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Tödliche Aktien

Titel: Tödliche Aktien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Ridpath
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Nachmittag regnerisch und kalt war, erfüllte mich jene zufriedene Wärme, die ein satter Gewinn verschafft.
    Morgens hatte ich Greg in seiner Wohnung in der Kensington Church Street abgeholt. Er war zum erstenmal beim Pferderennen und fasziniert – von den Dingen, die mich interessierten, aber auch vom ganzen Drumherum. Wir trafen noch rechtzeitig zum Mittagessen ein, und ich weihte ihn in die Feinheiten der Pferdewette ein. Meine ganze Aufmerksamkeit galt einem Sechsjährigen im dritten Rennen, der auf Hindernisrennen spezialisiert war – Busker’s Boy. Im März hatte ich ihn in Fontwell Park gesehen. Da hatte er in einem Zweimeilenrennen eine vielversprechende Leistung abgeliefert und beim Einlauf in vierter Position nur vier Längen hinter dem Sieger gelegen. Nach langer Pause war dies sein erstes Rennen gewesen, und sein Jockey hatte ihn nicht sehr gefordert. Zum Schluß hatte das Pferd noch erhebliche Reserven gehabt.
    Ich freute mich darauf, es heute laufen zu sehen. Sein Vater, Deep Run, hatte auf tiefem Geläuf ausgezeichnete Resultate erzielt. Geritten wurde Busker’s Boy von A. P. McCoy, einem jungen Jockey, der sich gerade seine ersten Sporen verdient hatte. So nahm ich zehn Zwanzigpfundnoten und verteilte sie auf zwei Buchmacher ganz am Ende der Wettstände. Es war mir gelungen, eine Quote von acht zu eins zu bekommen, obwohl das Pferd zum Schluß sieben zu eins gewettet wurde. Ich freute mich diebisch. Greg bekam seine Wette nicht mehr für acht zu eins und versuchte mit einem Buchmacher zu handeln, damit er von sieben zu eins abrückte. Nichts zu machen. Da verzichtete Greg ganz – aus Prinzip.
    Das Rennen ging über zweieinhalb Meilen, und Busker’s Boy lief die ersten anderthalb Meilen leicht wie eine Feder. Als noch eine Dreiviertelmeile zurückzulegen war, setzte er sich mühelos vom Feld ab. Beim letzten Hindernis blieb mir fast das Herz stehen: Der Jockey rutschte über die rechte Schulter des Pferdes nach vorn. Aber er konnte sich im Sattel halten, und Roß und Reiter gingen gemeinsam durchs Ziel, weit vor der Konkurrenz.
    Von meinem Gewinn hatte ich dreihundert Pfund zum Wohle der englischen Buchmacher reinvestiert, sie aber mit Vergnügen verloren, denn ich hatte trotzdem einen guten Schnitt gemacht. Beim Verlassen der Rennbahn spürte ich zufrieden den festen Druck des Notenbündels in meiner Hüfttasche.
    Greg war stinksauer. Nachdem er mich hatte gewinnen sehen, hatte er hemmungslos mit Zwanzigpfundnoten um sich geworfen – ohne Erfolg. Als wir gingen, war er um zweihundert Pfund ärmer.
    »Mein Gott, das ist kein Sport, das ist Raub. Keine zehn Pferde kriegen mich wieder auf eine Rennbahn«, klagte er.
    Aber ich wußte, er würde wiederkommen. Trotz seiner Verluste hatte es ihm Spaß gemacht, und er hatte gesehen, wie ich gewonnen hatte. Er würde wiederkommen, bis auch er gewann.
    Seit meiner Schulzeit trieb ich mich auf Rennbahnen herum. Ein Klassenkamerad war der Sohn eines Trainers gewesen. Von ihm hatte ich die Leidenschaft für den Pferdesport und die Pferdewette. Aber ich setzte nur relativ kleine Beträge. Ich wußte, man war immer der Gelackmeierte. Andere Leute hatten mehr Information und machten mehr Geld. Die Chancen standen einfach zu schlecht für Gelegenheitswetter wie mich. Doch es machte mir Spaß, Geld zu gewinnen, die Form eines Pferdes zu analysieren, das Abschneiden einer Anzahl von Pferden während einer Saison zu verfolgen und mich mit all den geheimnisvollen Faktoren vertraut zu machen, die darüber entscheiden, ob ein Pferd ein Rennen gewinnt oder nicht – Zucht und Abstammung, bisherige Form, Bodenverhältnisse, Distanz. Ganz selten zahlte sich diese komplizierte Analyse aus, aber wenn es mal der Fall war wie jetzt bei Busker’s Boy, dann verschaffte es mir ein herrliches Erfolgserlebnis.
    Den Umstand, daß Karen gewöhnlich auf die Jockeys setzte, die die hübschesten Farben trugen, und nicht selten gewann, schrieb ich einer hartnäckigen Strähne von Anfängerglück zu.
    Die Stewardeß verteilte kleine blaue Plastiktabletts mit undefinierbaren Speisen. Sie deutete auf mein leeres Glas. »Darf ich Ihnen noch eines bringen, Sir?«
    »Ja, bitte.« Warum nicht? Ich hatte es mir verdient.
    Dann dachte ich an Richard und fragte mich, was mich in Schottland erwartete. Bestimmt wollte er mich fragen, ob ich einen Ausweg wußte. Ich konnte nur hoffen, daß der Kunde von Wagner Phillips noch zu seinem Angebot stand.
    Mittlerweile sah es so aus, als sei es ein

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