Tödliche Beute
schon seit einer Ewigkeit kennen, und überquerten den Platz in Richtung des Tivoli, jenes berühmten Vergnügungsparks aus dem neunzehnten Jahrhundert. Alles hier war hell erleuchtet, und die Besucherscharen erfreuten sich an Theater-, Tanz-und Musikdarbietungen. Eine Zeit lang schauten Therri und Austin einer Volkstanzgruppe zu, dann schlug sie ihm ein Restaurant mit Terrasse vor. Man führte sie an einen Tisch mit Ausblick auf das Riesenrad.
Austin nahm die Speisekarte. »Da Sie das Restaurant ausgesucht haben, wähle ich das Essen aus, falls es Ihnen recht ist.«
»Aber gern. Ich habe mich bisher ausschließlich von Smörrebröd ernährt.«
Als der Kellner kam, bestellte Austin als Vorspeise winzige Fjord-Shrimps, als Hauptgericht für sich
flaekesteg
, geschmortes Schweinefleisch mit Grieben und Kohl, und für Therri
mørbradbøf
, kleine Schweinefilets in Pilzsoße. Als Getränke orderte er zwei Gläser Carlsberg, nicht etwa Wein.
»Das ging aber flott«, stellte Therri bewundernd fest.
»Ich hab geschummelt. Bei meinem letzten Aufenthalt in Kopenhagen habe ich genau dieses Restaurant schon einmal besucht.«
»Auf Ihr gutes Gedächtnis!«
Sie prosteten einander mit den schäumenden Gläsern zu und tranken von dem kühlen erfrischenden Bier. Die Shrimps wurden serviert. Nach dem ersten Bissen schloss Therri verzückt die Augen. »Das ist
köstlich
.«
»Bei der Zubereitung von Fisch muss man darauf achten, dass die Gewürze nicht den feinen Eigengeschmack überdecken. Hier hat der Koch lediglich etwas Limonensaft und frischen Pfeffer verwendet.«
»Ein weiterer Punkt auf meiner Dankesliste.«
»Ihre gute Laune ist offenbar nicht nur dem Essen zu verdanken. Wie war das Treffen mit Becker?«
»Ihr Freund Mr. Becker hat sich als überaus liebenswürdig erwiesen. Sie genießen bei ihm höchstes Ansehen, und er war von Ihren Fotos der
Sea Sentinel
sehr beeindruckt. Auf meine nachdrückliche Bitte hin haben die Dänen das Schiff selbst überprüft und die sabotierte Steuerung exakt so vorgefunden, wie Sie es beschrieben hatten. Wir haben uns geeinigt. Man war bereit, die Anklage gegen Marcus fallen zu lassen.«
»Ich gratuliere. Ohne Bedingungen?«
»Mitnichten. Marcus sowie alle Angehörigen der SOS, einschließlich meiner Wenigkeit, müssen Dänemark innerhalb der nächsten achtundvierzig Stunden verlassen.
Wir haben für morgen einen Heimflug mit der Concorde gebucht.«
»Mit der
Concorde?
Die SOS sind nicht geizig, wenn es ums Reisen geht, was?«
Sie zuckte die Achseln. »Die millionenschweren Gönner der SOS scheinen sich nicht daran zu stören, solange die Ozeane geschützt werden.«
»Den Satz muss ich mir merken. Mal sehen, was die Erbsenzähler der NUMA dazu sagen, die unser Reisebudget verwalten. Während Sie morgen Mittag bei Kinkaid’s speisen, werde ich noch in elftausend Metern Höhe sitzen und zähes Hühnerfleisch herunterwürgen.
Was für Bedingungen hat Becker sonst noch gestellt?«
»Keine Pressekonferenzen auf dänischem Boden. Es wird kein Versuch unternommen, die
Sea Sentinel
zu bergen. Und falls wir jemals wieder nach Dänemark einreisen wollen, müssen wir uns als illegale Gastarbeiter einschmuggeln. Noch mal – ich kann Ihnen gar nicht genug für Ihre Bemühungen danken.«
»Alles hat seinen Preis. Verraten Sie mir, was Sie über Oceanus wissen.«
»Mit Vergnügen. Wie ich schon beim letzten Mal sagte, ist Oceanus ein multinationaler Handels- und Transportkonzern für Fischprodukte. Ihm gehören überall auf der Welt Fangflotten und Frachter.«
»Das dürfte auf ungefähr ein Dutzend Großfirmen zutreffen.« Austin lächelte. »Warum habe ich nur den Eindruck, dass Sie etwas vor mir verheimlichen?«
Therri wirkte erschrocken. »Ist das denn
so
offenkundig?«
»Nur für jemanden, der an Leute gewohnt ist, die sich mit einem Teil der Wahrheit durchmogeln wollen.«
Sie runzelte die Stirn. »Geschieht mir recht. Es ist eine alte Angewohnheit. Wir Anwälte behalten nach Möglichkeit immer einen Trumpf im Ärmel. Die SOS stehen tief in Ihrer Schuld. Was möchten Sie wissen?«
»Zum Beispiel
wem
diese Firma gehört.«
»Das haben wir uns auch schon gefragt, sind aber nur auf ein Geflecht aus Schattenbetrieben, Tarnfirmen und dubiosen Treuhandgesellschaften gestoßen. Dabei ist immer wieder ein bestimmter Name aufgetaucht: Toonook.«
»Hm. Das erinnert mich an einen alten Dokumentarfilm, den ich als Kind gesehen habe:
Nanuk, der Eskimo.
Ist dieser Kerl ebenfalls ein
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