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Tödliche Aktien

Titel: Tödliche Aktien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Ridpath
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die Küche ausgezeichnet.
    Karen kam direkt von der Arbeit. Häufig blieb sie bis spät in den Abend hinein im Büro. Für den Fall, daß einer ihrer rührigeren Kunden Transaktionen an der New Yorker Börse wünschte, mußte sie länger verfügbar sein.
    So kam sie eine halbe Stunde zu spät. Sie trug ein dünnes schwarzes Armani-Kostüm mit kurzem Rock. In Wirklichkeit war das Kostüm gar nicht von Armani, sondern von einem Schneider in Hongkong, auf den sie bei einer Reise vor drei Jahren gestoßen war, aber ich war der einzige, dem sie das anvertraut hatte. Sie sah hinreißend aus, und sie war sich dessen bewußt. Als sie zwischen den kleinen, weiß gedeckten Tischen auf mich zukam, zog sie die Blicke aller Männer und der meisten Frauen auf sich.
    Sie lächelte, als sie mich sah, und bedachte mich mit einem flüchtigen Kuß.
    »Tut mir leid, daß ich zu spät komme. Martin ist wieder nicht in die Puschen gekommen. Stundenlang hat er überlegt, ob er ein paar Disney kaufen sollte oder nicht. Zum Schluß ist er einfach nach Hause gegangen.«
    »Macht er überhaupt jemals Abschlüsse?«
    »Manchmal. Aber man braucht viel Geduld.« Über den Tisch hinweg ergriff sie meine Hand. »Tut mir leid, daß ich in letzter Zeit soviel arbeite. Aber angesichts dieser Reorganisationsgerüchte muß ich mich ranhalten. Und sie wollen, daß ich noch mehr unterwegs bin.«
    »Tatsächlich? Mußt du in nächster Zeit viel reisen?«
    »Ja. Nächste Woche nach Holland. Und in zwei Wochen muß ich wieder nach Paris.«
    Ich war enttäuscht. Natürlich wußte ich, daß sie nichts dagegen machen konnte, wenn es ihre Vorgesetzten und Kunden verlangten. Ich schaffte es gewöhnlich, meine Positionen um sechs Uhr abends sich selbst zu überlassen, und vermutlich erwartete ich das auch von anderen.
    Karen sah mir meine Enttäuschung an. »Tut mir wirklich leid«, sagte sie.
    Wir bestellten zwei Kir Royal. »In der Mittagspause bin ich mit Sally Schuhe kaufen gegangen. Sie wirkte ziemlich niedergeschlagen.«
    »Hat es gewirkt?« fragte ich. Schuhe kaufen war Karens Patentrezept, wenn sie down war. Dutzende hatte sie zu Hause, viele von ihnen ein Jahr alt. Mit Vergnügen hatte ich festgestellt, daß sie schon einige Monate lang keine mehr gekauft hatte.
    »Weiß nicht. Ich glaube, es hat sie ein bißchen aufgeheitert. Jack Tenko macht ihr wirklich zu schaffen.«
    »Armes Mädchen. Vom Chef hängt viel ab, finde ich. Vor allem, wenn man Anfänger ist.«
    »Wohl wahr.« Karen grinste. »Ed ist ja voll des Lobes über dich.«
    Ich zuckte mit den Achseln, hörte es aber nicht ungern. »Diese jungen Burschen sind ja so leicht zu beeindrucken«, sagte ich.
    »Und? Wie war dein Tag?« fragte sie.
    »Nicht schlecht. Einige von den Abschlüssen, die ich letzte Woche gemacht habe, entwickeln sich recht gut. Aber ich bin diesen Monat immer noch anderthalb Millionen im Minus, und mir bleibt nur noch eine Woche.« Ich konnte es nicht ausstehen, den Monat mit einem Minus abzuschließen, noch dazu mit einem so großen Betrag, doch diesmal schien es unausweichlich zu sein.
    »Das ist eben Pech. Selbst du kannst nicht nur gute Monate haben.« Sie unterbrach sich, weil der Kellner kam.
    Nachdem wir bestellt hatten, fragte sie: »Was meinst du, worüber will Richard mit dir sprechen?«
    »Keine Ahnung. Es muß ziemlich wichtig sein, wenn er mich bittet, so kurzfristig nach Schottland zu kommen.« Dann kam mir ein Gedanke. »Wetten, daß FairSystems schon wieder in Liquiditätsproblemen steckt?«
    »Nein!« sagte Karen. »Glaubst du wirklich?«
    »Könnte doch sein. Ich bin sicher, daß er keine gute Hand für die finanzielle Seite seines Unternehmens hat. Na ja, der blöde Hund sollte verkaufen. Und das werde ich ihm sagen.«
    »Tu das«, sagte Karen. »Es wäre doch ein Jammer, wenn er alles verlieren würde, nachdem er es so weit gebracht hat.«
    »Vielleicht hat es was mit dem Fall des Aktienkurses zu tun. War am Markt irgendwas zu erfahren?«
    »Nichts«, sagte Karen. »Es ist ein winziges Unternehmen. Die meisten haben noch nie von ihm gehört und erst recht keine Aktien gekauft. Wagner Phillips wickelt den gesamten Handel ab. Ich hab’ einen Bekannten dort, aber er wußte nur, daß der Kurs ständig absackt.«
    »Gut möglich, daß Richard sich das nur einbildet«, sagte ich. »Er kann alles zu Tode analysieren. Und selbst wenn der Kurs manipuliert würde, wüßte ich nicht, wozu diese Eile.« Ich seufzte. »Nein, ich fürchte, es ist der Konkurs.«
    Das

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