Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Tödliche Aktien

Titel: Tödliche Aktien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Ridpath
Vom Netzwerk:
Sommerkleid gezogen.
    Den Nachmittag hatten wir auf der Rennbahn in Sandown verbracht. Es war hervorragend gelaufen. Busker’s Boy hatte sein erstes Flachrennen über zwei Meilen bestritten, und ich hatte hundert Pfund auf Sieg gesetzt. Zwar hatte ich sie verloren, weil er, um eine Länge geschlagen, als zweiter einlief, aber er hatte sich gut gehalten, und so hatte ich mich wenigstens nicht blamiert. Karen hatte dreimal gewonnen, weil sie auf Gelb gesetzt hatte, mit dem Erfolg, daß sie am Ende fünfzig Pfund mehr und strahlende Laune hatte.
    Ich hatte das Abendessen gekocht, und es tat uns sichtlich gut, wieder einmal zusammenzusein. Bis jetzt war Karen nicht auf das Thema FairSystems zu sprechen gekommen, und ich war ihr dankbar dafür.
    Aber nun drängte es mich, davon zu erzählen. »Ich glaube, FairSystems steht kurz vor der Pleite«, sagte ich.
    »Na ja, wenn die Aktie bei drei Dollar steht, kann es ja nicht besonders rosig aussehen.«
    »Oh, ich glaube nicht, daß der Markt weiß, wie schlecht es wirklich steht. Der Kursrückgang hatte mit den Gerüchten um diesen Motorradunfall zu tun. Das war schon schlimm genug, aber das Schlimmste kommt erst: Wir werden wohl unseren größten Kunden verlieren.«
    Ich berichtete ihr von Jenson und vom Projekt Plattform, soweit ich darüber informiert war. Und auch von Doogies Drohungen. Mitfühlend lauschte sie. »Das ist nicht deine Schuld.«
    »Natürlich ist es das«, gab ich wütend zurück. Karen blickte mich verblüfft an.
    »Tut mir leid«, sagte ich, »aber ich hab’ dich da reingezogen und enttäuscht. Alle habe ich enttäuscht.«
    »Quatsch. Was hättest du denn tun sollen? Wo bleibt die berühmte Objektivität des Traders? Du läßt dich von deinen Gefühlen überwältigen.«
    »Klar. Schließlich ist es die Firma meines Bruders!«
    »Schon gut, schon gut!« sagte Karen. »Mark, ich weiß, daß FairSystems für dich wichtig ist, aber du hast dein Bestes versucht. Mehr kannst du nicht tun. Mehr kann niemand tun. Sieh den Tatsachen ins Gesicht. Du hast dich auf ein schlechtes Geschäft eingelassen. Steig aus, und du kannst einen Teil retten. Nimm deine Verluste in Kauf!«
    Ihre Worte drangen durch die Wolken aus Sorge und Verzweiflung wie ein Strahl gesunden Menschenverstands.
    »Wieviel Zeit bleibt euch noch bis zur Zahlungsunfähigkeit?«
    »Ein Monat, vielleicht weniger.«
    »Das könnte noch reichen, um die Firma zu verkaufen. Du hast gesagt, Wagner Phillips hätte Kaufinteressenten an der Hand. Dann verkauf und rette, was zu retten ist. Vergiß FairSystems, vergiß Doogie, den Irren, und komm zurück nach London.«
    Ich dachte über das nach, was sie gesagt hatte. Nur noch ein Wunder konnte die Firma retten. Wenn sie pleite ging, würde das niemandem helfen. Verkauften wir sie, dann blieben immerhin die Arbeitsplätze erhalten, und Richards Erfindungen und Entwicklungen waren auch nicht verloren. Dad würde es nicht gefallen. Rachel würde es nicht gefallen. Aber ich hatte keine Wahl. »Du hast recht«, sagte ich. »Ich werde die Firma verkaufen.«
    In dieser Nacht liebten wir uns. Zum erstenmal seit langer Zeit. Ich hatte Karen vermißt, und es war ein schöner Tag gewesen. Aber wieder war es nicht wie sonst.
    Lag es an mir? An ihr? Ich wußte es nicht.
    Hinterher fragte ich: »Stimmt etwas nicht?«
    »Wieso?« sagte sie. »Alles wunderbar.«
    Etwas verunsichert, rollte ich mich zum Schlafen auf die andere Seite.
    Es war erstaunlich, wie sich die Dinge in meinem Kopf ordneten, sobald ich mich zum Verkauf entschlossen hatte. Gewiß, es setzte mir noch immer zu. Ich hatte versagt, ich fühlte mich schuldig, weil ich Richard den Wunsch, daß FairSystems unabhängig blieb, nicht erfüllen konnte, und ich enttäuschte meinen Vater. Auch hatte ich es nicht geschafft, mehr über Richards Tod herauszufinden. Ich war mir sicher, daß er irgend etwas mit FairSystems zu tun hatte, aber ich hatte keine Ahnung von den Zusammenhängen. Und wenn die Polizei es nicht herausfand, wie sollte es dann mir gelingen?
    Karen hatte recht. Ich stand auf verlorenem Posten. Aber ich konnte nichts tun, um die Situation zu retten. Ich mußte meine Verluste realisieren, aussteigen und auf die nächste Gelegenheit warten.
    Was mir allerdings ganz und gar nicht gefiel, war die Vorstellung, Doogie könnte glauben, er hätte mich so eingeschüchtert, daß ich das Weite suchte. Aber das war nur eine Frage der Ehre. Und, um die Wahrheit zu sagen, der Gedanke, diesem blutrünstigen Köter nie

Weitere Kostenlose Bücher