Tödliche Beute
sogar noch qualvoller als die Prügel. Dann schwang die Tür auf, und Barker trat ein, umgeben von einem kleinen Kontingent seiner rätselhaften Handlanger. Er hatte die Sonnenbrille abgenommen, und Therri sah zum ersten Mal seine merkwürdig blassen Augen, deren Farbe sie an den Bauch einer Klapperschlange denken ließ. Einige seiner Begleiter trugen lodernde Fackeln, und das flackernde Licht schien Barkers Augen zum Glitzern zu bringen. Sein Gesicht war zu einem satanischen Lächeln verzogen.
»Guten Abend, meine Damen und Herren«, sagte er mit der Herzlichkeit eines Fremdenführers. »Schön, dass Sie kommen konnten. In wenigen Minuten werde ich mich hoch über diesen Ort erheben und den ersten Abschnitt einer Reise in die Zukunft antreten. Ich möchte Ihnen allen dafür danken, dass Sie an diesem Projekt mitgewirkt haben. Und was die Angehörigen der SOS betrifft, so hätte ich Sie hier gern früher begrüßt. Bei der Arbeit im Schweiße Ihres Angesichts wäre Ihnen die Brillanz dieses Plans gewiss klar geworden.«
Ryan war wieder ganz der Alte. »Genug von dem Scheiß. Was haben Sie mit uns vor?«
Barker musterte Ryans blutiges Gesicht, als erblicke er es zum ersten Mal. »Aber Mr. Ryan, Sie sehen ja ganz derangiert aus. Nicht so frisch geföhnt wie sonst.«
»Sie haben meine Frage nicht beantwortet.«
»Ganz im Gegenteil, Sie wissen bereits Bescheid. Ich sagte doch, dass Sie und Ihre Freunde so lange am Leben bleiben würden, wie Sie für mich nützlich sind.« Er lächelte erneut. »Ich habe nun keine Verwendung mehr für Sie. Zu Ihrer Unterhaltung lasse ich den Hangar erleuchten. Er wird sich Ihrem sterbenden Gehirn als letzter Anblick einprägen.«
Therri erschauderte bis ins Mark. »Was ist mit den Kindern?«, fragte sie.
»Was soll schon mit ihnen sein?« Barkers eisiger Blick schweifte über die Gefangenen, als wären sie Vieh auf dem Weg zur Schlachtbank. »Glauben Sie ernsthaft, irgendjemand hier, ob jung oder alt, hätte auch nur die geringste Bedeutung für mich? Sie alle sind vollkommen belanglos. Niemand wird sich an sie erinnern, wenn die Welt erfährt, dass ein unbedeutender Eskimostamm einen bedeutenden Teil der Ozeane kontrolliert. Tut mir Leid, dass ich nicht bleiben kann. Wir haben einen sehr präzisen Zeitplan einzuhalten.«
Er machte kehrt und verschwand in die Nacht. Die Gefangenen wurden nach draußen und weiter in Richtung See gescheucht. Kurz darauf hallten ihre Schritte über den langen hölzernen Pier. Es war dunkel, abgesehen von der Beleuchtung eines Boots, das wie ein Lastkahn aussah, aber über einen Katamaranrumpf verfügte. Als sie näher kamen, sah Therri, dass auf Deckhöhe ein Förderband von einem Behälter am Bug zu einer breiten Rutsche am Heck verlief. Sie vermutete, dass es sich bei diesem seltsamen Gefährt um eine mobile Fütterungsvorrichtung handelte.
Das Futter wurde in den Behälter gefüllt und von dort per Fließband zu der Rutsche transportiert, über die es in die Fischkäfige gelangte. Ihr kam ein schrecklicher Gedanke.
»Die wollen uns ertränken!«, schrie sie.
Auch Marcus und Chuck hatten den Kahn gesehen und versuchten nun, ihren Bewachern zu entrinnen. Ein paar Knüppelhiebe trieben ihnen den Widerstand aus. Grobe Hände packten Therri und stießen sie auf das Boot. Sie stolperte und stürzte aufs Deck. Es gelang ihr, sich im letzten Moment zur Seite zu drehen und nicht auf dem Gesicht zu landen, doch dafür schoss beim Aufprall ein heftiger Schmerz durch ihren rechten Arm. Auch das Knie tat höllisch weh. Ihr blieb keine Zeit, lange darüber nachzudenken, denn jemand verschloss ihr mit Klebeband den Mund, so dass sie nicht einmal schreien konnte. Dann fesselte man ihre Knöchel, band ihr ein schweres Gewicht an die Arme, zerrte sie zum Heck des Kahns und legte sie quer auf das Förderband.
Neben sich spürte sie einen deutlich kleineren Körper.
Sie wandte den Kopf und musste entsetzt feststellen, dass dort Rachael lag, das kleine Mädchen, mit dem sie sich angefreundet hatte. Nach ihr folgten die SOS-Männer und die anderen Gefangenen. Die Vorbereitungen zu diesem Massenmord dauerten an, bis alle Opfer wie Säcke auf dem Band lagen. Dann erwachte der Innenbordmotor des Kahns ratternd zum Leben.
Jemand machte die Leinen los, und das Boot legte ab.
Therri konnte nicht erkennen, wohin die Reise ging, aber es gelang ihr, sich zu dem Kind umzudrehen und trotz aller Angst wenigstens zu versuchen, es mit Blicken zu trösten. In der Ferne sah sie
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