Tödliche Beute
angenehme Überraschung.«
»Hallo, Marcus. Du erinnerst dich bestimmt noch an Kurt Austin. Er hat bei der Anhörung in Tórshavn ausgesagt.«
»Aber natürlich! Mr. Austin hat sich bei diesem Fiasko als Einziger unvoreingenommen verhalten.«
»Setz dich doch zu uns«, schlug Therri vor. »Sie haben doch nichts dagegen, Kurt, oder?«
Austin hatte sehr wohl etwas dagegen, denn das Zusammentreffen roch nach einer abgekarteten Sache.
Andererseits interessierte ihn der Grund für diese Inszenierung. Also deutete er auf einen freien Stuhl. Ryans Händedruck war überraschend fest.
»Nur eine Minute«, sagte Ryan. »Ich möchte euch nicht beim Abendessen stören, aber es freut mich, dass ich Mr. Austin im Namen der SOS für die Hilfe danken kann.«
»Ihr Dank geht an die falsche Adresse. Ich wollte nicht etwa den SOS helfen, sondern Miss Weld einen persönlichen Gefallen tun. Sie ist diejenige, die mich überzeugt hat, einen genaueren Blick auf Ihr Schiff zu werfen.«
»Ich kenne kaum jemanden, der Therris überzeugender Art widerstehen könnte, und ich rechne es ihr hoch an.
Dennoch haben Sie den Geschöpfen des Meeres einen großen Dienst erwiesen.«
»Sparen Sie sich die Blumen, Mr. Ryan. Ich habe Therri das Beweismaterial für die Sabotage übergeben, weil es der Wahrheitsfindung diente, nicht weil ich an Ihre Sache glaube.«
»Dann wissen Sie, dass ich für diese Kollision nicht verantwortlich gewesen bin.«
»Ich weiß, dass Sie absichtlich eine riskante Situation heraufbeschworen haben, um den Fernsehkameras möglichst spektakuläre Bilder zu liefern.«
»Mitunter heiligt der Zweck eben die Mittel. Nach allem, was ich über die NUMA weiß, schreckt auch Ihre Organisation bei Bedarf nicht vor unkonventionellen Methoden zurück.«
»Aber es gibt einen großen Unterschied. Jeder Einzelne von uns, bis hinauf zu Admiral Sandecker, ist bereit, die Verantwortung für sein Tun zu übernehmen. Wir verstecken uns nicht hinter Plakaten mit niedlichen kleinen Robbenbabys.«
Ryans Gesicht lief dunkelrot an. »Ich habe noch nie versucht, mich vor den Konsequenzen meiner Aktionen zu drücken.«
»Mag sein, aber Sie haben sich immer ein Hintertürchen offen gehalten.«
Ryan bemühte sich, seinen Ärger durch ein Lächeln zu überspielen. »Sie sind ein schwieriger Mann, Mr. Austin.«
»Ich bemühe mich, einer zu sein.«
Der Kellner brachte die Hauptgerichte.
»Tja, ich möchte Ihnen nicht den Abend verderben«, sagte Ryan. »Es hat mich gefreut, Sie kennen zu lernen, Mr. Austin. Ich rufe dich nachher noch an, Therri.«
Er winkte ihnen zum Abschied zu, verließ das Restaurant und verschwand in der Menschenmenge.
Austin schaute ihm hinterher. »Ihr Freund ist sehr von sich überzeugt. Ich dachte, es gäbe bereits einen Meeresgott. Neptun oder Poseidon, je nach Kulturkreis.«
Er rechnete damit, dass Therri den Mann verteidigen würde, aber sie lachte nur. »Herzlichen Glückwunsch, Kurt. Wie schön, dass nicht nur Marcus das Talent hat, andere Leute zu verärgern.«
»Das liegt in meiner Natur. Sie sollten ihn lieber vorwarnen, wenn Sie das nächste Mal ein zufälliges Zusammentreffen arrangieren.«
Therri wich seinem Blick aus, musterte das Riesenrad und spielte verlegen mit ihrer Gabel herum. »War das so offensichtlich?«
»Es hat bloß noch die schriftliche Ankündigung gefehlt.«
Sie seufzte vernehmlich. »Dieser unbeholfene Täuschungsversuch tut mir Leid. Sie haben so etwas nicht verdient. Marcus wollte Sie kennen lernen, um sich bei Ihnen zu bedanken. Das hat er wirklich so gemeint. Ich hätte nicht gedacht, dass Sie beide sich streiten würden.
Bitte verzeihen Sie.«
»Nur wenn Sie mir in der Bar des Palace bei einem Schlummertrunk Gesellschaft leisten, nachdem wir zuvor einen langen Spaziergang unternommen haben.«
»Sie sind ein zäher Verhandlungspartner.«
Austin lächelte diabolisch. »Wie Ihr Freund Mr. Ryan ganz richtig feststellte, ich bin ein schwieriger Mann.«
18
Es schien fast so, als würde in Kopenhagen derzeit ein großes Fest stattfinden, doch es handelte sich um einen ganz normalen Abend in einer der lebhaftesten Städte Europas. Aus Dutzenden von Cafes erklang Musik. In den Parks und auf den Plätzen entlang einer breiten Fußgängerzone drängten sich Bummler und Straßenkünstler. Die Stimmung war fröhlich, aber man konnte kaum ein Wort wechseln. Austin schlug vor, in eine ruhige Seitenstraße voller geschlossener Boutiquen abzubiegen und zum Hotel zurückzukehren.
Die
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