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Tödliche Aktien

Titel: Tödliche Aktien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Ridpath
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mit der Aufschrift »Projekt Plattform«. Mit einem altmodischen Schlüssel öffnete sie. Erstaunt hob ich die Augenbrauen.
    Sie lächelte schwach. »Die Jungs da knacken Ihnen fast jedes moderne Sicherheitssystem, das es gibt. Aber von der Schlosserei haben sie keine Ahnung.«
    Wir betraten einen kleinen Raum. Er enthielt eine Silicon Graphics Workstation und zwei Jenson-PCs. An alle drei Geräte waren Datenbrillen von FairSystems angeschlossen. Außerdem hatte Rachel ihre unverkennbaren Spuren hinterlassen: eine leere Weinflasche und einen vollen Aschenbecher. An der einen Wand befand sich eine weiße Tafel, sie war mit Rachels kleiner, sorgfältiger Handschrift bedeckt. Ein Arbeitsplan für das Projekt Plattform. Wir setzten uns. Rachel schaltete einen der Jenson-Computer ein. »Nehmen Sie!« sagte sie und reichte mir eine Datenbrille und einen Stab.
    Sobald ich die Brille aufgesetzt hatte, befand ich mich in einem luxuriös ausgestatteten Büro. Mir gegenüber saß Rachel an einem glänzenden Mahagonitisch. Hinter ihr bot sich ein phantastischer Ausblick auf eine moderne Großstadt unter einem wolkenlosen Himmel. »Hallo«, sagte Rachel. Sie war gut getroffen, fast so gut wie auf einem Foto. Und ihre Bewegungen sahen völlig natürlich aus. »In Wirklichkeit sitze ich zwar neben Ihnen, aber ich könnte jetzt ebensogut Hunderte von Kilometern entfernt sein.« Sie lächelte. »Wir könnten beide zu Hause arbeiten und den Wunsch verspüren, miteinander zu sprechen. Auf diese Weise hätten wir die Möglichkeit zu einer realistischen Besprechung, ohne unsere Wohnungen verlassen zu müssen.«
    »Aber wir könnten uns doch auch am Telefon unterhalten?«
    »Natürlich, aber von Angesicht zu Angesicht ist es einfach besser. Die Körpersprache ist für soziale Interaktionen unentbehrlich. Sensoren in den Datenbrillen können ein ganzes Spektrum von Gesichtsausdrücken erfassen und auf das virtuelle Bild übertragen, das Sie vor sich sehen. Abgesehen davon, sind solche Konferenzen immer besser als das Telefon, wenn mehr als zwei Personen beteiligt sind. Warten Sie, ich hole Keith dazu. Dann sehen Sie, was ich meine.«
    Ein paar Sekunden später betrat Keith den virtuellen Raum. Er trug seine übliche Uniform – schwarze Jeans und T-Shirt. »Hallo, Rachel, was gibt’s?« Erstaunt hob er die Augenbrauen, als er mich sah. »Wer ist denn das?« fragte er.
    »Das ist Mark«, sagte Rachel. »Keine Sorge, ich mußte ihn einweihen.« Dann wandte sie sich mir zu. »Für uns sehen Sie aus wie Mel Gibson. Deshalb hat Keith Sie nicht erkannt.«
    »Mel Gibson?«
    »Ja, er ist unser Ersatzmann. Mein Wunschkandidat. Sobald Ihr Körper kartiert ist, sehen Sie auch in der virtuellen Welt wie Sie selbst aus. Natürlich können Sie sich auch für ein ganz anderes Aussehen entscheiden, wenn Sie möchten. Schauen Sie, Keith zum Beispiel hat sich ein paar Muskeln zugelegt.«
    Tatsächlich. Keith’ schmächtige Figur wirkte hier etwas kräftiger. Deutlich zeichnete sich die Brustmuskulatur unter dem T-Shirt ab. Ich lachte.
    »So, nehmen wir an, wir wollen uns jetzt gemeinsam ein paar Zahlen ansehen. Langweilig, aber so ist das wirkliche Leben nun mal.« Unter dem Tisch holte sie ein Blatt hervor und schob es mir herüber. Eine von Willies Prognosen. »Sehen Sie die Zahl dort?« sagte sie und zeigte auf das Bankguthaben. »Versuchen Sie, den Betrag zu verändern.«
    »Nichts lieber als das«, sagte ich. »Was muß ich tun?«
    »Nur darauf zeigen, ›ändern‹ sagen und dann die Zahl deutlich aussprechen, die Sie sich wünschen.«
    Ich machte eine Million daraus, woraufhin sich die gesamte Prognose veränderte und FairSystems das Jahr mit schwarzen Zahlen abschloß.
    Keith lachte. »Einfach, oder?«
    Es war höchst merkwürdig, wie rasch ich mich an die virtuelle Welt gewöhnte. Nach wenigen Minuten nahm sie einen eigenen Wirklichkeitscharakter an. Rachel hatte schon recht. Es war viel leichter, sich zu dritt in einem virtuellen Büro zu beraten, als sich übers Telefon zu unterhalten.
    »Was dagegen, wenn ich jetzt gehe?« fragte Keith.
    »Nein, vielen Dank, daß du mitgemacht hast«, erwiderte Rachel. Der virtuelle Keith verließ das Büro.
    »Und nun, möchten Sie ein Haus bauen?«
    »Warum nicht«, sagte ich und hatte keine Ahnung, was mich erwartete.
    Im Handumdrehen standen wir vor einem ganz normalen Einfamilienhaus in einer Vorstadt. »Kommen Sie mit«, sagte Rachel.
    Ich tat nichts, aber mein virtuelles Ich folgte Rachel nach drinnen.

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