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Tödliche Aktien

Titel: Tödliche Aktien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Ridpath
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Fehler gewesen, in FairSystems zu investieren und vor allem Karen in die Sache hineinzuziehen. Andererseits hätte FairSystems ohne unsere Geldspritze sicher schon damals Pleite gemacht, und es wäre vorbei gewesen mit allen Plänen und Träumen von Richard.
    Am schlimmsten an dieser ganzen Angelegenheit waren die Auswirkungen, die sie auf die Beziehung zu meinem Bruder hatte. Trotz der fünf Jahre Altersunterschied hatten wir uns immer nahegestanden, immer Vertrauen zueinander gehabt, einander geholfen, wann immer es möglich war.
    Jetzt hatte ich zum erstenmal in meinem Leben das Gefühl, ich könnte mich nicht auf Richard verlassen, und das Gefühl war schmerzlich.
    Das Flugzeug landete mit geringer Verspätung um halb zehn. Richard war nicht da, um mich abzuholen. Ich ging durch die Menschenmenge, suchte im Café, in der Bar und den Läden. Keine Spur von ihm.
    Also rief ich ihn an. Keine Antwort. Vermutlich befand er sich gerade auf dem Weg zum Flughafen.
    Um zehn Uhr begann ich mir Sorgen zu machen. Um zehn Uhr fünfzehn überlegte ich, was passiert sein könnte. Vielleicht hatte er einen Unfall gehabt. Oder er hatte unsere Verabredung vergessen und arbeitete in der Fabrik. Es hätte ihm ähnlich gesehen, am Samstagabend zu arbeiten.
    Ich rief in der Fabrik in Glenrothes an. Nach einer ganzen Weile meldete sich eine Frauenstimme. Sie sagte, sie sei sicher, daß Richard den ganzen Tag zu Hause in Kirkhaven gewesen sei. Er habe gesagt, er werde vielleicht am Sonntag morgen kurz hereinschauen.
    So gab es keinen Grund, noch länger auf dem Flughafen zu warten. Glücklicherweise war noch einer der Autoverleihschalter besetzt. Ich mietete einen Ford Fiesta und machte mich auf den gut sechzig Kilometer langen Weg nach Kirkhaven.
    Ich war müde, und die Strecke erschien mir endlos. Nach Norden über die Forth Road Bridge und dann ostwärts weiter zur Halbinsel East Neuk. Auf ihr liegen eine Anzahl hübscher kleiner Fischerdörfer verstreut, eines davon ist Kirkhaven.
    Als ich dort eintraf, war es fast Mitternacht. Ich fuhr die engen, steilen Gassen hinab. Sie waren wie leergefegt, von einer kleinen Gruppe später Kneipengänger abgesehen, die sich leicht schwankend auf den Heimweg machten. Auf dem Kai angekommen, sah ich am Ende der Hafenmole die gedrungene Silhouette des Leuchtturms vor dem Grau von Himmel und Meer. Deutlich konnte ich Inch Lodge auf der kleinen Felsnase erkennen, die in der Mündung des Inch lag, eines kleinen Flüßchens, das bei Kirkhaven ins Meer fließt. Inch Lodge war ein weißgekalktes Haus am Flußufer mit Blick auf den Hafen und auf die Presbyterianerkirche am anderen Ufer. An einer Seite des Hauses befand sich ein kleiner Bootsschuppen. Richard hatte ihn zu einer Werkstatt umgebaut und verbrachte dort, bastelnd und grübelnd, so manche Nacht.
    Ich parkte das Auto und stieg aus. Die Nachtluft war kühl und salzig und wirkte belebend nach der langen Fahrt. Das Haus war dunkel. Ich klingelte. Nichts rührte sich. Noch ein paarmal drückte ich auf den Klingelknopf, bevor ich die Tür anfaßte. Sie war verschlossen.
    Langsam wurde es kalt. Ich blickte mich um. In den Häusern oben auf dem Hügel brannte noch Licht, aber hier unten am Kai war kein Lebenszeichen zu entdecken. Ein Stück weiter erklang betrunkenes Lachen, das rasch erstarb.
    Ich sah am Haus empor, dessen Mauern im Licht des halben Mondes blaßgelb leuchteten. Nun machte ich mir ernsthafte Sorgen. Es sah ganz danach aus, als hätte er auf dem Weg zum Flughafen einen Unfall gehabt. Allerdings wollte ich ganz sichergehen, daß er nicht zu Hause war. Also ging ich ums Haus zum Bootsschuppen. Merkwürdig, die Tür stand offen, aber es war dunkel.
    Als ich mich dem Eingang näherte, bemerkte ich, daß im Innern ein schwaches, bläuliches Licht flackerte. Offenbar arbeitete er im Dunkeln.
    »Richard?« Keine Antwort. Ich stieß die Tür auf und spähte ins Innere. »Rich …«
    FÜNF
    Er lag auf dem Fußboden des Bootsschuppens, die Schädeldecke zertrümmert.
    Ich weiß nicht mehr, wie lange ich ihn angestarrt habe. Sein Kopf war ein roter und grauer Brei, aus dem die zersplitterten Knochen weiß herausragten. Die untere Hälfte war noch Richards Gesicht, gespenstisch beschienen vom flackernden blaßblauen Licht des Computers. Der Mund stand offen, so daß ich die Vorderzähne sah.
    Mein Magen schickte die Mischung aus Champagner und British-Airways-Abendbrot nach oben, und ich wandte mich rasch zur Tür. Ich erbrach alles auf den Weg

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