mich angewiesen, die Papiere abzustoßen.«
    »Etienne? Was soll das heißen?«
    »Na ja, seit du fort bist, guckt er mir ständig über die Schulter. Als die Position in die Miesen ging, hat Etienne mir gesagt, ich solle aussteigen.«
    »Warum hast du nicht bei FairSystems angerufen?«
    »Das habe ich ja, aber du warst nicht da.«
    Richtig, man hatte mir mitgeteilt, daß Ed angerufen hatte. Aber ich hatte mich nicht gemeldet. Die Dinge in der Firma hatten mich zu sehr in Anspruch genommen.
    »Übrigens hat Etienne mir befohlen, auf der Stelle zu verkaufen. Zwei Stunden nachdem ich die Position abgestoßen hatte, bewegte sich der Markt wieder in unsere Richtung.«
    Ich war knallwütend, aber nicht auf Ed, sondern in erster Linie auf mich selbst. Und Etienne hätte ich glatt erschießen können. Was mischte der sich in meine Angelegenheiten?
    »Okay, Ed, laß dir deswegen keine grauen Haare wachsen«, sagte ich und stand auf, um die Sache mit Etienne zu besprechen.
    Ed nahm den Telefonhörer ab, kauerte sich in seinem Stuhl zusammen und hielt die Augen krampfhaft auf den Bildschirm gerichtet.
    »Etienne, kann ich Sie kurz sprechen«, sagte ich. Er stand neben Greg.
    »Nicht jetzt, Mensch, hab’ zu tun«, sagte Etienne in seinem seltsamen Brokerkauderwelsch, das einen deutlich französischen Akzent hatte. Sein Englisch war an sich sehr gut, aber hin und wieder schlichen sich ein paar Brocken Cockney und Pariser Argot ein, was bei seiner ansonsten so perfekten Ausdrucksweise besonders bizarr wirkte.
    »Doch, jetzt«, erwiderte

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