Tödliche Aktien
Graphikchip gearbeitet.«
»Wirklich sehr eindrucksvoll. Und wieviel davon läßt sich auf normalen PCs machen?« fragte ich.
»Die Rechenoperationen. Aber natürlich ist die Wiedergabe entscheidend. Sobald Sie VR einmal verwendet haben, kommt Ihnen ein flacher Bildschirm einfach primitiv vor. Alle warten auf VR – Geschäftsleute, Internet-Surfer, Computerspieler.«
»Und das Ganze machen wir zusammen mit Jenson?«
»Ja. Wir verwenden unseren Graphikchip, unseren Simulationsmanager und unsere Datenbrille. Jenson stellt all das in großer Zahl her. Dadurch können wir den Preis auf zweitausend Dollar pro System drücken.«
»Zweitausend Dollar?«
»Ja.«
Ich überlegte. Trotz allem blieb ein großes Problem, das Problem, das uns seit jeher zu schaffen machte. »Wir haben immer noch keinen Massenmarkt.«
»Das ist der Punkt, an dem das Projekt Plattform ins Spiel kommt«, sagte Rachel. »Schauen Sie hier!«
Rachel tippte auf ein paar Tasten, und Windows erschien auf dem Bildschirm. Windows ist das Betriebssystem, das auf achtzig Prozent aller PCs benutzt wird.
»Und?« fragte ich.
»Sehen Sie sich die untere Reihe an, rechts.«
Ich fand ein kleines Bildsymbol, ein Icon: einen menschlichen Kopf mit einer Datenbrille.
»Soll das heißen, unser System läuft unter Windows?«
Zufrieden lächelte Rachel. »Ja. Projekt Plattform ist die Codebezeichnung für eine Verbindung zwischen uns, Jenson und Microsoft. Zu jedem verkauften Windows-Paket wird unser System gehören. Jeder, der eine VR-Anwendung unter Windows will, muß FairSystems’ Simulationsmanager und das Graphiksystem FairRender verwenden. Und es wird auf jedem Computer vorhanden sein. Man braucht es nur aufzurufen.«
»Und was kriegen wir dafür?«
»Nicht viel«, sagte Rachel. »Aber es verschafft uns einen gewaltigen Vorteil bei der Entwicklung neuer Software. Und selbst ein paar Dollar summieren sich bei zig Millionen verkauften Computern.«
»Und Jenson verdient, weil er die Computer verkauft.«
»Richtig. Er verschafft sich in der Produktion von VR-Computern einen Riesenvorsprung gegenüber der Konkurrenz. Und wichtiger noch, wenn jemand einen VR-tüchtigen PC herstellen will, muß er einen FairRender-Chip kaufen, und den produziert Jenson.«
»Also machen wir alle Kohle. Was ist mit Microsoft? Was haben die davon?«
»Die bekommen das modernste VR-System für PCs und heben einen völlig neuen Markt aus der Taufe.«
»Wow!« sagte ich. »Wenn das klappt, kriegen wir Patentgebühren in Millionenhöhe.«
»Das Ganze ist viel mehr«, sagte Rachel. »Das wird eine Revolution in der Computertechnologie, fast so bedeutend wie die Einführung des PCs durch IBM im Jahr 1981.«
»Stimmt, und wir sind IBM.« Ich dachte an den IBM-PC und die vielen Millionen, die in den achtziger Jahren mit ihm verdient worden waren. Rasch hatten Unternehmen wie Compaq und Jenson gelernt, ihn zu kopieren. Zehn Jahre lang hatte IBM gewaltig verdient, und mit ihm die anderen.
»Nein«, sagte sie geduldig. »Jenson Computer ist IBM.«
Plötzlich fiel es mir wie Schuppen von den Augen.
»Wir sind Microsoft.«
Rachel nickte.
Vor mir sah ich das Konfirmandengesicht von Bill Gates auf dem Buch, das Richard auf seinem Sofa liegengelassen hatte. Bill Gates ist Inhaber der Firma Microsoft, die DOS und Windows vertreibt, die Betriebssysteme, mit denen die meisten der vielen Millionen PCs ausgerüstet sind. In kaum fünfzehn Jahren war Microsoft aus dem Nichts zu einem Unternehmen aufgestiegen, das jetzt sogar den mächtigen IBM-Konzern in den Schatten stellte. Und das nur, weil das Betriebssystem von Microsoft zum Standard geworden war. So wie IBM durch seinen Personalcomputer Microsoft zum Aufstieg verholten hatte, würde Microsoft nun FairSystems durch Windows ganz nach oben bringen.
Auf dem neuen Massenmarkt für Virtuelle Realität würde FairSystems über das Standardbetriebssystem verfügen.
Ich mußte daran denken, daß Microsoft ein Kapital von dreißig Milliarden Dollar hatte.
Und da spielte ich mit dem Gedanken, FairSystems für zehn Millionen Dollar oder weniger zu verkaufen!
Kein Wunder, daß Rachel sich dagegen sträubte. Kein Wunder, daß Richard einen Verkauf mit allen Mitteln hatte vermeiden wollen.
Richard hatte von Anfang an recht gehabt. Er war im Begriff gewesen, seine Firma zu einem weltweit führenden Unternehmen zu machen. Und nicht nur auf technischem Gebiet. Den Erfolg dieses Unternehmens würde man auch an Kriterien messen können, die
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